2478 - LICHT VON AHN
Betrieb zu nehmen. Was hätte sie auch tun sollen?
Sie konnte nicht einmal Deprot wieder zum Leben erwecken, weil sein syntronisches Gehirn unwiderruflich funktionslos bleiben würde.
Nach dem Tod ihres einzigen Freundes hatte sie lange neben ihm gelegen und darauf gewartet, dass sich die Hyperraumverankerung der Werft löste. Sie hätte wohl gar nicht bemerkt, wie sie in der Sonne Rosella Rosado verglühte, so schnell wäre es gegangen. Aber es war nie dazu gekommen.
Irgendwann war sie aufgestanden ...
Leben. Ich muss leben, ich darf nicht sterben. – Wer wünscht sich das? Ich selbst? Warum sollte ich nicht endlich Erlösung suchen? – Es ist die Rüstung, nur die Rüstung will nicht sterben!
... und hatte die Station verlassen, um sich in Sicherheit zu bringen.
Jahrelang war sie nicht in die Hyperblase zurückgekehrt, sondern hatte ihr Dasein in den Wohnhöhlen auf Ospera gefristet, hatte geschlafen, gegessen, hin und wieder das Geschehen in der Glasbasilika beobachtet ... bis sie gejagt worden war!
Die Feinde hatten sie verfolgt, bis sie aus schierer Verzweiflung in den Transmitter getreten war, ohne zu wissen, ob die Servicewerft überhaupt noch existierte. Kamuko hatte nicht gewusst, ob es eine Empfangsstation gab, die sie aufnehmen und wieder verstofflichen würde.
Sie war dann selbst überrascht gewesen, als ...
Ein Gefühl, ein echtes Gefühl, wie ich es seit so langer Zeit nicht mehr empfunden habe.
... sie materialisierte. Danach war sie durch die toten Hallen gewandert, bis in die alte Zentrale, wo Deprot noch immer an demselben Fleck stand, an dem sie ihn damals hatte zurücklassen müssen.
„Du hast sechzehn Jahre lang auf mich gewartet, mein guter Deprot", sagte sie.
Deprot, guter Deprot, wärst du nur bei mir, dann könnte alles so sein wie immer, und du könntest mir raten, ich bin einsam ohne dich.
Allein der Anblick ihres treuen Gefährten weckte das unstillbare Verlangen, mehr zu erfahren. Zum ersten Mal seit Langem prüfte sie, welche Systeme der Werft noch funktionstüchtig waren.
Der projizierbare Hyperkorridor war ausgefallen und konnte nicht reaktiviert werden, was nichts anderes hieß, als dass keine Raumschiffe mehr in die Station einfliegen konnten. Da es ohnehin keine Schlachtschiffe des LICHTS mehr gab, spielte es sowieso keine Rolle.
Ein Schauer lief durch Kamukos gesamten Leib. Ein Hauch jener alten Faszination kehrte in ihr Leben zurück, eine Erinnerung daran, wie es gewesen war, eine echte Aufgabe zu erfüllen und wichtig zu sein.
Erinnerung ... Kamuko, erinnere dich: Du kennst die beiden Eindringlinge. Sie haben dich schon einmal gejagt. Im Gebirge von Ospera, vor fast zwei Jahren.
Sie sind Friedensfahrer und nicht deine Feinde. Sie suchen nach dir, weil sie ihre Wurzeln finden wollen.
„Deprot?", fragte sie in die Stille des Kontrollraumes. „Deprot, bist du das?"
Mit einer solch vernünftigen Stimme redete nur er. Weder sie selbst noch die Nachtlicht-Rüstung waren dazu in der Lage. Die Rüstung brannte auf ihrem Leib, wahrscheinlich, weil sie die Chance auf Veränderung witterte.
Doch das würde Kamuko nicht zulassen! Sollten es doch Friedensfahrer sein, die sie verfolgten! Welchen Unterschied machte das schon? Der Geheimbund war pervertiert. Diese Narren hatten den Kampf gegen eine Negasphäre aufgenommen, ausgerechnet gegen eine ...
ARCHETIM ist tot und das LICHT VON AHN ebenfalls, und ich habe sie beide getötet!
... Negasphäre.
Sie glaubte, angesichts dieser Perversion müsse ihr Herz stehen bleiben, müsse ihr Gehirn verglühen und sich ihr gesamter Leib in Asche verwandeln.
Wenn es doch nur so wäre. Wenn sie doch endlich sterben würde. Es wäre ein Sieg ...
Sieg über die Nachtlicht-Rüstung, denn als Tote werde ich dem Drang niemals nachgeben können.
... weil sie ihren Schwur gehalten hatte. Nie wieder Krieg. Nie wieder Versagen. Nie wieder würden Tausende und Abertausende wegen ihrer Unzulänglichkeit sterben, und nie wieder würde eine Superintelligenz wegen ihr verlöschen.
„Sie sind nicht deine Feinde."
Sie hörte diese Worte und starrte Deprot an. „Wie kannst du sprechen, mein lieber Deprot?"
Der tote Kegel-Leib regte sich nicht.
Die Dioden blieben dunkel.
Kamuko tippte einige Befehle in den Rechner und ließ sich die automatische Aufzeichnung der letzten Sekunden vorspielen. Sie sah sich selbst, wie sie die Hände auf das Etui des Vektor-Helms legte und den Mund öffnete.
„Sie sind nicht deine Feinde", sagte sie selbst
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