Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2578 - Das mahnende Schauspiel

2578 - Das mahnende Schauspiel

Titel: 2578 - Das mahnende Schauspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
erzählen.
    Eroin Blitzer legte den Kopf leicht schief. Das runzlige Gesicht verzog sich, die Augen wurden

zu schmalen Schlitzen. »Du wirst beeinflusst, Alraska?«
    Verärgert schüttelte er den Kopf. »Ich werde nicht beeinflusst. Ich bin

mentalstabilisiert, ich ... «
    »Hast du nicht erzählt, dass die Immaterielle Stadt dich beeinflusst hat?«
    »Das war ... etwas anderes«, stieß Saedelaere aus.
    »Und weshalb hast du den Anzug der Vernichtung freiwillig abgelegt? Hat er dich nicht gegen

die Beeinflussung geschützt?«
    Saedelaere sog scharf Luft ein. »Das hat nichts mit der aktuellen Situation zu tun! Sag mir

nicht, dass du diese seltsame ... Ausstrahlung nicht auch festgestellt hast!«
    »Ich weiß, dass etwas nicht stimmt«, begehrte Blitzer auf. »Dafür benötige ich keine

diffuse Wahrnehmung von Gefühlen!«
    Saedelaere schloss die Augen, schluckte den aufgeflammten Zorn hinunter. Der Maskenträger

wusste, dass er dem Kleinen unrecht tat.
    »Ich bitte dich um Entschuldigung, Eroin. Meine Worte waren nicht mit Bedacht gewählt. Du hast

nicht so unrecht mit dem, was du gesagt hast. Dennoch gehe ich nicht davon aus, dass ich beeinflusst werde - jedenfalls nicht im klassischen Sinne.«
    »In welchem Sinne dann?«
    »Lass uns über das mahnende Schauspiel sprechen«, lenkte Saedelaere von den unangenehmen

Fragen ab. »Welche Rückschlüsse hast du bisher gezogen?«
    Widerwillig ließ sich Blitzer auf eine Diskussion über die bis jetzt gesammelten Daten ein. Er

hatte aber weder zu den Namen, die im Schauspiel vorkamen, noch über die Herkunft der Mimen oder

der grauhäutigen Theaterleitung irgendwelche Ideen oder Hintergrundinformationen. Der

Zwergandroide wusste genauso wenig wie der Terraner. Ihr Gespräch drehte sich im Kreis.
    Alaska Saedelaere fühlte fast ein wenig Erleichterung, als sich Vetri über das Interkomsystem

meldete. In blumigen Worten erklärte ihre Betreuerin, dass es nun an der Zeit sei, Saedelaere und

Blitzer zu dem Ort zu führen, an dem die versprochene Überraschung stattfinden würde.
    *
    (Der Kanzler würgt den Narren. Die Prinzessin erscheint.)
    KANZLER, lässt ab: »Die Prinzessin!«
    HOFNARR, schwärmt: »Und der Himmel berührt Elicon.«
    KANZLER: »Du hast kein Recht, so über sie zu sprechen.«
    HOFNARR: »Auf welchem unsäglichen Stück Papier ist das Gesetz geschrieben, das

mir jenes Recht absprechen will?«
    KANZLER: »Auf keinem. Es ist das Gesetz des klaren Geistes. Denn der Narr

spricht stets mit giftender Zunge: Er zieht in den Schmutz, was rein bleiben muss.«
    HOFNARR: »Nichts wisst Ihr von meinem Stande!«
    Das mahnende Schauspiel vom See der Tränen, 1. Akt, 3. Szene (Auszug)
     

4.
    Das mahnende Schauspiel
     
    Vetri holte sie direkt von ihrer Suite ab. Über den zentralen Antigravlif t schwebten sie bis

in die Spitze des Turmes.
    Saedelaere versuchte, sich von der betörenden Präsenz Vetris nicht allzu stark ablenken zu

lassen. Es gelang nur teilweise.
    Blitzers Worte kamen ihm in den Sinn. Der Maskenträger fragte sich, ob nicht doch eine Form

der Beeinflussung stattfand, die es wegen seiner Mentalstabilisierung eigentlich gar nicht

geben dürfte.
    Saedelaere schüttelte verärgert den Kopf. Er durfte sich nicht verrückt machen lassen.
    Der Antigravlift endete in einem in dunklen Farben gehaltenen Zwischenstockwerk. Über eine

breite Wendeltreppe stiegen sie zum eigentlichen Ballsaal hinauf. Am Ende jeder fünften Stufe

stand eine in Marmor gemeißelte Theaterfigur.
    An ihren Haltungen, Roben und Utensilien, wie Schwerter oder Reichsapfel, erkannte Saedelaere

die meisten klassischen Theaterrollen wieder.
    König, Königin, Prinzessin, Narr, Feldherr, der Tod, der Berater, der Magier, die Hexen

...
    Sie schienen unabhängig voneinander auf vielen, von Humanoiden bevölkerten Planeten entstanden

zu sein.
    Es gab nur etwa zwei oder drei Figuren, denen der Maskenträger keine terranische Entsprechung

zuzuordnen vermochte. Als er die Figur auf der letzten Stufe sah, erschrak er so heftig, dass er

mit der Fußspitze an einer Stufe hängenblieb und nur deshalb nicht stürzte, weil Vetri ihn

geistesgegenwärtig am linken Oberarm packte und seinen Sturz auffing.
    »Danke!«, murmelte er undeutlich, ohne den Blick von der Statue zu nehmen. »Wer ... was ist das?«
    »Eine unserer klassischen Theaterfiguren«, antwortete Vetri. Sie hielt seinen Oberarm einige

Herzschläge zu lange fest, was in Saedelaere trotz des

Weitere Kostenlose Bücher