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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einsamer Gegend, am Fuße der Berge in der Nähe eines großen Sumpfes liege, welcher zur Regenzeit einen mehrere Stunden langen und ebenso breiten See bilde. Eine solche Lage macht es nicht nötig, daß die Sklavenjäger sich vorsichtig verstecken. Sie gehen vielmehr gerade auf ihr Ziel los.“
    „Aber da werden sie doch bemerkt!“
    „Nein, denn so weit nähern sie sich am Tag nicht.“
    „Wie aber, wenn ihnen Bewohner des Dorfes, welches überfallen werden soll, begegnen?“
    „Die läßt man nicht entkommen. Sie werden sofort niedergemacht oder gefesselt; sie können also nicht zurückkehren und die Ihrigen warnen. Die Sklavenjäger ziehen nie in einer kompakten Masse an. Ist man dem betreffenden Ort auf eine halbe Tagesreise nahe gekommen, so werden die geschicktesten Leute als Späher vorangesandt. Ihnen folgen andre, welche sich zerstreuen und eine Kette bilden, durch welche kein Feind schlüpfen kann. So umringt man von weitem das betreffende Negerdorf, ohne daß die Bewohner desselben es ahnen, und des Nachts wird der Überfall ausgeführt. Dieser geschieht meist so, daß die das Dorf umschließende Dornenhecke an vielen Stellen angebrannt wird. Sie steht sehr bald rundum in Flammen. Die Bewohner erwachen; sie können nicht entkommen, weil sie umringt sind. Wer von ihnen sich zur Wehr setzt, wird niedergeschossen. Überhaupt werden gewöhnlich alle Männer getötet, weil sie sich selten in ihr Schicksal fügen und also den Transport erschweren. Auch die älteren Frauen werden erschlagen, weil niemand sie kauft. Die Knaben, Mädchen und jungen Frauen bilden die erwünschte Beute. Auch die Herden sind hoch willkommen. Es kommt vor, daß man schon auf dem Rückweg nach der Seribah die erbeuteten Leute verkauft oder gegen Elfenbein vertauscht. Geht der Zug durch das Gebiet eines Stammes, welcher das Fleisch der Menschen demjenigen der Tiere vorzieht, so schlachten die Sklavenjäger die fettesten der erbeuteten Neger und verhandeln sie an die Menschenfresser.“
    „Herrgott! Ist so etwas denn möglich?“
    „Möglich? Herr, es ist wirklich und kommt sehr häufig vor. An den Zuflüssen des Bahr el Abiad und weiter nach Süd und West gibt es genug Völkerschaften, denen Menschenfleisch die größte Delikatesse ist. Ich keine einen Häuptling, welcher versicherte, daß nichts besser schmecke als die innere Fläche einer gebratenen Menschenhand. Er führte mit den benachbarten Völkern Krieg, nur um Gefangene zu machen, welche geschlachtet wurden; auch seine eigenen Toten und Schwerverwundeten wurden verzehrt. Die Hände derselben wurden ihm abgeliefert; die übrigen Körperteile überließ er seinen Untergebenen. Ich sprach mit einem Sklavenhändler, welcher behauptete, daß in Afrika die Menschenjagd täglich wenigstens sechstausend Opfer fordere, was für jedes Jahr weit über zwei Millionen ergibt. Dieser Mann kannte das Geschäft und hat mit dieser Schätzung sicher nicht zu hoch gegriffen. Ebrid Ben Lafsa, jener Halunke, welcher meinen Sohn raubte, erzählte uns, daß er nur am Bahr Kuta jage; er hatte also nur ein kleines Gebiet, und doch behauptete er, jährlich über tausend Sklaven zu fangen. Dazu kommen gewiß ebenso viele andre, welche dabei getötet werden.“
    „Woher war dieser Mensch eigentlich?“
    „Aus Bagirmi.“
    „Hast du dort nach ihm gesucht?“
    „Natürlich. Ich bin sofort hin und dann später noch viele Male dort gewesen; aber er hat sich nie wieder in dieser seiner Heimat sehen lassen.“
    „Würdest du ihn erkennen, wenn du ihm begegnetest, nach so vielen Jahren?“
    „Ja. Er hat ein Gesicht, welches man nie vergessen kann und dessen Ausdruck das Alter nicht zu verändern vermag. Doch schau einmal den dunklen Strich da vor uns. Ob das Bäume sind? In diesem Fall gibt es dort einen Chor, welcher von den Bergen kommt und stellenweise noch Wasser enthält. Das liefert einen Trunk für uns und die Tiere, welche vor Schwäche kaum weiter können.“
    Seine Voraussetzung hatte ihn nicht betrogen. Quer über die Richtung, welcher sie folgten, zog sich ein tiefes, breites Flußbett, von den Wassern gerissen, welche zur Regenzeit von den Pambisabergen herab dem Nil zuströmten. Solche im Sommer trockenen Flüsse werden, wie bereits erwähnt, Chor, im Plural Cheran, genannt.
    Als die beiden Reiter das Ufer desselben erreichten, befanden sie sich zwischen hohen Kafalahbäumen, von deren Stämmen und Ästen lose Epidermisfetzen hingen, welcher Umstand ihnen die botanische Bezeichnung

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