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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vorberechnet und sich in ausreichender Anzahl dort postiert. Jeder erwachsene Belanda, welcher vor einem der Tore erschien, wurde sofort erschossen; dasselbe Schicksal erlitten die alten Frauen. Die jüngeren Personen riß oder schlug man nieder und band sie mit Stricken, welche zu diesem Zweck in großem Vorrat auf den Lasttieren mitgebracht worden waren.
    Die Szene, welche das gab, läßt sich unmöglich beschreiben. Männer kamen gesprungen, mit Kindern auf den Armen, die sie retten wollten. Sie stürzten, von den Kugeln getroffen, nieder, und dann riß man die Kinder aus ihren Armen. Hier kam eine alte Frau durch das Tor gerannt, laut aufjubelnd, daß sie dem Feuer entgangen war; in demselben Augenblick wurde sie mit dem Kolben niedergeschmettert. Ein junges Weib flüchtete sich, zwei Knaben nach sich ziehend, durch das Tor. Die Kinder wurden ihr sofort entrissen; sie selbst warf man sofort nieder, um sie an Händen und Füßen zu binden. Ein stämmiger Neger, welcher in weiten Sätzen zwischen den brennenden Tokuls nach dem Tor rannte, wurde von der Kugel nicht tödlich getroffen. Er erhielt mit dem Flintenlauf einen Stoß vor den Magen, so daß er niederstürzte; dann schnitt man ihm die Achillessehne durch, so daß der Ärmste nicht entspringen konnte.
    Es geschahen ähnliche und noch viel schlimmere Taten, so daß sich die Feder sträubt, sie zu beschreiben. Aus den einzelnen Schreien, welche man zuerst gehört hatte, war ein allgemeines Geheul und Gebrüll geworden. Die Neger hatten erkannt, daß sie es nicht mit einem zufällig ausgebrochenen Feuer, sondern mit einer Ghasuah zu tun hatten, welcher sie nicht entrinnen konnten. Die Männer wußten, daß sie dem unerbittlichen Tod verfallen seien. Viele von ihnen rotteten sich zusammen, um kämpfend zu sterben. Da sie aber keine Zeit gefunden hatten, ihre Waffen dem Feuer zu entreißen, so waren sie nur auf ihre Fäuste angewiesen und wurden schnell niedergemetzelt. Andre hatten ein Messer gefunden und benützten dasselbe, sich selbst den Tod zu geben, indem sie sich damit erstachen. Einige sprangen freiwillig in die lodernden Flammen und rissen ihre Frauen oder Kinder mit hinein, um sie vor der Sklaverei zu retten.
    Schwarz war es unmöglich, solche Szenen anzusehen. Er wandte sich ab. Er fühlte sich unbeschreiblich unglücklich, nicht etwa aus Sorgen um sich selbst, sondern weil er gezwungen war, Zeuge dieser Grausamkeiten zu sein. Das Heulen der unglücklichen Neger, das Jauchzen der Sklavenjäger wollte ihm die Besinnung rauben. Die letzteren kamen ihm im Schein der lodernden Flammen wie Teufel vor, welche um die Seelen der Verdammten ihre höllischen Reigen tanzen. Hätte es ihm ein Wort gekostet, sie alle in den Tod zu schicken, er hätte es getan, ohne sich ein Gewissen daraus zu machen.
    Als seit dem Aufzucken der ersten Flamme eine halbe Stunde vergangen war, sah man das grausige Werk vollendet. Es erschien kein Neger mehr, um sich aus den Flammen zu retten. Wer sich nicht in den Händen der Sklavenjäger befand, war von denselben getötet worden oder im Feuer umgekommen.
    Draußen vor dem brennenden Dorf befanden sich die erbeuteten Herden, von einer Anzahl Asaker bewacht. Die andern hüteten die Gefangenen. Diese befanden sich in einem Zustand teils der größten Aufregung, teils der tiefsten Niedergeschlagenheit. Die meisten saßen am Boden, still weinend oder lautlos vor sich hin starrend. Andre rasten zwischen diesen umher, gebärdeten sich wie wahnsinnig und brüllten vor Verzweiflung wie wilde Tiere. Sie wurden mit der Peitsche sehr bald zur Ruhe gebracht.
    Nun gebot Abd el Mot, die Beute zu zählen. Die Unteroffiziere gingen umher, um die Gefangenen mit Kennerblicken zu mustern. Die einzelnen ‚Arten‘ wurden voneinander geschieden und zu Gruppen vereinigt. Man hatte gegen vierhundert Knaben, ebensoviel Mädchen und fast zweihundert jüngere Frauen erbeutet. Außerdem gab es noch viele kleine Kinder, welche man ihren Müttern einstweilen noch ließ. Im ersten Augenblick war es notwendig gewesen, den Gefangenen auch an die Füße Fesseln zu legen; dann aber hatte man sie von denselben befreit, um ihnen die notwendigste Beweglichkeit zu gestatten. Sie wurden wieder zusammengetrieben und mußten sich niedersetzen. An die Flucht dachte keiner dieser unglücklichen Personen. Sie waren ja rund von bewaffneten Männern umstellt, und man hatte ihnen gedroht, daß, wer es wage, von seinem Platz auch nur aufzustehen, augenblicklich erschossen

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