Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2578 - Das mahnende Schauspiel

2578 - Das mahnende Schauspiel

Titel: 2578 - Das mahnende Schauspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
an. Mit einem Schlag fühlte er sich unbehaglich, wäre am liebsten einfach gegangen.
    »Da hast du recht, Orsen Tafalla«, sagte er. Zum ersten Mal seit langer Zeit fiel ihm auf, wie

unangenehm seine Sprache holperte. Er fragte sich, ob dem Mimen sein Makel in der Übersetzung des

Translators auffallen würde.
    »Darf ich fragen, weshalb du sie trägst?«
    »Sie schützt«, brachte Saedelaere heraus.
    »Mich vor dir oder dich vor mir?«
    Der Terraner presste die Lippen aufeinander. »Manchmal denke ich«, sagte er langsam, »in

erster Linie mich vor mir.«
    Orsen Tafalla legte eine Hand auf die Stirn und neigte den Kopf. »Weisheit spricht aus dir,

Alaska Saedelaere«, lobte der Mime. »Es ist selten, dass ... «
    »Was macht der denn hier?«, keifte eine unangenehm laute Stimme von der rechten Seite her.

»Verfluchtes Pack!«
    Saedelaere zuckte zusammen.
    Gommrich Dranat hatte sich unbemerkt von ihnen aufgebaut. Seine zierliche Gestalt wirkte noch

kleiner, weil er den Kopf zwischen die Schultern gezogen hatte.
    Der Maskenträger benötigte einige pochende Herzschläge lang, um zu verstehen, dass Dranat

nicht ihn meinte.
    Die lange, fast dürre Hand wies anklagend auf Eroin Blitzer.
    Das Kunstwesen stand wie erstarrt da, der Mund vor Schreck geöffnet.
    »Sieh mich nicht so an, du Missgeburt! Ah, was rede ich da? Du bist ja gar nicht geboren! Viel

eher wurdest du aus dem Fass gegossen, in dem die Überreste deines Vorgängers schwammen!«
    »Ich ...« Weiter kam Eroin Blitzer nicht.
    »Seht ihn euch an, den Wicht!«, höhnte der Mime. Er wandte sich beifallheischend seinem

Publikum zu. »Zusammengebaut aus Abfällen, programmiert durch seine ach so hohen Herren! Man

nennt ihn ein >Kunstwesen< - ein Kunstwesen! Wer proklamiert Kunst, wenn er doch nur

Verderben schafft?«
    Ein paar wenige Besucher klatschten oder murmelten zumindest zustimmend. Wo Orsen Tafalla aber

noch auf unvoreingenommene Bewunderung gestoßen war, reagierten die meisten der Zuschauer mit

Verunsicherung. Der zierliche Mime zerstörte mit seinen hassgetränkten Worten die feierliche

Stimmung.
    Blitzer stand nach wie vor wort- und reglos da. Er starrte auf den Mimen, der ihn nur wenig

überragte.
    Der Maskenträger glaubte ein Zittern auszumachen, das den kleinen Körper erfasst hatte.

Entschlossen trat er vor, stellte sich direkt neben den Commo'Dyr. Blitzer und er hatten auf

ihrer gemeinsamen Reise einige Auseinandersetzungen gehabt; aber einen solch brutalen Angriff auf

seine Person hatte der Zwergandroide nicht verdient.
    Und da war noch Dranats Bemerkung ...
    »Gommrich Dranat«, sagte Saedelaere laut. »Halt bitte ein! Deine Worte treffen ein denkendes

und fühlendes Wesen, das für seine Herkunft nicht verantwortlich gemacht werden kann.«
    Dranats Blick aus zu schmalen Schlitzen verengten Augen galt nur einen Herzschlag lang dem

Maskenträger. Dann richtete sich die Aggression des Mimen wieder auf den hilflosen Eroin

Blitzer.
    »Halt ein, sage ich!«, stieß Saedelaere aus. »Und verrate mir, wie du darauf kommst, dass mein

Freund einen Vorgänger gehabt haben soll! Was weißt du von ihm und seinesgleichen? Was

weißt du über Samburi Yura, seine Herrin, oder ihr Schiff, die LEUCHTKRAFT?«
    Dranats Mundwinkel zogen sich bedrohlich nach unten. Er ignorierte die Worte des Terraners,

als hätte er sie nicht gehört. »Das Universum wäre ohne unheilige Kreaturen wie dich und deine

Herren besser dran!«, flüsterte der Mime bösartig.
    »Aber, aber, mein Freund«, schaltete sich Orsen Tafalla ein. »Die Theaterleitung hat uns

schließlich extra mitgeteilt, dass sie die Form der Publikumsbeschimpfung als nicht geeignetes

Marketinginstrument betrachtet! Hast du das Memo nicht gelesen?«
    Einige Umstehenden lachten unterdrückt.
    Alaska Saedelaere beobachtete fasziniert, wie sich zwischen den beiden Mimen eine nonverbale

Auseinandersetzung entspann, einzig durch ihre Körperhaltung und Mimik: auf der einen Seite Orsen

Tafalla, groß, stattlich, jovial, mit gutmütigem Spott; auf der anderen Seite der geradezu fragil

wirkende Gommrich Dranat, verkrampft, mit einem hasserfüllten Seitenblick auf den kleinen

Androiden.
    Mehrere Herzschläge lang schien die Zeit stillzustehen. Saedelaere und die anderen Umstehenden

starrten gespannt auf die Szene.
    Dann schnippte Orsen Tafalla mit zwei Fingern, ergriff einen mit Wein gefüllten Becher von

einem eifrig herbeieilenden Bediensteten und

Weitere Kostenlose Bücher