2445 - Geschöpf des Chaos
findest du nicht auch? Wir stehen im Krieg, die Zeit drängt."
„Sprich", zischelte der Dual. „Was bietest du mir an, Rhodan?"
Tatsächlich hatte Perry Rhodan bereits sehr viel gegeben – aus purer Dummheit, schierer Vertrauensseligkeit oder kalter Berechnung: Ekatus Atimoss war gejagt worden, weil er Genaueres über das INTAZO und die Flotte der Ordnung in Erfahrung bringen konnte und dieses Wissen an die Terminale Kolonne weitergeben wollte. Seit seiner Gefangennahme war dieses Wissen exponentiell gestiegen, denn die Humanoiden um Rhodan gaben sich keine Mühe, ihre Pläne und Aktionen vor ihm zu verbergen. Er war in seiner Kabine weder eingeschlossen noch sonst wie isoliert – selbst der aktuelle Nachrichten- und Kommunikationsfluss drang ungefiltert zu ihm vor. Der Start der Flotte und alles, was damit zusammenhing, wurden mit normalem Bord-Holostream zu ihm übertragen, als wäre er ein gewöhnliches Besatzungsmitglied des Schiffs.
Ekatus Atimoss neigte dazu, in alldem Absicht zu sehen, die spezifische Strategie des Perry Rhodan.
„Du hast unsere Einladung, an Bord der JULES VERNE zu kommen, angenommen, Ekatus Atimoss", sagte der Ordnungsdiener. „Dieser Schritt war ganz sicher nicht leicht für dich, aber er muss nicht der letzte gewesen sein. Ich biete dir an, als vollwertiger Verbündeter an Bord zu weilen, falls du dies wünschst."
Ekatus gurgelte, und Atimoss schnappte hörbar nach Luft. So weit war der Mensch bereit zu gehen? Sie sollten Verbündete sein? Wollten sie ihm sagen, dass sie ihm verziehen?
„Kann es sein, dass ich aus deinen Worten so etwas wie eine unglaubliche Arroganz heraushöre, Rhodan?", fragte Atimoss gereizt. „Die Arroganz des Siegers?"
Sie blickten einander an, drei Sekunden lang, fünf.
„Der Sieger des Kampfes um Tare-Scharm steht längst nicht fest", antwortete der Terraner dann. „Vielleicht muss es keiner von uns werden. Vielleicht können wir gemeinsam daran arbeiten, dass es keinen Sieger und Besiegten mehr geben wird. Keine Opfer mehr, Ekatus Atimoss."
„Du bist ein Fantast!", zischte der Ekatus-Kopf. „Ein naiver Träumer!"
Rhodan nickte. „Wer keine Träume mehr hat, lebt nicht mehr, mein Freund."
Freund? Das übertraf sogar den Verbündeten!
Der Dual lachte rau. „Deine Worte werden immer absurder! Wir – und Freunde?"
„Wäre es denn so eine schlimme Vorstellung, Ekatus Atimoss?"
Das Doppelwesen schwieg. Für einen Moment wusste es nicht, was es zu denken hatte.
Dann fragte ausgerechnet Ekatus: „Sprichst du für die Expeditionsleitung, Rhodan – oder nur für dich?"
„Beides", antwortete der Ordnungsdiener. „Du und ich, wir haben uns beide nichts geschenkt. Dass wir uns nun hier gegenübersitzen, ist vielleicht der größte Sieg. Ich möchte dich verstehen, und vielleicht, eines Tages ..."
„Freunde sein?", fragte der Ekatus-Kopf.
Atimoss sah ihn vor sich, als sie noch nicht aneinandergeflickt worden waren.
Eine zum Chaos übergelaufene Kreatur der Ordnung, in seinen Augen hässlich und fremd.
Und Rhodan wollte ihn verstehen?
„Ich spreche von Vertrauen, Ekatus Atimoss", sagte Rhodan. „Wir bekämpfen keineswegs das Chaos an sich, wir kämpfen für unsere Existenz, die durch TRAITOR ausgelöscht zu werden droht.
Die Krallen des Laboraten machen aus euch willenlose Sklaven, aber wir schätzen den freien Willen höher als jedes abstrakte Prinzip von Ordnung oder Chaos.
Als Lebewesen gehören wir beidem an und haben das Recht, uns zu entscheiden, wann und wie wir es wollen. Genau wie du."
Genau wie ich!
Die Worte hämmerten in Ekatus’ und Atimoss’ Kopf. In diesem Augenblick begriff er, dass Rhodan verstand. Nicht alles und keineswegs jedes Detail, aber er verstand das Dilemma des Duals.
Der Humanoide sprach weiter, als bemerke er den Aufruhr nicht, den er im Offizier TRAITORS ausgelöst hatte: „Wenn du dich dafür entscheidest, sei bei uns willkommen und frei wie jeder andere an Bord. Niemand wird dich an der Bildung von Parapolarisatoren hindern, solange diese keine Gefahr für die Besatzung des Schiffs darstellen, und du besitzt unbeschränkten Zugang zu deinem Trageroboter, der sich in einem Hangar dieses Raumschiffs befindet."
Ekatus Atimoss versuchte, innerlich ruhig zu werden. Wie schaffte es dieser Warmblüter nur, dieses ganz besondere Gefühl zu wecken, diese schwere, bittersüße Sehnsucht nach Frieden und Ende, nach Ruhe und Verströmen in den ewigen Gezeiten des Chaos ...
„Warum, Rhodan?", fragte er
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