25 Boys
gehört habe.
„Woher hast du dann die Information?“, fragt der Kapitän verunsichert.
„Von Dannii, die ist im unteren Deck, sie meint, dass der Schrei irgendwo in ihrer Nähe gewesen sein muss.“
In diesem Augenblick hören wir wieder einen Schrei. Wir blicken alle – ziemlich zeitgleich – zum Entlüftungssystem des Schiffes. Es sind zwei groß-gebogene Rohre, die wie ein Spazierstock aus dem Boden des Schiffes ragen.
„Der Schrei kommt von unter Deck!“, sagt Jurek laut und beängstigend, wie ein Spartaner, der zum Angriff aufruft und dafür sein Schwert zückt. Wie in Zeitlupe laufen wir zur Stiege, um einen Stock tiefer zu gehen.
Dort treffen wir eine aufgeregte Dannii, die mit entsetzlichen Augen und offenem Mund schreit. „Kommt der Schrei von ihr? “, fragt Niels und Dannii hält ihre Hände vor den Mund und zittert aufgeregt, dann bricht sie vor uns zusammen, geht in die Knie und schreit: „Nein! Nein!“
Jurek geht mit seinem Oberkörper tief hinunter zu Dannii, die keine Muskelbewegungen mehr hat und seitlich hingefallen ist. „Was ist, was ist, verdammt, Dannii, streng dich an!“
„Es ist schrecklich!“, sagt sie schluchzend.
„Das hast du schon gesagt!“, schreit Niels sie an. Er schlägt ihr sanft auf ihre Wangenknochen , weil sie zusammengeklappt ist. Augenblicklich kommt die Kellnerin wieder zu sich und bittet um Hilfe.
Jurek versucht so fr eundlich zu sprechen wie er in dieser Sekunde nur kann: „Sag mir Dannii, was hast du gesehen?“
„In der Kabine von Rockboat … Rockboat ist …“, doch ihre Stimme bricht ab. In diesem Moment kommt der S chiffsarzt um die Ecke getrottet, mit einem Bademantel um seinen mageren und sehnigen Körper gespannt. Man sieht wie ärgerlich ihn diese Situation stimmt. Die Schreie nerven ihn, und die übliche Aufregung von Schwulen, wenn sie nervös werden und sich ein hühnerähnliches Gegacker bildet, das die Hirnaktivität mindert, hat der Schiffsarzt nicht zum ersten Mal gesehen.
„Unter Deck sind alle aufgebracht, wegen der Schreierei. Was ist hier los? Kann mir einer sagen, was passiert ist?“, fragt er gereizt und sieht dann plötzlich, als Jurek sich von seiner Hocke erhebt, dass Dannii vor ihm bewusstlos liegt. Der Arzt wird sofort munterer und bekommt eine rötliche Gesichtsfarbe. Er kniet sich hin und legt Dannii in die stabile Seitenlage. Wenige Sekunden später öffnet sie wieder die Augen und der Rest der versammelten Crew, die sich um Dannii bildet, geht unter Deck und sucht die Kabine von Rockboat auf, um der Sache auf den Grund zu gehen. Der Schiffsarzt ist bei ihr geblieben und überwacht ihre Vitalfunktionen, weil er befürchtet, sie könne wieder ihn Ohnmacht fallen und sich dabei verletzen.
Unter Deck hören wir weitere Schwule, die sich teilweise verschlafen fragen, was passiert sei. Aber wir, Jurek, Nat, Ni els und Luca haben nur ein Ziel: die Kabine von Rockboat aufzusuchen, um nach dem Rechten zu sehen. Dort angekommen sehen wir, dass die Tür sperrangelweit offen steht. Meine ersten Blicke erhaschen Ezel, der über Rockboat kniet, der am Boden neben dem Bett liegt und sich nicht mehr bewegt. Seine Haut ist bleich, sein Körper starr und die Situation so surreal wie der fünfte Teil von Resident Evil.
Scheiße.
Meine Augen werden feucht, so heftig schüttelt mich diese Situation durch, die meine Gedanken lähmt. Mein Herzschlag wird schneller, in meinem Magen zieht sich etwas zusammen, meine Achselhöhlen werden feucht und beginnen zu jucken. Hektik bauscht sich auf, mir ist, als würde ich letzte Nebelschwaden, die ein wenig nach kaltem Joint riechen, auffangen. Es fröstelt mich dermaßen, dass ich mit verschränkten Armen die Szenerie betrachte, die aus einem Agatha Christie Buch entstammen könnte. Ich schätze die Traumreise auf dem Traumschiff, das über den Atlantik fährt, endet in diesem Moment.
Ezel, das erste auserwählte Opfer von Rockboat zittert am ganzen Körper, ich gehe mit Luca zu ihm hin und wir versuchen ihn zu beruhigen. Mir fällt der Prunk in Rockboats Kabine auf , der alle anderen Räume bei weitem übertrumpft. Bilder in Goldrahmen gefasst ragen von den Wänden, die Decken sind aus Samt, die Couch ist im barockschen Stil, sowie die Bilder, die auf dem Nachtkästchen eingerahmt die Besucher anstarren. Es sind darauf ältere und jüngere Damen zu sehen.
„Es wird schon wieder we rden, beruhige dich, Ezel“, sage ich in rührenden Worten
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