2578 - Das mahnende Schauspiel
Schreckens einen neuen Gefühlssturm
auslöste. »Der Maskierte tritt in vielen Stücken auf und symbolisiert das Unbekannte, das uns
jeden Tag begegnet. Er trägt unsere Freuden und unser Leid in sich, ohne dass wir es sehen
können.«
Der Terraner blieb vor dem Kunstwerk stehen. Die aus fast schwarzem Marmor gefertigte Statue
stellte einen hageren, hochgewachsenen Mann in einer raumanzugähnlichen Kleidung dar. Sein
Gesicht wurde von einer Maske verborgen, die von einem einfachen Band gehalten wurde.
Die Ähnlichkeit, die der Maskierte mit ihm aufwies, irritierte Saedelaere. Mit einer
seltsamen Erleichterung zählte er deshalb in Gedanken die offensichtlichen Unterschiede des
Marmormannes zu sich auf: die zu langen Gliedmaßen und anderen Unterschiede im Körperbau des
Humanoiden, der schmale kahle Schädel, die feinen, in die Maske geschnittenen Muster und
Verzierungen. Nein, die Figur porträtierte nicht ihn.
»Kommt der Maskierte auch im mahnenden Schauspiel vor?«, fragte Saedelaere mit blecherner
Stimme.
Vetri schenkte ihm ihr verführerischstes Lächeln. »Nein, leider nicht. Aber lass uns
hineingehen. Da wirst du mehr erfahren!«
Saedelaere atmete ruhig ein und aus, während Eroin Blitzer seinerseits die Statue in
Augenschein nahm.
Das Kunstwesen warf Saedelaere einen vergleichenden Blick zu. »Interessant«, murmelte Blitzer
leise.
Vetri ging voraus, öffnete die Flügel einer mit Ornamenten geschmückten Tür ...
... und eine Sinfonie aus Gesprächen und Gelächter, getragen von sphärischer Musik, ergoss
sich über die drei Personen.
Der etwa hundert Meter durchmessende Saal fasste eine unüberschaubare Anzahl an exotischen
Lebewesen. Es wirkte wie ein Best of der Gestalten, die sie auf der Straße gesehen
hatten.
Der Maskenträger gewann den Eindruck, dass nur die vornehmsten und wichtigsten Vertreter aller
auf dem Planeten anwesenden Völker zu diesem Empfang eingeladen worden waren. Nur die borstige
Made erblickte Saedelaere nirgends.
Saedelaere verharrte an der Schwelle.
Das unbestimmbare Gefühl in der Magengrube meldete sich zurück. Diesmal verwandelte es sich
aber in Wärme. Die friedliche, aufgeräumte Stimmung, die in dem Saal herrschte, griff auf den
Maskenträger über.
Er tauchte in das Geschehen ein. Die Positronik des SERUNS analysierte Saedelaeres
Blickrichtung und übersetzte automatisch die Gesprächsfetzen der Wesen, die er gerade
betrachtete.
»Es ist ja alles so spannend!«, sagte ein Humanoider mit Gesichtsfell zu einem Lebewesen, das
wie eine fast zwei Meter hohe Seerose aussah. Es stand in einem mit einer grünlich transparenten
Flüssigkeit gefüllten Glasbehälter.
»Ich kann es kaum erwarten«, gab die Seerose zurück. Die Stimme drang aus versteckt
angebrachten Lautsprechern im Glas. Luftbläschen lösten sich aus dem untersten Bereich des
Behälters, stiegen hoch. Schwarze Folie verhinderte die Sicht auf den Wurzelbereich. »Lange Jahre
habe ich davon geträumt, dem Schauspiel beizuwohnen. Nur wenigen Tilahuäla wurde diese Ehre
bislang zuteil.«
»Kommt, ich führe euch!« Vetri hakte sich bei Saedelaere ein.
Widerstrebend ließ sich der Maskenträger mitziehen.
In der Mitte des Saales über dem Marmorboden schwebte ein imposantes Gebilde, das auf den
ersten Blick an das Modell einer Raumstation erinnerte.
Auf den zweiten Blick erkannte Saedelaere in dem Aufbau eine stilisierte
Theaterbühne.
Vor ihnen bildete sich eine Gasse. Die Besucher des Empfangs traten respektvoll zurück, als
sie Vetri erkannten.
Alaska Saedelaere fiel auf, dass so gut wie keiner der neugierigen Blicke, die man ihrer
Gruppe zuwarf, an seiner Maske oder dem SERUN hängenblieb.
Zwei Schritt vor dem Modell blieb Vetri stehen. Aus der Nähe betrachtet fielen Saedelaere die
unzähligen Aufbauten auf, die aus der Oberfläche der rechteckigen Plattform wuchsen.
Die Gespräche um sie herum erstarben allmählich.
Vetri zwinkerte Alaska zu, dann löste sie sich von ihm und vollführte mit der rechten Hand
eine Bewegung, als würde sie etwas in die Luft werfen.
Das Licht im Saal wurde schwächer. Majestätisch langsam schwebte das Modell der Plattform
empor, hoch über die Köpfe der Gäste.
Die letzten Gespräche erstarben. Vereinzelte »Ah!« und »Oh!« erklangen. Irgendwo aus dem
Hintergrund drang ein rhythmisch kratzendes Geräusch, das wahrscheinlich Applaus war.
In einem Abstand von etwa vier Metern bildeten
Weitere Kostenlose Bücher