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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Genannten aber waren bei Schwarz geblieben; sie halfen ihm das andre Feuer auslöschen. Eben, als sie damit fertig waren, ließ sich der Löwe wieder hören, aber dieses Mal in ganz andrer Weise als bisher.
    Ja, das war ein wirkliches Gebrüll, erst dumpf rollend wie ein unter den Füßen hingehendes Erdbeben, dann anschwellend bis zum mächtigen, in der stillen Nacht wohl meilenweit hörbaren Brustton, welcher in einen durch Mark und Bein schneidenden, wahrhaft satanischen Kehllaut überging, um in einem langgezogenen und nach und nach ersterbenden Donner, unter welchem die Erde zu erzittern schien, wie in weiter Ferne zu verhallen.
    Das war der wirkliche Macht- und Kampfesruf des Königs der Tiere gewesen, und Schwarz erkannte nun, warum die Araber ihm so oft den Namen Abu Rad, ‚Vater des Donners‘, geben.
    „Er ist höchstens nur noch tausend Schritte entfernt!“ hörte man den Scheik sagen. „Allah il Allah we Mohammed rassuhl Allah! Betet leise die heilige Fatiha und dann laut die Sure der ‚Zerreißung‘, welche die vierundachtzigste des Korans ist! Das Verderben wird nur noch fünf oder sechs Minuten lang das Lager umschleichen und dann über uns hereinbrechen.“
    Die Kamele zitterten und stöhnten vor Angst. Sie lagen eng nebeneinander auf der Erde, die Hälse lang und fest an den Boden geschmiegt. Die Esel schlugen um sich und versuchten, sich loszureißen.
    Schwarz hatte seinen größeren Hinterlader zur Hand gekommen, der Ungar seine Riesenbüchse und Ali einen langen, starken, eisenbeschlagenen Spieß, welcher seine einzige Waffe bildete.
    „Zieht euch jetzt zurück!“ flüsterte der erstere den beiden andern zu.
    „Herr, du allein vermagst es nicht“, antwortete der Slowak.
    „Sorge dich nicht um mich! Zu deiner Beruhigung will ich dir sagen, daß ich auf den Jagdgefilden Nordamerikas noch größere Gefahren glücklich überstanden habe.“
    „Das mag sein; aber ich habe dich liebgewonnen und werde dich nicht verlassen.“
    „Du wirst mir mit deinem Feuerprügel nur Schaden machen!“
    „O nein, Herr. Es ist mein Katil elfil (Elefantenmörder), dessen Kugel dem Löwen durch den ganzen Körper gehen wird. Sag, was du willst, ich bleibe bei dir!“
    Sein Ton war ein so entschlossener, daß Schwarz einsah, der treue, mutige, kleine Kerl lasse sich gewiß nicht abweisen. Der Augenblick der Entscheidung nahte, es dürfte keine Sekunde durch zwecklose Reden vergeudet werden. Darum sagte der Doktor: „Nun gut, so halte dich an meiner Seite, aber schieß ja nicht eher, als bis ich selbst zwei Kugeln abgegeben habe.“
    Er untersuchte sein Gewehr noch einmal, trat um vielleicht zehn Schritte vor und legte sich dann lang auf den Boden nieder, den linken Ellbogen auf die Erde gestemmt, um in dem Vorderarm einen festen Stützpunkt für den Lauf zu haben.
    Als der Slowak sich in gleiche Stellung neben ihm niedergelassen hatte, hörten sie hinter sich ein leises Geräusch. Sie sahen sich um und erblickten Ali, den ‚Vater des Gelächters‘, welcher hart hinter ihnen auf einem Knie ruhte, in beiden Händen die Lanze, mit der Spitze nach vorn gerichtet, das andre Ende fest in den Boden gestoßen, so daß sie selbst durch einen starken Anprall nicht aus ihrer die an der Erde Liegenden beschützenden Lage gebracht werden konnte.
    „Was willst denn du?“ fragt Schwarz fast zornig.
    „Wenn ihr ihn nicht sofort tötet, wird er durch die Luft nach euch springen!“ antwortete der Gefragte. „Dann schnellt euch von hier fort, und ich fange ihn mit der Lanze auf, daß er sich spießt.“
    Schwarz wollte antworten, wurde jedoch durch ein abermaliges Brüllen des Raubtieres daran verhindert. Es klang jetzt fast noch schrecklicher als vorher und ganz nahe. Der Löwe war gewiß nicht mehr hundert Schritt von ihnen entfernt.
    Da mußte selbst den Kühnsten ein Grauen überlaufen, doch die Nähe der Entscheidung macht das Auge und den Arm des Mutigen sicher und läßt sein Herz noch ruhiger als vorher schlagen.
    „Zitterst du?“ fragte der Ungar.
    „Nein“, antwortete Schwarz.
    „Ich auch nicht. Er kann kommen!“
    Die drei hatten hinter sich das Lager. Dort brach der Löwe höchstwahrscheinlich nicht ein, da das Feuer ihn zurückschreckte. Zu ihrer Linken lag der Weiher, und zur Rechten stieg der Fels empor. Zwischen diesen beiden lag ein vielleicht fünfzehn Fuß breiter Raum, in dessen Mitte sie sich befanden. Bewährte sich ihre Voraussetzung, daß das Raubtier von dieser Seite kommen werde, so konnte

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