2480 - Die Prognostiker
Parapositronik ...
Das ursprüngliche Ziel des Projekts ESCHER war die Vernetzung von menschlichen Gehirnen mit einer Positronik mittels SERTähnlicher Technik gewesen. Auf diese Weise sollte ein paramechanischer Mensch-Maschine-Verbund entstehen, der Rechenleistungen erzielen konnte, die denen einer Syntronik nahekamen oder sie sogar übertrafen. Es war eine der vielen Ideen gewesen, auf einen technologischen Stand wie vor der Erhöhung der Hyperimpedanz zu gelangen.
Er sah es vor sich, das Gittermuster energetischer Knotenpunkte, die ESCHER selbst als Hyperdim-Matrix bezeichnete. In diese Matrix nahm ESCHER die Bewusstseine all seiner Prozessoren auf. Im Moment ihres Todes kam es zu einer kurzen Entmaterialisierung des Körpers, bei der das Bewusstsein vom Körper getrennt wurde. Ein Splitter des Nukleus der Monochrom-Mutanten band dieses Bewusstsein und überführte es in die Hyperdim-Matrix.
Jeder Knotenpunkt der Matrix wurde von einem Bewusstsein besetzt.
Hunderte von Bewusstseinen waren nötig, um alle Knotenpunkte zu belegen. Die Bewusstseine behielten ihre Erinnerungen und konnten sich in Körperprojektionen manifestieren, die ESCHER für sie herstellte.
Kurz gesagt: Unsterblichkeit.
Ein körperloses Dasein in einem Superrechner, herbeigeführt durch eine angehende Superintelligenz. Ein Dasein, das sogar wieder körperlich werden konnte, wenn sich der Bedarf dafür ergab. Das Beste von zwei Welten.
Aber der Nukleus war weit entfernt und das Schicksal ESCHERS besiegelt.
Keine Unsterblichkeit, nur der Tod wartete.
Sollte es der Parapositronik gelingen, GLOIN TRAITOR zu erreichen, würde sie sich opfern, um den Kernwall niederzureißen und den Galaktikern den Einflug in die Kernzone zu ermöglichen, damit sie die Entstehung der Negasphäre verhindern konnten.
Der Weltweise wollte sterben, um den Schritt zu vollziehen, zu einer übergeordneten Entität zu werden, und ESCHER wollte sich opfern, um den Bewohnern der Lokalen Gruppe eine Zukunft zu geben.
Savoire würde keinen Rückzieher machen. Er hatte sich aller Optionen beraubt, als er sich bereit erklärt hatte, die Parapositronik und den Weltweisen zu begleiten.
Er würde mit ihnen sterben, und jeder kleine Erfolg der Mission brachte ihn dem Tod einen Schritt näher.
Er gab den Gedankengang auf, als eine weitere Gestalt vor ihm materialisierte, die an eine irdische Fangschrecke erinnerte. Ein zweieinhalb Meter großer Insektoide mit einem Arm- und zwei Beinpaaren. Die Arme hatten Scheren wie ein Krebs und zusätzlich einige kleine Pseudofingerchen. Das hintere Beinpaar war nach hinten gedreht und riesig; das Geschöpf konnte damit, wenn es sein musste, buchstäblich große Sprünge machen. Es trug eine Robe, die seitlich geschlitzt war, damit das hintere Beinpaar Bewegungsfreiheit hatte.
Isokrain der Kosmitter!
Die letzten Tage hatte er ausschließlich stofflich verbracht und dabei unter anderem eine Inspektion des Versorgertrakts der Weltkugel des Weltweisen verhindert. Nun suchte es die Gesellschaft des einzigen anderen stofflichen Wesens, vermutete Savoire.
„Es geht los!", sagte der Insk-Karew.
„Endlich geht es los!"
„Wie theatralisch", sagte Dr. Savoire mit einem angespannten Lächeln.
3.
Hangay
Savoire hatte nie gewusst, wie quälend bloßes Warten sein konnte. Auch wenn es diesmal keine zwei Tage waren, sondern lediglich zwei Stunden.
Eben besagte zwei Stunden dauerte der Flug in den Kernwall Hangay bereits, und der Erste Kybernetiker richtete sich auf einige weitere Stunden Wartezeit ein.
Zumindest war bislang alles glattgelaufen. Die Holos zeigten, unbeeindruckt von der Nervosität des „Zyklopen", die Schlieren des Hyperraums.
Die undurchdringliche Barriere stellte für die Kolonnen-Fähre kein Hindernis dar.
Als das Holo schließlich ein anderes Bild zeigte, glaubte Savoire im ersten Moment an eine optische Täuschung, an eine Art seltsame Rückkopplung, eine Wiederholung dessen, was er bereits vor Stunden beobachtet hatte. Er sah die dreidimensionale Darstellung einer Sternregion, die sich durch nichts von der zu unterscheiden schien, die sie beim Start verlassen hatten.
Und er spürte unvermittelt eine Last auf seinen Schultern, einen unbekannten Einfluss, der seine Gedanken lähmte, sie ganz zäh fließen ließ, ihm sogar körperliche Schmerzen bereitete.
Was war geschehen? Was war an diesem Ort los? Waren das die Auswirkungen der Entropie, des für Menschenabkömmlinge nicht fassbaren Chaos, das sich
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