26 - Die Sklavenkarawane
nicht.“
„Er muß trotz seiner achtzehn Jahre ein außerordentlicher Charakter sein. Mein Herz klopft in freudiger und doch zugleich banger Erwartung, als ob es die Brust zersprengen wolle. Ich weiß, daß deine Leute in der Seribah auf dich warten sollen. Er wird bei ihnen bleiben, bis du kommst?“
„Natürlich! Ohne ihn könnte ich meine Reise nicht vollenden.“
„So gebe ich mein Suchen auf. Ich gehe jetzt mit dir nach Ombula, um die dortigen Leute zu warnen, und dann kehre ich in deiner Begleitung nach der Seribah Madunga zurück, um mit diesem ‚Sohn des Geheimnisses‘ zu sprechen. Ja, Herr, du hast recht gehabt, als du sagtest, man dürfe an der Gnade Allahs nicht verzweifeln, als du behauptetest, daß vielleicht gerade du es seist, durch den mir Hoffnung werden könne. Ich fühle diese Hoffnung jetzt in mir. Ich bin plötzlich ein ganz andrer, ein ganz neuer Mensch geworden. Und das habe ich nächst Allah dir zu verdanken. Wir wollen Freunde sein. Wir wollen die Gefahren unsres Weges redlich miteinander teilen und uns in keiner Not verlassen. Sag mir, ob du mein Freund, mein Bruder sein willst?“
„Gern, herzlich gern! Hier hast du meine Hand darauf.“ – Er reichte ihm die Hand entgegen. Der andre schlug ein und sagte: „Da ist auch die meinige. Weißt du, mit welchen Worten man einen Bund auf Leben und Tod schließt? Mit den Worten ‚es subhi l' es suhbi, el umr la umr‘ (Freundschaft gegen Freundschaft, Leben gegen Leben). Sag sie mir nach!“
Schwarz wiederholte diese Formel; dann schlang der Araber die Arme um ihn, küßte ihn und rief: „Jetzt sind wir eins, eine einzige Person. Du bist ich, und ich bin du. Wehe dem Feind, welcher dich oder mich beleidigt! Nun aber ist's genug der Aufregung. Setzen wir uns nieder, und dann magst du mir alles erzählen, was du von dem ‚Sohn des Geheimnisses‘ weißt.“
Sie nahmen wieder am Feuer Platz, und Schwarz begann, den verlangten Bericht zu erstatten. Er mußte den Jüngling auf das genaueste beschreiben und jedes Wort berichten, welches er mit demselben gesprochen hatte. Darüber verging eine lange Zeit, es wurde Mitternacht, und als dann der Stoff doch endlich ausgegangen war, mußte der Deutsche an die Ruhe denken, die ihm nach der Anstrengung der beiden Tage so nötig war.
„Schlafe in Allahs Namen!“ sagte der Araber. „Ich werde wachen und dich nicht wecken. Nach dem, was ich von dir erfahren habe, ist es mir unmöglich, ein Auge zu schließen. Du wirst das begreifen und dich also nicht weigern, mich an deiner Seite wachen zu lassen.“
Schwarz sah ein, daß bei dem aufgeregten Mann an Schlaf unmöglich zu denken sei, darum ging er ohne Widerrede auf den Vorschlag ein, wickelte sich fest in seine Decke und schloß die Augen.
ZEHNTES KAPITEL
In Sklavenfesseln
Die Nacht verging ohne jedwede Störung von außen her. Der Deutsche wurde nicht geweckt; er erwachte von selbst, als der Moslem bei Tagesanbruch laut seine Morgenandacht verrichtete. Die Feuer glimmten noch, und in der heißen Asche derselben wurden aus dem mitgebrachten Mehl eine Anzahl der landesüblichen Fladen gebacken, welche für den ganzen Tag ausreichten, zudem auch noch ein Stück der gestern gebratenen Gans übrig war.
Während der Araber diese Arbeit verrichtete, fütterte und tränkte Schwarz die Kamele. Dann wurde aufgebrochen.
Dem Elefantenjäger war keineswegs anzusehen, daß er die ganze Nacht nicht geschlafen hatte. Er sah fast jünger aus als gestern und behauptete, seit langen Jahren sich nicht so wohl befunden zu haben wie heute. Von so großem Einfluß ist der Gemütszustand eines Menschen auf seinen Körper!
Die beiden waren überzeugt, daß sie die Sklavenjäger um die Mittagszeit einholen würden. Es sollte aber anders kommen. Als sie den Maijeh hinter sich hatten, führte die Fährte, welcher sie folgten, wieder in die Nähe des Flusses. Dort stand ein dichter Wald, welcher zahlreiche Büsche als Vorposten in eine grasreiche Ebene sandte. Zwischen diesen Sträuchern schlängelte sich die Fährte hin.
Hier auf dem verhältnismäßig leichten Boden sah man deutlicher als bisher, aus wie viel Spuren dieselbe bestand; sie wurde bedeutend breiter. Die vielen Rinder, welche die Brandstifter der Seribah mitgenommen hatten, waren hier, wo die Büsche ihnen Leckereien boten, schwer zusammenzuhalten gewesen.
Die beiden Männer ritten, sich laut unterhaltend, nebeneinander. Sie hatten keine Veranlassung, in dieser vermeintlichen Einsamkeit ihre
Weitere Kostenlose Bücher