2478 - LICHT VON AHN
der Steinwüste unauffindbar. (...) Tag 41.003: Lange hat Cairol beobachtet. Es stand die ganze Zeit über nicht fest, ob er die Friedensfahrer als unabhängigen Geheimbund dulden oder sie zwingen würde, in den Dienst der Kosmokraten zu treten. Er hat auch die geheime Werft aufgesucht, die vor seinen Möglichkeiten nicht verborgen bleiben konnte. Was er hier getan hat und ob er mit mir geredet hat, daran erinnere ich mich allerdings nicht. Er hat es aus meinen Aufzeichnungsprotokollen gelöscht. (...) Nun hat Cairol seine Entscheidung verkündet. Die Friedensfahrer dürfen weiter bestehen, aber sie müssen einen Tribut zahlen. Jemand aus ihrer Mitte muss in den Dienst der Ordnungsmächte treten.
Tag 41.004: Borgin Sondyselene will sich zur Verfügung stellen, aber Cairol hat seine Wahl längst getroffen: Samburi Yura muss gehen. (...) Sie wird ihre Aufgabe gut erfüllen, daran hege ich keinen Zweifel. Für die Enthonen jedoch kommt diese Entscheidung einem Todesstoß gleich. Dieses Volk ist genau heute gestorben, wenn es auch noch viele Jahre existieren wird. (...) Tag 41.007: Ich habe Kamuko gefunden. Nicht einmal die Nachricht von Samburi Yuras Weggang reißt sie aus der Teilnahmslosigkeit. Ich habe sie in die Werft mitgenommen. Sie ist in einem inneren Kampf gefangen, liegt im Streit mit der Nachtlicht-Rüstung. Kamuko nimmt alles wortlos hin, was ich ihr berichte. Sie verliert immer mehr ihre Moral und Urteilskraft. „Ich werde nicht mehr kämpfen", sagt sie immer wieder.
Ihre Gestalt degeneriert, die Knochen biegen sich, ihre Muskeln büßen jede Kraft ein.
Tag 41.008: „Ich will nicht mehr leben", sagt Kamuko zu mir. „Wozu auch?
Ein Tag ist wie der andere, ob ich existiere oder nicht, macht keinen Unterschied mehr. Und die Rüstung ... die Rüstung ..." Sie spricht den Satz nicht zu Ende.
Schock
„Wie lange?", fragte Kamuko. Sie schaute in den Spiegel. Ihr Gesicht war krank, doch es sah genauso alt aus wie gestern und vor einem Jahr und vor tausend Jahren.
Deprots Dioden blinkten. Früher einmal hatte der Anblick für sie Leben bedeutet, nun nahm sie ihn kaum noch wahr. „Es gibt die Friedensfahrer seit zweieinhalb Jahrtausenden."
Sie schlurfte zu ihrer Liegestatt. „Erinnern sie sich meiner?"
„Es freut mich, dass du dich noch dafür interessierst. Sie halten die Gründermutter in Ehren. Vielleicht solltest du dich wieder einmal bei ihnen ..."
„Deprot?"
Der Roboter schwieg.
„Deprot!"
Keine Antwort.
Kamuko drehte sich um. Der Kegel-Roboter stand starr, neben dem Kommandosessel, von dem aus alle Anlagen der Werft bedient werden konnten. Die Dioden blinkten nicht mehr.
Das Entsetzen durchfuhr alle ihre Glieder.
„Deprot!"
Sie taumelte zu ihrem einzigen Wegbegleiter durch die Jahrtausende, strich sanft über sein Metall, doch er regte sich nicht.
Sie wusste, was das bedeutete. Viele Friedensfahrer hatten im Palais Ellega berichtet, dass eine Katastrophe kosmischen Ausmaßen bevorstand, dass die Kosmokraten die Hyperimpedanz erhöhen würden, um die Ausbreitung des Lebens an sich einzuschränken.
Nun war es tatsächlich geschehen.
Die Ordnungsmächte hatten ihre Drohung wahr gemacht.
Welche Auswirkungen dies für Milliarden Lebewesen hatte, interessierte Kamuko nicht. Sie wusste nur, dass das syntronische Hirn ihres Gesellschafters nicht mehr funktionierte und dass sie nichts tun konnte, um etwas daran zu ändern.
Kamuko brach neben ihrem treuen Begleiter zusammen.
In der Werft fielen Tausende von Geräten aus. Aggregate versagten. Vielleicht würde sich die Hyperraumverankerung lösen oder die Hyperblase vergehen, die die Werft in einem höherdimensionalen Kontinuum hielt. Wenn das geschah, würde die gesamte Station mitten in der Sonne Rosella Rosado materialisieren und sofort verglühen. Dann konnte Kamuko sterben.
Doch es geschah nicht, sosehr sie es sich auch wünschte. Und den Mut, nachzuhelfen, brachte sie nicht auf.
Sie blieb auf dem Boden liegen, dicht bei ihrem einzigen Freund, den die Kosmokraten getötet hatten.
5.
9. September 1347 NGZ: Generalin Kamuko
Irgendwann lösten sich ihre Gedanken aus der Vergangenheit. Waren die Verfolger bereits in die Falle gegangen?
Ihr Blick huschte über die zahllosen Bildschirme der Hauptzentrale.
Die beiden Eindringlinge irrten noch immer durch Werftabschnitte, auf die Kamuko seit dem Hyperimpedanz-Schock keinen Zugriff gewinnen konnte.
Sie hatte nie versucht, die zerstörten Teile der Station wieder in
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