2489 - Schach dem Chaos
Rechnung geht nicht auf«, meinte Rot-Gre-N'at. »Selbst wenn wir es schaffen, die drei Flottenverbände zu vernichten, werden von uns nicht mehr genügend Einheiten übrig bleiben, um auch nur irgendeine Aufgabe zu erfüllen.«
Er hatte recht. Es war an der Zeit, die Reißleine zu ziehen. Nun musste sie ihr taktisches Geschick unter Beweis stellen. Improvisieren. Gegen den Wind kreuzen. Unerwartetes geschehen lassen. Nur ja nicht der Logik gehorchen und dennoch die übergeordneten Mechanismen der Schlacht im Auge behalten ...
Die Ersten Offiziere der UMAKO wollten etwas sagen. Log-Aer-M'in verbot ihnen das Wort.
Die beiden Frauen, zäh und mit dem notwendigen Geschick ausgestattet, um ihr irgendwann einmal das Wasser reichen zu können, sollten sich zurücklehnen und lernen. Sie trug die Verantwortung für diese Schlacht, und sie wollte die Last nicht auf mehrere Schultern verteilen.
Log-Aer-M'in opferte einen Trimaran-Pulk mit 50 Schiffen, jeweils nur mit minimalen Besatzungen belegt. In selbstmörderischer Absicht rasten sie davon, auf die vordersten Einheiten der Chaos Geschwader zu. Zwei Abschüsse gelangen ihnen, bevor sie in riesigen Explosionen vergingen.
Aggregate, für diesen schrecklichen Fall der Fälle vorbereitet, überhitzten und zündeten ein Feuerwerk ungeahnter Größe. Die Treffer, in einem Zeitraum von nicht mehr als fünf Sekunden erfolgt, legten ein halbkugelförmiges energetisches Störfeuer über einen Teil des Frontbereichs. Das Raum-Zeit-Kontinuum überlastete. Risse ins Nirgendwo bildeten sich. Hyperenergetische Wirbel und Strömungen zerrten an allem Stofflichen, wollten es aus dem bekannten Universum tilgen.
Es blieb wenig mehr als eine Minute Zeit, um den Großteil der Ultima-Flotte auf Beschleunigung zu bringen. Die Schiffe spritzten rings um das Energiegewitter nach allen Seiten davon; wie Regentropfen, die einem Schirm auswichen.
Erst jetzt sandte Log-Aer-M'in in einem ultrakurz gerafften Funkspruch jene willkürlich gewählten Koordinaten aus, die mehrere Sammeltreffpunkte für die Überlebenden der Schlacht markierten. Auch die UMAKO beschleunigte mit Notwerten, umgeben und gesichert von einem Begleitgeschwader starker Schlachtschiffe. Ihr eigenes Überleben musste unter allen Umständen gesichert sein. So entsprach es dem Kodex. Der Kopf der Flotte war wichtiger als alles andere.
500 Schiffe blieben zurück. Sie bildeten die Nachhut, und sie hatten die Pflicht, eine gezielte Verfolgung der Flüchtenden zu behindern. Log-Aer-M'in wusste, dass auch die Besatzungen dieser Einheiten kaum Überlebenschancen besaßen.
Rings um die UMAKO herrschte energetisches Chaos, das vom Bordgehirn kaum mehr bewältigt und verarbeitet werden konnte. Redundante Systeme mussten in den Rechenverbund mit einbezogen werden, zusätzliche Leistung wanderte von der Offensiv- in die Defensivabteilung.
Für einen Sekundenbruchteil fühlte sich Log-Aer-M'in durchgeschüttelt. Das Innerste kehrte sich zuoberst, die Schwerkraftvektoren spielten verrückt, ihre Sinne spielten ihr seltsame Streiche. Die UMAKO hatte einen Streifschuss abbekommen. Einen »sanften Kontakt«, der der Flottenkommandantin verdeutlichte, wie sehr ihnen die Offensive ihrer Gegner überlegen war.
Das Schiff glitt in den Hyperraum, begleitet von 20 Trimaranen, die erst jetzt in eigene Fluchtkorridore einschwenkten.
Die Ortung zeigte mehrere potenzielle Verfolger an; doch die Traitanks blieben zurück. Sie schienen mit der Guerillataktik der Ultima-Flotte nichts anfangen zu können. Die NK-Schiffe versickerten im Weltraum, verteilten sich auf kleine und kleinste Pulks - und widersprachen damit allen gängigen Dogmen.
All die großen kartanischen Strategen waren sich stets einig gewesen, dass Fluchtgefährten so nahe wie möglich beisammenbleiben sollten, um sich gegenseitig den Rücken zu stärken. Und nach allem, was man über TRAITOR wusste, hingen die chaotarchischen Einheiten derselben Lehrmeinung nach.
Stille kehrte in der Zentrale ein. Nicht einmal der sonst so fürwitzige Rot-Gre-N'at wusste etwas zu sagen. Sie waren einmal mehr entkommen - aber unter welch grässlichen Begleitumständen ...
Perry Rhodan
Der Nukleus erschien. So wie immer scherte er sich nicht um Konventionen. Er tauchte auf und tat, was er am besten konnte: grell leuchten.
»Das ist der denkbar ungeeignetste Moment!« Rhodan verfluchte das Geisteswesen in Gedanken. »Gönn mir fünf Minuten ... «
»Nein.« Fawns Gestalt löste sich aus dem Nukleus.
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