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2441 - Die letzten vierzig

Titel: 2441 - Die letzten vierzig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Körpersprache brachte zum Ausdruck, dass er auf der Forderung beharren würde.
    Weil er musste. Weil er sich sonst selbst Schwierigkeiten einheimste, und das nicht zu knapp.
    „Schon gut", sagte Davam-Düür. „Wie tief, befindet der Erhabene momentan, steht mein Mond in Relation zu seiner Sonne?"
    Sie merkte, dass sie den armen Kerl, der die Rangabzeichen eines einfachen Daerba trug, mit ihrem Sarkasmus überforderte. „Anders ausgedrückt, wie weit soll ich mich hinunterbeugen?"
    „Äh ..." Der Mor’Daer klopfte sich ans einzige Knie seines rechten Beins. „Etwa auf diese Höhe."
    Sie gab einen Laut von sich, der sowohl erleichtert als auch belustigt klang. „Scheint heute guter Dinge zu sein, unser aller Herr und Meister, hm?"
    Abermals enthielt der Wächter sich einer Entgegnung. Er fuhr nur verlegen die dreigespaltene Zunge aus und wieder ein. Die Schuppen seiner Oberschnauze verfärbten sich weißlich.
    Davam-Düür befand, dass sie ihn genug getriezt hatte. Sie faltete die Sehschwingen züchtig zusammen und krümmte ihren Rücken, bis sich der höchste Punkt einen Fingerbreit unter der avisierten Markierung befand. „So genehm?"
    Der Schlangenköpfige vollführte eifrig eine Geste der Bejahung, die er mit einer etwas zu schwungvoll einladenden Armbewegung noch unterstrich. „Tritt näher, Bürgermeisterin!"
    Sie erklomm in weiterhin devoter, durchaus unbequemer Haltung die Stufen, die selbst bei aufrechtem Gang für ihre Proportionen zu hoch gewesen wären. Auf der Plattform vor dem Eingangstor angelangt, konnte sie es sich nicht verkneifen, innezuhalten, sich umzudrehen und die Stadt zu betrachten.
    Ihre Stadt: Tablo Guz, die Insel der Seligen.
     
    *
     
    Der Stadtkern lag auf einer Halbinsel.
    Streng genommen wurde er sogar zu sechs Siebenteln seines Umfangs von Wasser begrenzt.
    Ogitz, der breite, träge Hauptstrom des Kontinents, bildete an dieser Stelle eine weit ausladende, sich jedoch an der engsten Stelle beinahe selbst berührende Schleife. Sie umfloss sieben fruchtbare Schwemmkegel, auf denen sich schon in grauer Vorzeit Davam-Düürs Ahnen angesiedelt hatten.
    Damals hatten Äcker und Weiden die Landschaft geprägt. Heute stapelten sich die Häuser übereinander. Im Lauf der Jahrtausende waren immer wieder Gebäude auf den Fundamenten, Ruinen oder Basisgeschossen früherer Generationen errichtet worden.
    Wegen der beschränkten Grundfläche musste zwangsläufig mehr und mehr in die Höhe gebaut werden. Jede neue Technologie stachelte die Architekten zu noch gewagteren vertikalen Konstruktionen an, brachte die Stadt auf der Flussinsel dem Himmel noch ein paar Stockwerke näher.
    Da allerdings die Zuwanderung ungebrochen anhielt, sah man sich schließlich gezwungen, über die von einem Urgesteinskamm gebildete Landbrücke ins Hinterland zu expandieren. Das war lange vor Davams Geburt gewesen. Die Gründung dieser „Neustadt" lag inzwischen fast fünf Jahrhunderte zurück.
    Die modernen Bauwerke übertrafen jene der „klassischen" Periode an Kühnheit und Formenreichtum. Aber von ihnen sah Davam-Düür momentan nichts.
    Sie blickte auf die Altstadt hinab, die sich unter der stählernen, eklig überdimensionierten Treppe ausbreitete.
    Es war Abend, die Sonne bereits unter-, erst einer der drei Monde aufgegangen, der kleinste, am weitesten entfernte.
    Früher hatte man diese dunkelste Stunde der Nacht genutzt, um Feuerwerke abzubrennen. Zusätzlich hatte jedes Viertel, jeder Block, jedes einzelne Haus die anderen mit kunstvollen Lichtinstallationen zu überflügeln versucht, von einfachen Lampen-Arrangements über Holografien bis zu formenergetischen Materie-Projektionen.
    Selbst der Hyperimpedanz-Schock hatte diese Tradition nicht gebrochen, auch wenn die Mittel einfacher geworden waren, deren man sich bedienen konnte. Egal: Die Bewohner der Metropole galten nicht umsonst als unerschütterlich und erfinderisch.
    Tablo Guz, die Selige, Elysische, Erleuchtete, hatte ihrem Namen trotzdem alle Ehre gemacht.
    Bis vor knapp einem Jahr ...
    Seither bedeckte trübe Dämmernis die Türme, deren schemenhafte Silhouetten sich wie braune, verdorrte Lanzettgras-Blätter dem Firmament entgegenreckten. Nur bestürzend wenige spärlich erhellte Fenster zeugten von Leben, wo ehedem überschäumende Vitalität die Nacht zum wahren Tag gemacht hatte.
    Die Straßenschluchten, vormals reich illuminiert und durchpulst von unbekümmerter Daseinsfreude, lagen verwaist in tiefschwarzen Schatten. Tristesse herrschte

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