2489 - Schach dem Chaos
Bedingungen in dieser lebensunwerten Zone gescheitert und hatten den Tod gefunden.
»Wir mussten damit rechnen«, sagte sie leise und wie zu sich selbst, »wir mussten damit rechnen.«
»Und jetzt?«, schnauzte Rot-Gre-N'at. »Willst du in Selbstmitleid verfallen, dich zusammenringeln und schluchzend die Verluste beklagen? Denk nicht an die Toten, Kommandantin, sondern an die Lebenden! Du trägst weiterhin die Verantwortung für sie!«
»Sag mir nicht, was ich tun oder lassen soll!«, fauchte sie das Faktotum an. »Sorge gefälligst dafür, dass ich präzisere Verlustmeldungen erhalte. Und dann benötige ich einen Situationsbericht über unsere Manövrierfähigkeit.«
»Die Adjustierungsarbeiten sind zu achtundsechzig Prozent abgeschlossen. Zwei Stunden noch, dann haben wir das Maximum dessen erreicht, was unsere Technik zulässt. - Möchtest du denn nicht ein paar Worte zu den Besatzungsmitgliedern sagen? Sie warten darauf. Sie brauchen Trost - und neue Zuversicht.«
»Nein.«
»Aber ... «
»Ich sagte: Nein!« Log-Aer-M'in wandte sich ab und tat so, als kümmerte sie sich nicht mehr um Rot-Gre-N'at.
Selbstmitleid war die schlimmste Untugend, die sie sich in dieser prekären Situation vorstellen konnte. Die verbündeten Hauri würden es ihr als Schwäche auslegen, und außer Betroffenheit würde sie durch eine Ansprache ohnehin nichts bewirken. Nein - die Besatzungsmitglieder sollten ruhig Hass und Frust auf sie fokussieren. Sie galt seit jeher als Feindbild, und sie hatte sich in dieser Rolle zurechtgefunden.
Ruhig und bestimmt sorgte Log-Aer-M'in dafür, dass die Zentralecrew ihre Arbeit so rasch wie möglich erledigte. Jederzeit konnte ein Chaos-Geschwader auftauchen und sich ihnen entgegenstellen. Sie mussten auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.
Es dauerte eineinhalb Stunden, bis letzte Nachzügler eintrudelten, die Adjustierungsarbeiten abgeschlossen waren und der sie umgebende Raum ortungstechnisch einigermaßen erfasst war.
Dann erst zog sich Log-Aer-M'in in ihren Kabinentrakt zurück. Sie verschloss sich jedwedem Informationsfluss, warf sich auf ihre Liegestatt, ringelte sich zusammen und weinte über die Verluste, die sie erlitten hatten.
*
Der Alarm trieb sie zurück in die Zentrale. Mit dem ihr eigenen Verständnis erfasste sie die Situation binnen weniger Augenblicke.
»Drei Chaos-Geschwader!«, ächzte Rot-Gre-N'at. »Sie haben uns eingekesselt, und sie dringen von allen Seiten gegen uns vor.«
Das stimmte nicht ganz; der Grenzbereich des Kernwalls lag in ihrem »Rücken«. Von dort drohte vorerst keine Gefahr.
Noch während Log-Aer-M'in nachdachte, sah sie die ersten Explosionen in den Holos. Die Traitanks verloren keine Zeit; sie schossen aus allen Rohren. Scheinbar unkontrolliert nahmen sie die Randbereiche der in Kugelform angeordneten Ultima-Flotte unter Feuer. Mit schierer Masse wollten die Kampfeinheiten TRAITORS sie vernichten.
»Zurückweichen!«, ordnete Log-Aer-M'in an. »Hin zum Kernwall. Denkt an die Pulktaktik. Lasst nur ja keine Panik aufkommen; unsere Chancen stehen gut ... «
Sie log, und jedermann wusste, dass sie es tat. Dennoch tat es den Kommandanten der mehr als 14.400 verbliebenen Schiffseinheiten gut, Worte der Hoffnung übermittelt zu bekommen.
Log-Aer-M'in blendete das virtuelle Zählwerk aus, auf dem in atemberaubender Rasanz die Anfangsverluste der Ultima-Flotte dargestellt wurden. Sie konzentrierte sich auf eine andere Anzeige, die zäh und langsam ihre Abschüsse auflistete.
Die NKH-Kanonen taten ihr Werk. Die unter Pulktaktik ausgegebenen Befehle waren im Prinzip auf wenige Worte zu reduzieren: Wenn sechs bis sieben Schiffseinheiten der Ultima-Flotte gegen einen Traitank antraten und ihr Punktfeuer ausreichend koordinierten, hatten sie die Chance auf einen Abschuss. Dann versagten selbst die Fraktalen Aufriss-Glocken und der Ricodin-Verbundstoff, die in ihrer Kombination die TRAITOR-Einheiten bislang als unangreifbar hatten erscheinen lassen.
Erst vor wenigen Tagen hatte es außerhalb des Kernwalls eine erste Auseinandersetzung eines Flottenteils mit Schiffen der Terminalen Kolonne gegeben. Die dabei gesammelten Erfahrungswerte hatten die relative Stärke der NKH-Geschütze verdeutlicht.
Zwei Abschüsse. Dann fünf. Schließlich dreizehn.
Ihre eigenen Verluste verlangsamten sich geringfügig, blieben jedoch deutlich höher als jene des Chaos-Geschwaders. Die Traitank-Schiffe würden sich rasch an ihre Taktik anpassen, und dann ...
»Die
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