2576 - Tor nach Terra
Resonanz-Austausch funktionierte - das feurige Objekt verschwand spurlos.
Sekundäreffekte gab es nicht, wohl aber, so die Meldung aus der JULES VERNE, die weiterhin
vorhandene Resonanz von Kristallschirm und ARCHETIMS Korpus.
Und auch die Abermillionen bei den Salkrit-Resonatoren Versammelten blieben vor Ort!
Bully betrachtete das als schlechtes Zeichen. Umso mehr, als plötzlich seine linke Daumenkuppe
extrem zu jucken begann. Genau dort hatte er sich vor einer Ewigkeit - bei der Silvesterfeier
2043 alter Zeitrechnung - an den Scherben eines Kognakschwenkers geschnitten.
Angeblich unzerbrechliches Material, das dennoch barst, als das Glas nach einer unbedachten
Bewegung am Boden zerschellte. Material, das garantiert keine Verletzungen verursachen sollte,
Bull aber trotzdem schnitt.
Er hatte es als böses Omen für das Jahr 2044 gesehen, war den Freunden mit seinen wiederholten
Hinweisen ziemlich auf die Nerven gegangen. Und hatte leider irgendwie recht behalten. Es war
einiges nicht so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt hatten - andererseits war es Atlan damals
gelungen, den Robotregenten auszuschalten und dessen Platz zu übernehmen ...
Nach nicht einmal einer Minute war das Jucken verschwunden, aber Bully fortan von noch
tieferer Unruhe erfüllt. Er war nicht allein mit seinen Bedenken: An vielen Stellen war zwar
Jubel ausgebrochen, doch die Verantwortlichen trauten dem Braten nicht und ließen den
Kristallschirm selbstverständlich eingeschaltet.
Drei Stunden und 47 Minuten vergingen ...
... dann erwies sich die Hoffnung, die instabile Psi-Materie sei vom Kristallschirm beseitigt
worden, als trügerisch: Unvermittelt erschien das Feuerauge am Einschlagsort!
Es befand sich zwar weiterhin außerhalb des Kristallschirms und war nun quasi
bewegungslos, aber die von ihm ausgehende Gefahr war eben nicht beseitigt.
»Das Gebilde scheint zwar einige Dutzend Gramm Psi-Materie verloren zu haben, setzt aber
unverdrossen zu einem weiteren Vorstoß an«, lautete die Meldung von den Uberwachungsraumern. »Es
versucht abermals, in den Kristallschirm einzudringen.«
Es verging fast eine Stunde, bis das Feuerauge um 17.12 Uhr tatsächlich zum zweiten Mal
verschwand. Es materialisierte aber nicht im Inneren des Kristallschirms.
Kein ehemaliger Globist verließ die Versammlungen. Ganz im Gegenteil: Mehr und mehr Personen
fanden sich ein. An einigen Stellen kam es zum spontanen Auftreten von Parakräften: Telekinetisch
bewegte Steine flogen umher, Teleporter sprangen unkontrolliert, nicht beherrschte
Suggestivkräfte sorgten für albtraumhafte Visionen.
Die JV-1 meldete, dass nun die Salkritkörnchen in den Resonatorsäulen ebenfalls reagierten -
ein weiterer Resonanzeffekt.
»Aktivität auf Isla Bartolome«, meldete der mit LAOTSE zum Verbund geschaltete NATHAN. »Die
Schohaaken bilden einen Kreis und versinken in Trance.«
Bully wechselte einen Blick mit Hallon. »Die also auch ...«
Der Verteidigungsminister brauchte nicht einmal auf den in einem Holo eingeblendeten Infoblock
zu schauen, um sich der maßgeblichen Daten zu erinnern.
Orren Snaussenid war der erste Schohaake gewesen, der am 23. Oktober 1331 NGZ in Norwegen
praktisch aus dem Nichts auftauchte. Innerhalb weniger Tage materialisierten mehrere Tausend
weitere Schohaaken auf Terra, einige sogar auf dem Mars. Es handelte sich um Humanoide mit einer
durchschnittlichen Körpergröße von etwa 1,10 Metern, deren blassgelbe bis ockerfarbene Haut
geschuppt war, während die Haare an dicke grüne Halme erinnerten. Markant war der von diesen
Wesen verströmte Kümmelgeruch.
Im Februar 1333 NGZ begannen die Schohaaken zu träumen - zuerst Orren Snaussenid, danach alle
anderen. Erst Ende April war klar geworden, was es mit diesen Träumen auf sich hatte. Es stellte
sich heraus, dass es sich bei den Schohaaken um aus der mentalen Substanz ARCHETIMS als
»Aktionskörper« materialisierte Wesen handelte, die einst von der Superintelligenz aufgenommen
und Teil von ihr geworden waren.
Später wurden die Träume aufgezeichnet; jeder einzelne der Schohaaken hatte ein Fragment der
Geschichte ARCHETIMS erzählt - ungeordnet, außerhalb jeder Reihenfolge, doch die Einzelteile
bildeten letztlich ein geschlossenes Ganzes. In dieser Zeit lebten die Schohaaken in einer
kleinen Siedlung am Stadtrand von Terrania namens Schohaakar.
Im Oktober 1344 NGZ siedelten sie mitsamt ihrer Stadt zur Galapagos-Insel
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