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2490 - Die dunklen Gärten

2490 - Die dunklen Gärten

Titel: 2490 - Die dunklen Gärten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Beispiel.
    Erst sehr allmählich drangen wieder Laute an sein Ohr, Alarm, verzerrte Wortfetzen. Er musste die Worte nicht verstehen. Der Holo-Schirm blendete die Schadensmeldung ein: Schwere Treffer bis ins tiefste Schiffsinnere hatten das Transitionstriebwerk und die Hauptmeiler zerstört oder außer Betrieb gesetzt. Die Schirmfelder brachen zusammen.
    Der Plasmakommandant beschleunigte, aber das Schiff erreichte nur lächerlich niedrige Werte.
    Treffer auf Treffer legte zuerst die offensiven Waffensysteme der ATHOS lahm, dann die Gravotron-Triebwerke. Zuletzt arbeiteten nur noch einige der 24 Protonenstahltriebwerke.
    Gossi hörte wieder, aber er hörte nichts als Stille. Der Plasmakommandant hatte den Alarm abgestellt. Die menschliche Besatzung schwieg. Niemand rührte sich. Manche hatten einander die Hände auf die Schulter gelegt, auf die Arme.
    Als warteten sie nur auf ein Zeichen, und eine große Prozession beginnt.
    Colten Gossi stand auf. Langsam ging er zum Sitz der Pilotin hinüber. Der Moai folgte ihm leicht und lautlos. Wieder einige Schläge ins Schiffsinnere.
    Der Holoschirm erlosch. Die ATHOS war blind.
    Mit einem Teil seines Bewusstseins versuchte sich Gossi vorzustellen, was in den Traitanks geschah. Was überlegte derjenige, der dort das Kommando führte? Dachte er darüber nach, mit welchem Waffensystem er das wehrlose Schiff zerstören würde?
    Oder würden die Traitanks das Schiff, das sie außer Gefecht gesetzt hatten, schlicht ignorieren?
    Er lächelte. Wunschdenken. Das werden sie nicht tun.
    Gossi stand hinter der Kartanin-Pilo-tin. Das SERT-Gespinst auf ihrem Kopf wirkte matt und erloschen. Plötzlich erschien sie ihm wie die vertrauteste aller Freundinnen. Er verstand sie restlos. Deshalb hat sie hier keine Kabine bezogen.
    Es war dieser Kartanin von Anfang an bewusst gewesen, dass sie auf ein Schiff mit einer schlechten Prognose abkommandiert worden war. In einer OREON-Kapsel hätte sie eine faire Chance gehabt.
    An Bord der ATHOS war sie gekommen, um zu sterben.
    Die Menschen hatten sich in der Zentrale versammelt oder an anderen Orten des Schiffes. Gesch-Tian-N'a war allein.
    Er legte ihr behutsam eine Hand auf die Schulter. Die Kartanin fühlte sich kalt an, erfroren. Sie drehte ihren Kopf und sah zu ihm hoch. Sie sagte etwas in ihrer Sprache, was er nicht verstand.
    Er lächelte sie an, beugte sich zu ihrem Ohr und sagte: »Hab keine Angst. Alles ist gut.«
    Der Flitter von Raum und Zeit zerriss.
    Alles wurde nichtig.
    *
     
    Die Traitanks drehten ab. Der unregelmäßige Klumpen Materie, der die
    ATHOS gewesen war, sollte fast eine Stunde in seinem hochgradig instabilen, ultrakomprimierten Zustand verharren.
    Danach dehnte sich die entartete Materie explosionsartig aus. Für den Bruchteil eines Augenblicks würde es so aussehen, als erinnerte sich die Materie an das, was sie gewesen war: ein großes Gehäuse aus Stahl, eine Herberge für Wesen voll Geist, die gedacht und gefühlt und versucht hatten, ihre Träume wahr werden zu lassen.
    Aber wer hätte Augen für diesen Augenblick, dort, in den dunklen Gärten von GLOIN?
    Jede Kontur würde verwischen, verwirbeln, in den Jahrmillionenstrudel der Akkretionsscheibe von Athaniyyon gerissen, ihm einverleibt.
     
    Fraktion der Friedensfahrer:
    Die Mission
    Immer wieder versuchte ich, den Einfluss der Kreatur niederzukämpfen. Fast spielerisch wehrte sie alle Bemühungen ab. Manchmal ließ sie mich den Mund öffnen, manchmal die Hand zu einem Zeichen heben, aber dann bog sie meine Geste ab, ließ mich Belanglosigkeiten sagen.
    Der Kartanin ging es nicht gut. Sie litt, erlaubte der Medoeinheit der Kapsel aber nicht, sie zu untersuchen und gegebenenfalls zu behandeln. Die Geburt der Kreatur musste sie erheblich verletzt haben.
    Wir näherten uns der JULES VERNE, hatten sie aber noch nicht gestellt. Immer wieder entfernte sie sich von uns durch ihre Manöver. Wie die Einheiten der Friedensfahrer suchten auch die terranischen Schiffe nie das länger währende Gefecht, sondern schlugen nach Guerilla-Art hier und da überfallartig zu, tauchten ab, hüllten sich ein in ihre Abschirmfelder, machten sich unsichtbar, entzogen sich.
    Den Verbänden der Terminalen Kolonne ebenso wie uns.
    Wer bist du? Was willst du?
    In gewissem Sinne bin ich deine Tochter, Vater. Ich will, was wir alle wollen: leben.
    Ich lachte innerlich auf, hoffte, es klang ungläubig genug. Du willst leben? Wir greifen die JULES VERNE an, zerstören sie, aber überleben?

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