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2490 - Die dunklen Gärten

2490 - Die dunklen Gärten

Titel: 2490 - Die dunklen Gärten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wim Vandemaan
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Sinnenschirm, spannte ihn wieder weit auf. Ich saß immer noch auf dem Thron.
    Ich wartete, dass das Trugbild erlosch.
    Nichts tat sich.
    Ich versuchte aufzustehen, aber mein Leib war wie angeschmiedet. Die Rüstung, dachte ich. Ich trage die Rüstung eines Winterkhans.
    »Natürlich tust du das«, hörte ich meinen Ältervater sagen. »Khan Dewlet Ghiray.«
    »Das hättest du wohl gern«, lachte ich. »Der erste Khan aus dem Geschlecht der Dewlets.«
    »Der letzte aller Winterkhane«, sagte mein Eltervater. »Du weißt sicher, dass viel Zeit vergangen ist. Das Winterkhanat existiert nicht mehr.«
    »Umso erstaunlicher, dass du existierst«, sagte ich. »Eine Existenz, die ich, um ehrlich zu sein, für noch unwahrscheinlicher halte als meine eigene.«
    »Existieren würde ich das nicht eben nennen«, gab mein Ältervater zu. Es klang verwegen.
    »Sondern?«
    »Sagen wir: Du empfängst eine neurotronische Botschaft, eine Art Brief, der gewisse charakterlich-mentale Ähnlichkeit mit mir aufweist. Eine Technik, die wir wenige Jahrzehnte nach deinem Verschwinden entwickelt haben.«
    »Mein Verschwinden ... «
    »Ich habe bis zu meinem Ableben gehofft, dich wiederzusehen. Ich bin, das will ich zugeben, ein wenig neidisch auf diesen Brief, der es an meiner Stelle tut.«
    Ich lachte. »Bis zu deinem Ableben? Woher weißt du dann von dem Untergang des Winterkhanats? Oder hat es sich so vollzogen?«
    »Nein, hat es nicht. Bis zu meinem Ende stand alles bestens. Wenigstens, wenn man den amtlichen Verlautbarungen traute.«
    »Was du nicht tatest.«
    »Was ich nicht tat. Ich hielt das Khanat schon lange für todgeweiht. Trotzdem will ich nicht sagen, dass es mich befriedigt, recht behalten zu haben - den Informationen zufolge, den diese neurotronische Botschaft im Lauf der Jahrtausende gesammelt hat.«
    »Es befriedigt dich nicht? Warum nicht?«, fragte ich.
    »Weil ich eben tot bin!« Er lachte vergnügt.
    »Wie komme ich hierher?«, fragte ich. »Ich bin bei Athaniyyon aus der DONNERBLAU gerissen worden und ... «
    Mein Ältervater schaute über das Gräberfeld. »Manche von uns haben sonderbare Gaben. Ich weiß natürlich nicht, welche Gabe du in der fernen Zukunft entfaltet haben wirst. Aber ich weiß, dass du etwas Großes getan haben wirst. Etwas von entscheidender Bedeutung für das Khanat.«
    Er machte eine umfassende Geste. »Nicht nur für das Khanat. Für die ganze Welt. Sonst säßest du nicht hier. Sonst hätte sich die neurotronische Botschaft nicht aktiviert.«
    Ich wedelte unschlüssig mit dem Sinnenschirm. »Ich habe nichts Großes getan. Ich habe einer Organisation gedient, die sich die Friedensfahrer nennt. Und als Friedensfahrer bin ich nur einmal in den Krieg gezogen. Und in diesem Krieg«, ich musste lachen, »war meine einzige Heldentat, mein eigenes Schiff zu vernichten und mich selbst zu erstechen. Du siehst: Was auch immer ich bin - ein Winterkhan bin ich nicht.«
    »Und ob du es bist«, sagte mein Vater und lächelte. Er wies auf das Gräberfeld.
    Ich zog den Sinnenschirm einen Deut zusammen. Musste ich es mir antun? Musste ich es sehen? Ich glaubte, den Kanzler des Khanats im Telepathon sprechen zu hören. Ich wusste, was er sagen würde. »Der Winterkhan«, würde er sagen, »ist entwertet worden. Kein Grab hat sich ihm geöffnet. Der Winterkrieg wird annulliert.«
    Da vernahm ich ein nie gehörtes Geräusch, etwas wie einen in sich gekehrten Glockenschlag, leise, aber so durchdringend, dass ich dachte, man müsste ihn hören bis an die Horizonte der Raumzeit.
    Ich öffnete den Sinnenschirm weit.
    Unter mir hatte sich eines der Gräber geöffnet. Licht ergoss sich daraus, donnerblau, nachtgold.
    Dann öffnete sich ein zweites.
    Ein drittes. Viertes. Fünftes ...
    Ich spürte, wie meine Rüstung leicht wurde, immer leichter, wie sie mich dem Feld entgegentrug, in dem sich immer mehr Gräber für mich öffneten. Und inmitten der zahllosen Gongschläge hörte ich, wie das Feld mich begrüßte: »Willkommen daheim, Winterkhan!«
     
    ENDE
     
     

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