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247 - Der Kerker der Pandora

247 - Der Kerker der Pandora

Titel: 247 - Der Kerker der Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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bevorstehenden Hochzeit mit Königin Elloa machen. Seit dem frühen Morgen schon hält er sich im Frauenpalast auf.« Mehr brauchte er dem Kommandanten nicht zu erklären. Der bullige Mann nickte verständnisvoll. Jeder wusste: Im Palais la femme herrschte Krieg. Und keiner wollte im Augenblick in Pilatre de Roziers Haut stecken.
    ***
    Im Kerker / Nyaroby
    Daa’tan war einmal mehr beeindruckt von dem gigantischen Lebewesen, auf das er bereits vor seinem ersten Angriff auf die Wolkenstadt gestoßen war und das er wieder zu finden gehofft hatte.
    Natürlich war der Pilz noch da; er durchwucherte das Erdreich dieses Kontinents bis zur Wüstenbarriere im Norden, die Afra in zwei Teile trennte. Und Daa’tan vermochte Kontakt zu ihm aufzunehmen – obwohl es sich, wie Grao damals bereits bemerkt hatte, nicht um eine gewöhnliche Pflanze handelte.
    Inzwischen wusste Daa’tan, dass es sich sogar um gar keine Pflanze handelte.
    (Pilze sind eukaryotische Lebewesen und bilden neben Tieren und Pflanzen eine eigene biologische Kategorie.)
    Warum also konnte er trotzdem mit dem, Pilz in Verbindung treten? Er vermutete, dass ihn der Kontakt zu einem »Artgenossen« sensibilisiert hatte: Im australischen Outback war er beinahe Opfer eines Pilzes geworden, der seit Jahrhunderten Menschen in sich aufsog und deren Wissen speicherte. Ein Wissen, das auf Daa’tan übergegangen war, als er seinem Angriff trotzte und entkam.
    Vermutlich spürte der hiesige Pilz diese Gemeinsamkeit und ließ es zu, dass Daa’tan mit seinen Pflanzenkräften nach ihm tastete. Es war… anders. Nicht wie bei Gewächsen, denen er beliebig befehlen konnte, ihre Energien zu bündeln, zu potenzieren und nach seinem Willen zu gestalten. Der erste Kontakt vor einem Jahr hatte nicht lange genug angedauert, um es zu bemerken: Der Pilz war ein Symbiont. So wie jener, dem Daa’tan in der australischen Geisterstadt begegnet war, sog auch dieser Pilz Wissen und Lebensenergie aus ihm heraus.
    Daa’tan hatte es festgestellt, als er sich erneut der Eigenschaft des gigantischen Pilzgeflechts bediente, aus Fasern und Fäden Menschen- und Tiergestalten auszubilden. Nachdem er mit dem Pilz in Symbiose getreten war, regte er ihn dazu an, unzählige Daa’tan-Kopien zu erschaffen. Dabei hatte er sich übernommen: Eine plötzliche Schwäche ließ ihn kurzzeitig das Bewusstsein verlieren. Danach ging Daa’tan behutsamer zu Werke.
    Eine Gefahr? Sicher. Aber keine, die sich der Junge nicht zu kontrollieren zutraute. Wenn es wieder über seine Kräfte ging, würde er den Kontakt einfach abbrechen. Der Nutzen, den ihm die Verbindung einbrachte, war um so viel größer als das Risiko!
    Noch offenbarte er seinem Ziehvater nichts von seinem neuen alten Verbündeten. Grao war dem Pilz schon damals mit Misstrauen begegnet. Daa’tan würde ihn erst einweihen, wenn er erste Erfolge erzielt und den Todesrochen mit Hilfe des Geflechts gefunden hatte.
    Und nicht nur das! Inzwischen hatte Daa’tan den Kerkerboden von unten her von hauchdünnen Pilzfäden perforieren lassen, über die er seine Macht außerhalb des Gefängnisses unbemerkt immer weiter ausdehnte. Jeden Morgen wartete er schon ungeduldig auf die Nachmittagsstunden und die anbrechende Nacht, in denen er, unbemerkt von den Wachen, seinem Werk nachgehen konnte.
    Auch jetzt lag er ausgestreckt auf dem Boden und spürte, wie die Fäden in seinen Körper drangen. Die Begeisterung über die fremdartige Macht, die ihm zuteil wurde, verdrängte die Furcht vor den eventuellen körperlichen und geistigen Folgen. Er nahm Kontakt mit den Daa’tan-Doppelgängern auf, die er erschaffen hatte. Über die Ufer des Sees bis über die Grenzen im Osten suchten die Kreaturen aus Pilzfäden nach Thgáan. Einer von ihnen hatte inzwischen die Pilzfelder beim Athi erreicht. Hier irgendwo sollte sich der Lesh’iye aufhalten.
    Daa’tan öffnete Aura und Sinne, bis er eins war mit der Pilzgestalt. Er hastete mit ihr durch finstere Stollen. Kroch über schlammigen Grund. Schlang sich an den felsigen Wänden der klaffenden Erdbrüche entlang. Weder die Dunkelheit, noch die unzähligen grauen Wesen, die ihm immer wieder begegneten, hielten ihn auf. Der faserige Körper war für ihn nicht spürbar. Dennoch war es, als ob Daa’tans Geist sich mit ihm streckte und ausdehnte. Sich zusammenzog und wieder entrollte, wie Efeuranken. In einer unglaublichen Geschwindigkeit. Ein wildes Spiel. Ein berauschendes Gefühl, in dem er zeitweise vergaß, welchen Zweck

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