26 - Die Sklavenkarawane
sprach, sich im Deutschen ausdrücken werde. „Versuchen Sie es, und sagen Sie mir da einmal gleich, was ihr Vater gewesen ist!“
Der Gefragte antwortete mit strahlendem Gesicht, nun in deutscher Sprache: „Vatterr meiniges hatt Musika gewest. Macht dilideldum, dilideldei.“
„Auf welchem Instrument?“ fragte der Arzt, der sich nur schwer des Lachens erwehren konnte.
„Hatt blaste Klarniett: Viviviva viviviva!“
Er hielt die beiden Hände vor den Mund und ahmte die Klänge der Klarinette täuschend nach.
„Da haben Sie wohl auch ein Instrument zu blasen gelernt?“
„Nein. Mund meiniger hatt nicht paßte dazu.“
„Und wie ist Ihr eigentlicher Name?“
„Hab ich heißte Uszkar Istvan.“
„Also zu deutsch Stephan Pudel, wenn ich mich nicht irre, da ich zufälligerweise das Wort Pudel kenne. Ein ominöser Name hier in einem mohammedanischen Land, wo das Wort Hund als größte Beschimpfung gilt. Sie hätten dieses Uszkar Ihren Gefährten nicht übersetzen sollen.“
„Serr richtig! Aber wie heißen Sie, Pane Doktorr?“
„Ich heiße Emil Schwarz und bin hier, um die Fauna und Flora des Landes zu studieren und in möglichst vielen Präparaten mit nach Hause zu nehmen.“
„Fauna und Florra! O, das seinte gut Latein! Auch ich verstehe Latein. Latein meiniges ich hatt lernte bei Pane Wagner. Fauna heißte Pflanz, und Flora heißte Vieh.“
„Oder umgekehrt“, lachte Schwarz.
„Umgekehrt auch richtig, beides richtig! Ich bin viel gewest in Sudan. Ich hatt sehnte das ganze Florra und Fauna. Wenn Sie brauchte ein Dienerr, ich sehr gern wernte Dienerr Ihriges.“
„Wirklich?“
„Ja, Pane Doktorr. Ich nicht willnte mehr handeln im Sudan, und ich nicht mehr magte sein ein Dschellabi. Sie mich könnte brauchte sehr gut. Ich Sie wollte unterrstützte mit Latein meiniges und machte kleb an die Etiketten an Präparaten Ihrige.“
„Dieses Anerbieten ist mir nicht unwillkommen, und ich werde – – –“
Er hielt inne. In der Ferne war ein Ton erklungen, welcher sofort die Aufmerksamkeit aller in Anspruch nahm.
„Was war das?“ fragte Schwarz, sich in arabischer Sprache an die Dschellabi wendend. „Doch unmöglich Donner? Jetzt im Sef (heiße Jahreszeit) gibt es doch wohl kein Gewitter.“
„Nein, Donner war es nicht“, antwortete der Slowak, auch in arabischer Sprache, welche er nicht so schlimm radebrechte wie die deutsche.
„Was war es sonst?“
„Es war der Aslan, der ‚Herr der Herden‘.“
„Der Löwe? Also gibt es hier doch welche!“
„Es scheint so, und der ‚Herr mit dem dicken Kopf‘ wird hierherkommen, denn er hat unsre Feuer gesehen.“
„So zeitig? Ich habe geglaubt, daß er erst um oder gar nach Mitternacht sein Lager verlasse.“
„Wenn er Hunger hat, geht er früher aus.“
Diese Fragen und Antworten waren mit lauter, vernehmlicher Stimme gegeben worden. Da kam der Scheik vom andern Feuer herbeigeeilt und sagte mit leiser Stimme und in ängstlichem Ton: „Um Allahs willen, sprecht nicht so laut, sonst hört er es und kommt herbei. Dann sind wir alle verloren. Horcht!“
Es erscholl derselbe Laut wieder. Er klang dem Rollen eines schweren Wagens, welcher über eine hölzerne Brücke fährt, sehr ähnlich. Die Kamele zitterten, und die Esel drängten sich zusammen.
„Das also, das ist der Löwe!“ sagte Schwarz, mehr zu sich selbst als zu den andern. „Endlich, endlich höre ich seine Stimme in der Freiheit.“
„O, das ist seine volle und richtige Stimme noch nicht“, meinte der Slowak. „Er versucht sie erst. Er hat Hunger und ist mißmutig; er knurrt einstweilen.“
„Hast du ihn auch schon gehört?“
Er bediente sich, dem arabischen Sprachgebrauch angemessen, wieder des Du.
„Gehört und auch gesehen, und zwar sehr oft.“
„Ohne von ihm angefallen zu werden?“
„Er hat mir nie etwas getan. Es gibt viele feige und wenig wirklich stolze und kühne Löwen. Die feigen kommen heimlich geschlichen und führen den Raub so leise aus, daß man erst am Morgen den Tod oder das Fehlen seines Opfers bemerkt. Ein kühner Löwe aber tritt gleich laut aus seinem Lager. Er sagt es aufrichtig, daß er Hunger hat und jetzt auf Raub ausgehen will. Er nähert sich dem Ort, dem er seinen Besuch zugedacht hat, nur langsam und brüllt dabei von Zeit zu Zeit, damit man sich genau berechnen könne, wann er erscheinen wird. Einen Löwen, der das tut, hält keine Gefahr ab, den Überfall auszuführen.“
„Wir haben es höchstwahrscheinlich mit so
Weitere Kostenlose Bücher