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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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es ihnen nicht entgehen; es mußte an ihnen vorüber oder über sie hinweg.
    Schwarz hatte seine Schutzbrille abgenommen und hielt das vor ihm liegende Terrain scharf im Auge. Da – sie schraken wirklich zusammen – ertönte das Brüllen jenseits des Wassers, hart am Rande desselben, nicht zwanzig Schritt von ihnen entfernt.
    „Jetzt aufgepaßt!“ flüsterte der Slowak.
    Die Gefahr verdoppelte die Schärfe ihrer Augen. Das Gehör war ihnen nichts mehr nütze, denn infolge des letzten Gebrülls fing der Scheik jetzt an, mit lauter Stimme die vorhin von ihm bezeichnete Sure zu beten: „Im Namen des allbarmherzigen Gottes. Wenn der Himmel zerreißt, pflichtgezwungen und seinem Herrn gehorchend, wenn die Erde sich ausdehnt und herauswirft, was in ihr ist, dann, o Mensch, wirst du dich bemühen, zu deinem Herrn zu gelangen – – –“
    Während er in jammerndem Ton fortfuhr, hätte Schwarz ihn am liebsten niederschlagen mögen. Seine laute Stimme machte die leisen Schritte des Löwen unhörbar und konnte infolgedessen sehr leicht die Ursache des Verderbens der drei mutigen Männer sein.
    Nun mußten die Augen doppelt angestrengt werden. Aber nicht sie waren es, welche den mächtigen Feind zuerst bemerkten, sondern der Geruch überzeugte die peinlich Wartenden, daß der Augenblick der Entscheidung gekommen sei. Jene scharfe, penetrante Ausdünstung, welche den Raubtieren eigen ist und in jeder Menagerie beobachtet werden kann, erfüllte plötzlich die Luft, und da – da trat er um das dichte Gestrüpp, nicht schleichend nach Tiger- oder Pantherart, sondern stolz aufgerichtet, langsamen und sicheren Schritts wie ein Herrscher, der sich in seinem Reich weiß und es verschmäht, das, was er durch offenen Befehl erlangen kann und muß, durch niedrige Heimlichkeit zu erreichen.
    Seine weitgeöffneten Augen durchforschten den Rand des dichten Buschwerks nach einem Durchweg zu der gesuchten Beute. Da fiel sein Blick auf die drei bewegungslosen Gestalten. Er zuckte und warf sich schnell auf die Erde nieder, um den Feinden nicht die leichtverletzliche Brust zu bieten. Dann musterte er sie mit einem großen, mächtigen Blick.
    Schwarz empfand ein Gefühl, als ob man ihm mit einem Eiszapfen über das Rückgrat streiche, doch gelang es seiner Willenskraft, dasselbe zu überwinden. Er hatte die Berichte berühmter Löwenjäger gelesen, und er kannte daher das Benehmen des Tieres in einer Situation wie die gegenwärtige.
    Tut der Löwe den Sprung nicht sofort, nachdem er den Feind erblickt hat, so legt er sich nieder, die hinteren Pranken eingezogen und die vorderen nach vorn gestreckt. Er schließt die Augen fast ganz und betrachtet den Feind durch einen dünnen Spalt der Lider. Hat er seinen Entschluß gefaßt, so hebt er den Hinterkörper ein wenig empor, um dadurch die Schnellkraft seiner Schenkelmuskeln zu erhöhen, seine Augen öffnen sich langsam, und in dem Moment, wo die Lider ganz emporgezogen sind und die sich wie ein Feuerrad bewegende Pupille voll zu sehen ist, tut er den verderblichen Sprung.
    Der Schütze muß auf eins der geöffneten Augen zielen und kurz vor dem Moment des Sprunges abdrücken. Der Löwe tut, durch das Auge in das Gehirn getroffen, seinen letzten Sprung und erhält dabei den zweiten Schuß, noch während er in der Luft schwebt, in das Herz. In demselben Augenblick muß sich der Jäger weit zur Seite werfen, um nicht von den Tatzen des verendenden Tieres noch ergriffen und verwundet zu werden.
    Ganz entgegengesetzt dieser Theorie hielt dieses Tier die Augen geöffnet und sandte einen so langen, langen Blick herüber, als könne es sich ganz und gar nicht erklären, was für Geschöpfe es vor sich habe.
    Das wollte Schwarz benutzen. Er richtete den Lauf seines Gewehres nach dem Kopf des Löwen, um demselben einen Schuß in das Licht zu geben. Aber da schloß das Tier die Augen und knurrte grimmig, als ob es die Absicht des Schützen ganz genau kenne.
    Es dauerte eine lange Zeit, bevor es die Lider wieder öffnete, aber nur ganz wenig. Dennoch glühte es zwischen denselben in einem Schein hervor, welcher demjenigen einer hellgrünen Papierlaterne glich.
    Die Sterne leuchteten so hell hernieder, daß man den Löwen ganz deutlich sah. Er lag hart auf dem Boden, den Kopf auf die Vorderpranken gesenkt und den langen Schwanz gerade ausgestreckt. Schwarz sah ein, daß er mit dem Schuß nun noch warten müsse, bis das Raubtier die Augen weiter öffnete und den Hinterleib erhob, um sich zum Sprung

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