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251 - Der Taratzenkönig

251 - Der Taratzenkönig

Titel: 251 - Der Taratzenkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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Ruinengebiet bedeutete. Sie nahm ihr Schwert mit, aber Angst hatte sie keine. Brauchte sie auch nicht. Drei schwarze Riesenspinnen, die sie überfallen wollten, brachte sie spielend von ihrem Vorhaben ab. Der rein auf Instinkten basierende Geist dieser Biester war keine Herausforderung für ihre Beeinflussungskünste.
    In Bwomid , das nicht allzu weit vom Cabbets entfernt lag, traf sie auf drei kleine Jungen, die zwischen Schuttbergen und Mauerresten spielten. Sie gab ihnen eine Perlenkette und beauftragte sie, Melffin eine Botschaft zu überbringen.
    Dann ging sie zum ehemaligen College Green. Die riesige Parkfläche war von dichtem Gebüsch, Gestrüpp und Bäumen bewachsen. Allerlei Viehzeug trieb sich hier herum. An der Nordseite der hoch aufragenden Kathedrale wartete sie.
    Irgendwann kam Melffin. Er war es tatsächlich. Nervös sah er sich um, die Hand am Schwertknauf. »Gwaysi, bisse da?«, rief er leise.
    Traysis Herz pochte hoch oben im Hals. »Hia, Melffin«, rief sie leise im normalen Dialekt der Lords.
    Er drehte sich, kam näher. Traysi löste sich aus dem Schatten eines mächtigen Pfeilers.
    Melffin zuckte zurück. »Bisse nich Gwaysi«, sagte er verblüfft. »Bisse Twaysi! Was willste hia? Wo is Gwaysi?«
    Traysi strich mit beiden Händen lasziv über ihren Körper, wie sie es bei anderen Wooms ihrer Horde gesehen hatte. »Was willste mit de Gwaysi, Melffin? Kommste zu mia, kwiegste alles, wasse haben willst.«
    Melffin prallte zurück. »Nee, willichnich«, erwiderte er scharf. »Bisse schön, aba ich will nua de Gwaysi. Isse gute Woom, du bisse böse Woom.«
    Blanker Hass stieg in Traysi hoch. »Du willst mich also nicht?«, schrie sie. »Überleg's dir gut!«
    »Nee, will nich.«
    »Dann biste selbst schuld!«
    Während Melffin nicht verstehend die Stirn runzelte, griff Traysis Geist hinaus in den Park, wo sie vorhin schon eine Herde Gerule erspürt hatte. Bislang hatte sie die kleinen, aggressiven Nager kraft ihres Willens von einem Angriff abgehalten. Nun gab sie den gegenteiligen Befehl!
    Die kaninchengroßen Säuger mit dem schwarzen, im Brustbereich gemaserten Fell quollen aus ihren Bauten, die über den ganzen Park verteilt lagen. Sie richteten sich auf ihren überproportional ausgeprägten Hinterläufen auf und schnupperten alle in eine Richtung.
    Melffin, der schon im Gehen begriffen war, blieb so abrupt stehen, als sei er gegen eine Wand gelaufen, als plötzlich zwanzig Gerule um ihn herum auftauchten und ihn feindselig anstarrten. Weitere Tiere kamen hinzu, füllten die Lücken auf. Melffin sah sich gehetzt um. Die Gerule hatten ihn eingekreist; Traysi dagegen beachteten sie gar nicht.
    Er schluckte ein paar Mal schwer und zog sein Schwert. Schweiß stand auf seiner Stirn, als er vorsichtig weiter ging.
    Wie auf ein geheimes Kommando fielen sie alle auf einmal über ihn her. Spitze Zähne bohrten sich in seine Beine, seine Arme. Kleine Hände griffen in seine Lippen und zogen daran. Stumpfe schwarze Schnauzen prallten in sein Gesicht. Eine Traube von Tieren hing plötzlich an ihm.
    Melffin brüllte, schlug um sich, wischte ein paar Gerule weg, ging dann aber unter der gewaltigen Übermacht zu Boden. Mit schrillem Kreischen drückten sie ihn auf die Erde, bedeckten ihn vollständig. Seine Bewegungen erlahmten allmählich.
    Traysi nickte zufrieden, als die Gerule wieder verschwunden waren und sie den furchtbar entstellten Leichnam sah.
     
    Zwei Tage später verschwand Gwaysi aus dem Dorf und kehrte nicht zurück. Traysi wusste, dass sie sich mit Melffin hatte treffen wollen - und sie ahnte, dass man dessen Leiche bereits gefunden hatte. Den Rest konnte sie sich zusammen reimen. Die beiden Jungs hatten sicher von dem blonden Mädchen berichtet, das um ein Treffen gebeten hatte. Doch während die Bromid-Lords nicht ahnen konnten, dass nicht allein die Gerule hinter Melffins Tod steckten, wusste Gwaysi sehr genau, was die Stunde geschlagen hatte - und dass Traysi keine Skrupel haben würde, auch sie zu töten.
    Beetieh sandte Späher aus, um sie zu suchen - ohne Erfolg. Nach einer Woche fand er sich mit dem Verlust ab. Auch wenn er immer behauptet hatte, beide Schwestern gleich gern zu mögen, so bevorzugte er doch Traysi.
    Gwaysi blieb verschollen. Niemand wusste, was aus ihr geworden war. Traysi aber fühlte, dass ihre Schwester lebte. Das unsichtbare Band zwischen Zwillingen funktioniert auch dann, wenn es aus purem Hass besteht…
    ***
    Londoner Zoo, September 2525
    Rulfan erwachte

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