2459 - Komplex Astrovent
und verkündete dem Oahm’Cara: „Hiermit ernenne ich dich zum Mitarbeiter der Dekade!"
Dann wandte er sich zum Gehen.
„Wohin wünschst du nun zu gehen, Kapitän Dantyren?", fragte Kalbaron Ecktim.
Zurück, wollte Danton sagen. Aber nur ein unartikulierter Laut kam über seine Lippen. Er räusperte sich. „Zurück."
„Du willst seine Ankunft nicht mehr hier erwarten", stellte der Kalbaron fest.
„Sondern von deinem Schiff aus."
Der Kalbaron fügte noch irgendetwas an, irgendeine Bemerkung, Danton verstand sie nicht mehr.
Mein Schiff, dachte er. Das klang wie Mein Paradies. Meine Erlösung. Ja, ich will auf mein Schiff. Nichts anderes will ich mehr.
Nur irgendwo in einem letzten lichten Winkel, der noch nicht von den Schmerzen verhangen war, überlegte er fieberhaft: Seine Ankunft? Wessen Ankunft?
Wovon redet Ecktim eigentlich?
12.
Gespenst über der Hundertsonnenwelt
Ein Tyereel trat aus den Weichschatten des Waldes. Es bohrte sein Podestbein in den Boden, hob die vier Laufglieder und rieb sie aneinander. Eine lang gezogene, sonderbar klagende Melodie erklang. Das Tyereel begann zu singen.
Einige Posbis standen in der Nähe und beobachteten das Tyereel. Gessounin las ihre Individualsignaturen, die sie rhythmisch ausstrahlten und die dabei Mitteilung machten über den Zweck ihres Tuns.
Drei von ihnen betrachteten das Tier aus der Perspektive von Forschern, zwei unter ästhetischen Gesichtspunkten.
Gessounin hatte für biologische Schönheit wenig übrig. Verglichen mit den Posbi-Konstruktionen wirkten Organismen schief und krumm. Selbst bilaterale Wesen wie die Terraner waren unvollkommen: Mal war das linke Bein kürzer als das rechte, mal das rechte dicker als das linke; selbst die beiden einzigen Augen der Lemuroiden waren verschieden justiert. Das linke Auge nahm die Farben anders wahr als das rechte, und gemeinsam einigten sie sich auf eine dritte Wahrnehmung. Wie die Farben wirklich waren, würde ihnen auf ewig verschlossen bleiben.
Im Grunde, dachte Gessounin, sind sie blind.
Diese Erkenntnis löste keinen Impuls von Überlegenheitsgefühl aus, sondern von Sorge. Gessounin registrierte es überrascht. Die Erkenntnis ihrer Schwäche bewirkte, dass er sich ihnen nahe fühlte.
Warum?
Das Tyereel sang lauter und baute sein Leuchtsegel auf. Kurz darauf flimmerten biolumineszente Signalfolgen über das Segel. Gessounin bemerkte, dass die beiden Ästheten auch dieses Geflacker schön fanden. Was sollte daran schön sein verglichen mit der mathematischen Pracht und fraktalen Romantik eines Posbiraumers?
Gessounin spürte, wie die drei Forscher die Signalfolgen dechiffrierten. Das Tyereel war ein Männchen und rief mit seinem Gesang nach einem Weibchen; die Lichtfolgen intensivierten die Dringlichkeit der Botschaft.
Wie schwierig den Biologischen die Arterhaltung fällt, dachte Gessounin. Besonders, wenn sie sich geschlechtlich vermehren. Wie viel Zufall dabei im Spiel ist.
Vielleicht ist die ganze biologische Evolution ja nichts als ein großes Spiel. Gut, dem entronnen zu sein.
Gessounin fand seine Schlussfolgerung geradezu kristallin in ihrer Klarheit, aber sein bionischer Teil mischte einen Hauch von Bedauern ein.
„Ich habe kürzlich einen sehr amüsanten trigonometrischen Witz gehört", sagte Zaubilski akustisch und schlug Gessounin auf den Rücken. Er dröhnte wie eine Glocke.
Das Tyereel richtete sich hoch auf und verstummte, sein Lichtsegel erlosch schlagartig. Es witterte.
„Mit der Trigonometrie macht man keine Witze", tadelte Gessounin. „Sie ist heilig."
„Gewiss, gewiss", sagte Zaubilski und schlug noch einmal zu, dass es gongte.
Das Tyereel zog sein Podestbein ein und setzte sich mit den Laufgliedern in Bewegung. Mit wiegenden Schritten verschwand es im Weichschatten der Wälder.
Gessounin empfing einige empörte Signale der Posbi-Forschergruppe. Er spürte dem kleinen emotionalen Wirbel nach, den Zaubilskis Aktionen in ihm auslösten. Es war ein ganz besonderer Kitzel.
Die Posbi-Gruppe bildete ein kollektives Schwebepolster und zischte ab in Richtung des Waldes.
Plötzlich war da etwas. Eine unendlich leise Ankündigung, das Vorbeben einer Erschütterung.
Gessounin ließ sein Lauschbewusstsein über die Gruppe hinweg in den Wald hineingleiten. Er spürte nichts als das unaufhörliche leise Zittern alles Lebendigen.
Also schickte er sein Bewusstsein hinauf.
Es touchierte einen hoch in der Atmosphäre hängenden Fragmentraumer. Der Plasmakommandant
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