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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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koptischer?“
    „Nein.“
    „Aber was sonst für einer? Ich hätte es nie für möglich gehalten, daß ein Beni Homr ein Christ sein könne.“
    „Ich bin kein Homr, auch kein Araber, überhaupt kein Orientale, sondern ein Europäer.“
    „Mein Gott, ist's möglich? Ich auch, ich auch!“
    „Aus welchem Lande?“
    „Aus Ungarn. Ich bin ein Magyar. Und –“
    „Davon später. Meine Begleiter sind mir weit voran, und ich habe alle Veranlassung, ihnen nicht zu trauen. Ich muß ihnen schnell nach. Nun du gehört hast, daß ich auch ein Europäer bin, wirst du wohl bereit sein, bei mir zu lagern?“
    „Von ganzem Herzen gern. Welch eine Freude, welche eine Wonne für mich, dich hier getroffen zu haben! Nun können wir von der Heimat sprechen. Laßt uns schnell reiten, damit wir die Homr einholen und den Brunnen schnell erreichen!“
    Es ging vorwärts, so schnell die Esel laufen konnten, und sie liefen sehr gut. Diese Tiere sind in südlichen Gegenden ganz andre Geschöpfe als bei uns. Ein ägyptischer Esel trägt den stärksten Mann und galoppiert mit ihm so lange Zeit, als ob er gar keine Last zu tragen habe. Nach einer Viertelstunde waren die Araber erreicht. Sie sagten zu den Dschellabi kein Wort, nicht einmal eine Silbe der Begrüßung. Da diese acht Männer jetzt zugegen waren, war es unmöglich, den Fremden niederzuschießen, wie man vorher gewillt gewesen war.
    Still ging es weiter. Der kleine Ungar machte keinen Versuch, sich mit dem ‚Vater der vier Augen‘ zu unterhalten. Es wäre das nicht gut gegangen, da der eine auf dem hohen Hedschihn und der andre auf dem kleinen Esel saß.
    Die Sterne des Äquators waren aufgegangen, und ihr intensives Licht leuchtete fast so hell wie der Mond, welcher jetzt nicht zu sehen war, da er in der Phase der Verdunkelung stand.
    Nach einiger Zeit sah man eine Bodenerhebung liegen, welche schroff aus der Erde stieg. Der Sternschimmer verlieh ihr ein gespenstiges Aussehen.
    „Dort ist der Bir Aslan“, sagte der Ungar. „In fünf Minuten werden wir dort sein.“
    „Schweig, Dschellabi!“ fuhr der Scheik ihn an. „Wann du dort sein willst, das kommt allein auf uns an. Noch haben wir dich nicht eingeladen, uns zu begleiten.“
    „Dessen bedarf es gar nicht. Wir gehen ohne Einladung hin.“
    „Wenn wir es euch erlauben!“
    „Ihr habt gar nichts zu erlauben. Der Brunnen ist für alle da, und übrigens befindet ihr euch in Feindesland.“
    „Allah iharkilik – Gott verbrenne dich!“ murmelte der Homr, sagte aber weiter nichts.
    Der Dschellabi schien von Haus aus kein furchtsames Kerlchen zu sein, und seit er wußte, daß der erst für einen mohammedanischen Scheik gehaltene Fremde ein europäischer Christ sei, fühlte er sich noch weniger geneigt, sich von den Arabern bevormunden zu lassen.

DRITTES KAPITEL
    An der Quelle des Löwen
    Die Karawane langte bei dem Felsen an, an dessen Fuß sich der Bir befand. Dieser war kein laufendes Wasser; er bestand in einem kleinen, von dichtem Mimosengebüsch umgebenen Weiher, welchen eine nicht sichtbare Wasserader speiste. Man stieg ab. Während einige die von ihren Lasten befreiten Tiere tränkten, sammelten die andern dürres Geäst, um ein Feuer zu machen. Als es brannte, setzten sich die Homr so um dasselbe, daß für die Dschellabi kein Platz blieb. Der Ungar verlor kein Wort darüber. Er trug Holz nach der andern Seite des Wassers, brannte dort ein Feuer an und rief dem ‚Vater der vier Augen‘ zu: „Nun magst du dich entscheiden, bei wem du sitzen willst, bei ihnen oder bei uns.“
    „Bei euch“, antwortete er. „Nehmt dort die Satteltasche, welche meinen Proviant enthält! Ihr seid meine Gäste. Wir können alles aufessen, da wir morgen nach Faschodah kommen.“
    „Da irrt er sich“, flüsterte der Scheik den Seinen zu. „Er verachtet uns und zieht diese Erdferkel vor. Wir wollen so tun, als ob wir es nicht beachteten. Aber beim Anbruch des Tages wird er in der Dschehennah heulen. Mag er jetzt noch einmal, zum letztenmal im Leben, essen!“
    Er suchte auch seine Vorräte hervor, dürres Fleisch und trockenen Durrhakuchen, wozu das Wasser des Bir mit den Händen geschöpft wurde.
    Indessen rekognoszierte der Fremde die Umgebung des Brunnens. Der kleine Berg stand vollständig isoliert in der Ebene. Er war mit Gras bewachsen, eine Folge der Verdunstung des Brunnenwassers. Auf seiner nördlichen und westlichen Seite gab es kein Strauchwerk; aber am östlichen und südlichen Fuß, wo der Brunnen lag,

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