2478 - LICHT VON AHN
JULES VERNE einzuschleusen.
Mehr als acht Stunden!
Wie viele davon hatte sie in Bewusstlosigkeit verbracht? Wie lange hatte sie mit der Jet im Schlepptau an Rhodans Schiff gehangen?
Schon wieder stieg eine Unzahl an neuen Fragen in ihr auf. Sie schob sie gedanklich beiseite und ließ sich die wichtigsten Umgebungsdetails per Ortung anzeigen.
Die Ergebnisse kamen sofort, und sie ließen nur einen Schluss zu: Es bestand keine unmittelbare Gefahr. Dennoch sah die Lage alles andere als rosig aus. Es gab keine wie auch immer gearteten Schiffseinheiten in ihrer Nähe.
Keine Feinde.
Keine Freunde.
Allerdings auch keine Planeten oder Sterne oder sonst irgendetwas.
Sie war im Leerraum zwischen zwei Galaxien gestrandet.
*
„Kein Problem."
Sie konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor mit sich selbst gesprochen zu haben, aber in diesem Moment lag etwas Beruhigendes in diesen Worten, das auf beinahe magische Weise erst dann Realität zu gewinnen schien, als sie es laut aussprach.
„Ich werde hier nicht gestrandet bleiben. Alles kein Problem."
Sie tippte fieberhaft auf diverse Diagnoseschaltungen und erhielt Klarmeldungen. Die JV-1-SJ-10 hatte demnach zwar große Schäden erlitten, doch sie würde in absehbarer Zeit weder Atmosphäre verlieren, noch drohte eine lebenserhaltende Technik auszufallen.
Darüber hinaus saß Kamuko allerdings in einem Wrack, da gab sie sich keinen Illusionen hin. Dass die Passivortung funktionierte, war ein schieres Wunder. Ein Wunder allerdings, das ihr nur einen Nutzen brachte: das Wissen, irgendwo im Nichts zwischen zwei Galaxien zu hängen.
Ob eine davon Tare-Scharm war – es musste so sein, sagte sie sich –, konnte sie allerdings nicht erkennen. Die aktuellen Messergebnisse waren zu ungenau, was sie zunächst verwunderte, ihr jedoch einleuchtete, als sie herausfand, dass auch die Orter nur mit weniger als dreißig Prozent ihrer normalen Effektivität arbeiteten.
Die Prinzipa versuchte, die Leistung zu erhöhen. Das Ergebnis ihrer Bemühungen bestand darin, dass der Bedienbildschirm plötzlich flackerte und erlosch. Ab diesem Moment trotzte er jedem Versuch, ihn wieder zu aktivieren; daran änderten auch Kamukos Flüche nichts.
Sie drosch die Faust gegen die Konsole, lachte unkontrolliert. In diesen bizarren Augenblicken erleichterte es sie, dass niemand sie sehen konnte; je mehr sie lachte, umso gelöster fühlte sie sich.
Irgendwann schnappte sie nach Luft und lehnte sich im Pilotensessel zurück. „Das wird schon", sagte sie. „Das wird schon."
Ohne funktionierenden Bordrechner und Überlicht-Ortung hing sie irgendwo fest. Die Hoffnung, dass jemand sie fand, war verschwindend gering. Zweifellos wussten nicht einmal Rhodan oder sonst irgendjemand in der JULES VERNE, wo genau die Space-Jet von ihrem Mutterschiff weggeschleudert worden war.
Wahrscheinlich hielt jeder sie für tot, für verschollen im Hyperraum.
Eines allerdings konnte ihr niemand nehmen: Sie lebte, und so schnell würde sich daran nichts ändern. Die Konsole war nicht wegen mangelnder Bordenergie ausgefallen; eine einfache Überprüfung ergab, dass noch Energie für Jahrzehnte vorhanden war.
Jahrzehnte, in denen sie weder erfrieren noch verhungern würde, zumindest, wenn es ihr gelang, das interne Bordrecycling wieder in Betrieb zu nehmen.
Das traute sie sich zu; die Technik dieser Space-Jet war verhältnismäßig primitiv.
Sie würde die meisten Reparaturen dank ihrer raumflugtechnischen Bildung vornehmen können und den Rest autodidaktisch erlernen.
Über eine ausreichende Menge an Zeit verfügte sie schließlich. Und je mehr sie sich in die Arbeit stürzte, desto weniger musste sie über die Finale Schlacht nachdenken. Zwar war die Retroversion gelungen, aber sie, Kamuko, hatte ihre Aufgabe nicht erfüllt. Mehr noch: Sie hatte auf ganzer Linie versagt.
„Versagt." Sie schloss die Augen, um ihrem gebeutelten Körper etwas Schlaf zu gönnen. „Die Prinzipa hat versagt.
Wofür war ich da, die oberste Heerführerin, wenn das Heer auch ohne mich erfolgreich sein konnte?"
Gerade als sie einschlief, erinnerte sie sich an das, was sie in jenen entsetzlichen Momenten durch den Vektor-Helm wahrgenommen hatte: einen ndimensionalen Impuls, den sie aber nicht deuten konnte. Doch nun, da Zeit und Muße zur Verfügung standen, vermochte sie ihn sehr wohl zu interpretieren, und sie erinnerte sich an das, was ihr blitzartig durch den Kopf geschossen war.
Die JULES VERNE hatte die Phänomenologie einer
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