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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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werde.
    An einen Schlaf war nicht zu denken, weder bei den Gefangenen noch bei den Sklavenjägern. Diese letzteren hatten noch nie einen so reichlichen Fang gemacht. Beinahe tausend Sklaven, ohne das Vieh, welches eine ebenso wertvolle Beute war! Das machte diese Menschen beinahe wonnetrunken. Sie jubelten, lachten und scherzten und erzählten einander die Heldentaten, welche sie ausgeführt hatten, indem sie die fliehenden Männer erschossen, erstachen oder niederschlugen.
    Abd el Mot war stolz auf das Gelingen seines Raubzuges; er befand sich in der heitersten Laune. Die Folge davon war, daß er in fast freundlichem Ton zu dem Deutschen sagte: „Ihr werdet Hunger haben. Soll ich euch zu essen geben lassen?“
    „Nein“, antwortete Schwarz. „Ich bin satt, vollständig satt. Wer könnte jetzt ans Essen oder Trinken denken!“
    „Ganz wie du willst! Freust du dich nicht, so viele Gefährten bekommen zu haben, denen du dein Unglück klagen kannst?“
    „Spotte immerhin! Ich bin glücklicher als du. Wenn du einst über es Ssiret, die Brücke des Todes, gehst, werden die Seelen der heute Ermordeten dich in die grausigste Tiefe ziehen, und weder Allah noch dein Prophet wird sich deiner erbarmen. Mir graut vor dir!“
    „Du bist sehr aufrichtig. Eigentlich sollte ich dich dafür bestrafen, aber mein Herz ist heiter gestimmt, und so will ich dir verzeihen. Ich will dir sogar den Beweis einer Güte geben, zu welcher ich mich sonst nur schwer zu verstehen pflege. Ihr werdet ermüdet sein und der Ruhe bedürfen. Die Schebah hindert euch, zu schlafen. Ich will sie euch abnehmen lassen und hoffe, daß ihr mir für diese Gnade danken werdet.“
    Er gab einigen seiner Leute den betreffenden Befehl. Diese nahmen den beiden die Gabeln vom Hals, doch erstreckte sich die gewährte Erleichterung nicht so weit, wie Schwarz vermutet hatte. Er mußte sich vielmehr mit dem Rücken auf die Schebah legen und wurde mit derselben so zusammengebunden, daß er lang ausgestreckt am Boden lag und sich nicht bewegen konnte. Dem Emir erging es ebenso. Dann mußte sich ein Soldat zwischen sie setzen, um sie während der Nacht zu bewachen.
    Diese Nacht war die schrecklichste, welche Schwarz jemals erlebt hatte. Er vermochte kein Auge zuzutun, und wenn er die Lider ja einmal schloß, so führte die aufgeregte Phantasie die erlebten Szenen an seinem Inneren vorüber. Die wenigen Stunden bis zum Morgen wurden ihm zur Ewigkeit, und er war unendlich froh, als der erste Schimmer des Tages die Sterne erbleichen ließ.
    Aber wenn er der Ansicht gewesen war, daß der Tag ihn weniger Grausamkeiten werde sehen lassen als die Nacht, so hatte er sich geirrt.
    Zunächst verrichteten die Sklavenjäger ihr Morgengebet. Dann wurde die Fahne aufgesteckt, und der Fakir las, an derselben stehend, die Sure des Sieges vor. Hierauf wurden mehrere Rinder und viele Schafe geschlachtet, um als Festspeise verzehrt zu werden. Die Gefangenen mußten die Orte angeben, wo ihre Matmurah und Siebah lagen.
    Unter Matmurah versteht man große, tiefe Graben, in denen die Durrha aufbewahrt zu werden pflegt. Siebah sind kleine, auf Steinen errichtete und gut zugedeckte zylindrische Bauten, welche dem gleichen Zweck dienen.
    Man schaffte ganze Haufen von Durrha herbei, welche die gefangenen Frauen mahlen mußten, um dann Kisrah daraus zu backen und Merissah zu bereiten. Für Abd el Mot, die Unteroffiziere und einige Soldaten, welche sich besonders ausgezeichnet hatten, wurde Mararah gebraten.
    Diese gilt im ganzen Sudan als großer Leckerbissen und wird aus der Leber, den Gedärmen und der Galle bereitet. Diese letztere Zutat läßt es ganz selbstverständlich erscheinen, daß die Mararah einem Europäer unmöglich munden kann.
    Während diese Vorbereitungen getroffen wurden, ereignete sich etwas, was Schwarz mit Schauder erfüllte. Die Gefangenen sollten natürlich nach der Seri-bah Abu el Mots transportiert werden. Kleinere Kinder waren dabei hinderlich und unbequem. Darum gab Abd el Mot den Befehl, alle Kinder, welche das Alter von vier Jahren noch nicht erreicht hatten, zu töten. Die Aufregung, welche dieses Gebot bei den unglücklichen Müttern hervorbrachte, läßt sich gar nicht beschreiben. Sie wollten die Kinder nicht hergeben; sie wehrten sich wie die Löwinnen, doch vergeblich. Man bezwang sie mit der Peitsche. Als dieses unmenschliche Morden getan war, wurde die übrige Menschenbeute in der bekannten Weise aneinander gebunden, und dann erst ordnete sich die ganze

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