26 - Die Sklavenkarawane
damit auf die Neger schießen?“
„Was soll ich sonst damit wollen!“
„So hänge es getrost wieder um! Ich will nicht durch eine solche Belehrung den Tod dieser Menschen verschulden.“
„Hund! Wirst du gehorchen oder nicht?“
„Nein!“
„Ich töte dich!“
„Immerzu!“
Abd el Mot besann sich, hing das Gewehr wieder um und sagte: „Jetzt nicht. Du wirst deine Strafe erst später empfangen. Vorwärts!“
Zwei Mann nahmen Schwarz und zwei andre den Emir bei der Gabel und zogen sie mit sich fort. Die andern folgten leise, bis sich eine hohe dunkle Masse vor ihnen erhob, welche nach beiden Seiten mauerähnlich in der Finsternis verlief. Das waren die Dornhecken, von denen bekanntlich zwei, eine innere und eine äußere, das große Dorf Ombula umgaben.
Schwarz hatte während des ganzen Marsches bis hierher nachgedacht, ob es nicht doch ein Mittel gebe, das Dorf zu retten; aber es war ihm keins eingefallen. Jetzt kam ihm ein Gedenke, aber ein Gedanke, dessen Ausführung ihm unbedingt das Leben kosten mußte. Dennoch war er entschlossen, sein Leben für dasjenige vieler zu opfern.
„Ich rette das Dorf doch noch“, raunte er dem Emir zu.
„Wie denn?“ flüsterte dieser.
„Ich werde mit aller Macht meiner Stimme schreien, daß man es durch ganz Ombula hört und alle Schläfer davon erwachen.“
„Allah behüte dich! Du gibst dein Leben hin, ohne einen einzigen zu retten. Das Dorf ist eingeschlossen, und kein Mensch kann entkommen. Dein Rufen würde das Elend nur erhöhen, denn es ist besser, im Schlaf als im Wachen erschlagen zu werden.“
Das waren triftige Gründe; dennoch öffnete Schwarz bereits den Mund, um seinen todesmutigen Vorsatz auszuführen, als einer der Unteroffiziere hereinkam, um dem Anführer zu melden: „Es kann beginnen. Alle stehen bereit. Die Wächter des Eingangs sind still umgebracht worden, und auch der Pferch der Tiere ist umstellt.“
Da mußte Schwarz freilich einsehen, daß sein Opfer vollständig nutzlos gewesen wäre.
„Brenn an, den andern zum Zeichen“, gebot Abd el Mot dem Mann.
Dieser kauerte sich nieder – ein leiser Klang von Stahl und Stein – ein springender Funke – eine glimmende Flintenlunte und dann ein kleines Flämmchen, welches rasch anwuchs, sich zerteilte und dann in zehn, zwanzig Zickzackschlangen an der ausgedorrten Hecke emporlief. Wenige Sekunden später stand an dieser Stelle die Einfriedigung bereits mehrere Meter breit in Flammen, welche so schnell weiterliefen, als ob der Zaun aus geöltem Papier bestanden hätte.
Zur Rechten und zur Linken, fern und nahe, zuckten gleiche Flammen auf. Nach Verlauf von zwei Minuten stand die Umzäunung des ganzen Dorfes in hellen, haushoch emporschlagenden und keine Lücke lassenden Flammen. Von jenseits erschallten angstvolle Rufe, von Schüssen beantwortet.
„Die Wächter bei den Herden sind erwacht; sie werden erschossen“, erklärte Abd el Mot mit teuflischer Freude. „Jetzt geht es los. Ihr werdet die Dscharahdin gleich winseln hören.“
Ein starker Luftzug, von den Flammen aufgeweckt, begann zu wehen, und die Stimme des Feuers ging wie das Brausen einer fernen Brandung durch die grell erleuchtete Nacht. Hierein mischten sich einzelne Schreie, welche den Lippen derer entsprangen, die durch die Schüsse aus dem Schlaf geweckt wurden. Die Bewohner des Dorfes waren erwacht. Sie sprangen aus ihren Tokuls und erkannten mit Entsetzen, daß die Umzäunung brannte. Noch war ihnen die ganze Größe ihres Unglücks verborgen.
Sie weckten die noch Schlafenden, um im Verein mit ihnen das Feuer von ihren Hütten abzuwehren. Aber die umherfliegenden Funken fielen auf die aus dürrem Schilf bestehenden Dächer und steckten diese trotz aller Bemühungen der Bewohner in Brand. Bald standen sämtliche Tokuls in Flammen. Die Neger konnten es in der Glut nicht aushalten. Aber wohin? Durch die brennende Umzäunung konnten sie nicht ins Freie; Auswege gab es nur durch die Tore. Diese pflegten des Tages offenzustehen und des Nachts mit Schilfmatten verhängt und durch Krieger bewacht zu werden. Diese letzteren waren von den Sklavenjägern aber überrascht und ermordet worden. Die Matten hatten sich schnell in Asche verwandelt, da sie aus einem Material bestanden, welches vom Feuer in wenigen Augenblicken verzehrt wird. Darum waren die Tore die einzigen Punkte, wo man aus der alles versengenden Glut hinaus ins Freie konnte. Diesen Stellen eilten die Unglücklichen zu.
Aber die Sklavenjäger hatten das
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