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2578 - Das mahnende Schauspiel

2578 - Das mahnende Schauspiel

Titel: 2578 - Das mahnende Schauspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
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sich drei Klumpen, die sich in einen schwarzen

Ball, einen mehrfach verschlungenen Knoten und eine silbern strahlende Kugel verwandelten.
    Vetri trat nach vorn, sodass sie genau unter dem schwebenden Modell stand. Wie eine

euphorisierte Tänzerin drehte sie sich einmal um die eigene Achse, schloss alle Anwesenden in

einer eleganten Bewegung ihres rechten Arms ein.
    »Das mahnende Schauspiel vom See der Tränen findet im exakten Schwerpunkt dreier kosmischer

Besonderheiten statt«, begann Vetri. Ihre Stimme wirkte sanft und eindringlich zugleich. »Die

Hyperanomalie, das Schwarze Loch, das singt, und unser Planet Tolmar sind für sich gesehen

einzigartig ... Zusammen ergeben sie ein Wunder.«
    Vetri blickte in das Halbdunkel des Saales. Ein feines Lächeln umspielte ihre Lippen.

Saedelaere erkannte, dass sie nicht einfach eine professionelle Begrüßung abgab, sondern dass die

Präsentation sie mit Stolz erfüllte.
    Gleichzeitig fühlte er in sich das Interesse an dem Schauspiel wachsen. Welches Thema musste

ein Theaterstück behandeln, das einen solch extravaganten Rahmen benötigte?
    »Ihr alle kennt die Mimen, die euch das mahnende Schauspiel darbieten werden«, fuhr Vetri

fort, nachdem das vereinzelte Gemurmel im ansonsten andächtig lauschenden Publikum verstummt war.

»So viele Lobeshymnen wurden bereits in den unterschiedlichsten Winkeln im Kosmos über ihr feines

Spiel schon gesungen! Ihre Namen zergehen förmlich auf unseren Zungen: Orsen Tafalla, Gommrich

Dranat, Noser Netbura, Arden Drabbuh und der unvergleichliche Renyi Hemdebb ... Über sie wird

man in vielen Generationen noch sprechen, wenn wir längst wieder zu Sternenstaub geworden

sind!«
    Sie ließ ihre Worte ein paar Atemzüge lang wirken. Saedelaere sah fasziniert zu, wie sie sich

erneut um die eigene Achse drehte und dabei im Gesichtsausdruck und der Haltung unvermittelt ernst wurde.
    »Es gibt Gerüchte«, donnerte sie, »wonach bei der Aufführung nicht alles redlich zugehen

sollte! Diesen Gerüchten widerspreche ich in aller Deutlichkeit! Nur Personen, die das Schauspiel

nie erlebt haben, können solch schamlose Lügen verbreiten. Das Geheimnis der einzigartigen

Kraft des Schauspiels ist keines - denn es ist nicht geheim.«
    Saedelaere fühlte, wie seine Handflächen feucht wurden. Er ahnte, worauf Vetri hinauswollte.

Schlagartig begriff er, dass soeben eine neue, interessante Ebene hinzugekommen war.
    »Wie bei einer Medaille setzt sich die außergewöhnliche Intensität des Schauspiels aus zwei

Seiten zusammen: der Fähigkeit, total in ihren Rollen aufzugehen und die Worte der

Wahrheit mit Leben zu erfüllen - und ihrer emotio-suggestiven Begabung! So werdet ihr nicht

nur ihren Worten lauschen und von ihrer Gestik und Mimik begeistert sein, ihr werdet auch in die

Gefühlswelt der Figuren eintauchen. Ihr werdet fühlen, von welch aussichtsloser Liebe der

Hofnarr aufgezehrt wird, ihr werdet den Zorn des Kanzlers erleben, die Sorgen der Prinzessin, die

Hoffnung des alten Königs! Ihr werdet Teil dieser zeitlosen Figuren, Teil des mahnenden

Schauspiels!«
    Sekundenlang herrschte atemlose Stille, dann brach Vetris Publikum in begeisterte Jubelrufe

aus.
    Die strahlend schöne Frau ließ die Emotionen minutenlang durch den Saal branden. Dann

verschaffte sie sich mit herrischer Geste Gehör.
    »Ein weiteres Element dieses Geheimnisses, das keines ist, findet sich im Körper von

Tolmar.« Sie schenkte dem Maskenträger ein charmantes Lächeln, bevor sie erneut um ihre Achse

wirbelte. »Wie euch nicht entgangen sein dürfte, ist unsere Welt reich an Hyperkristallen. Im

Spiel der Emotionen wirkt sie als zweiter Verstärker. Der erste Verstärker ist direkt in

die Bühne integriert.«
    An der Unterseite des Bühnenmodells leuchtete ein Bereich auf. Saedelaere kniff die Augen

zusammen, erkannte aber nicht genau, wie dieser Verstärker aussah.
    »Der Sontaron-Generator nimmt selbst noch die flüchtigsten Emotionen der Figuren auf und gibt

sie weiter an Tolmar, der sie intensiviert und auf mehr als ein Lichtjahr in alle Richtungen

abstrahlt!«
    Saedelaere überprüfte die Anzeige des Multifunktionsarmbandes. Der Translator wiederholte die

Umrechnung des von Vetri genannten Wertes. Das Ergebnis blieb dasselbe: Die Emotionen der Mimen

sollten eine Raumkugel mit einem Durchmesser
    von mehr als zwei Lichtjahren füllen.
    »Was ihr erleben werdet, geschätzte Besucher«, fasste Vetri

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