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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und deutete auf eine eigenartige Fährte.
    „Wissen S', wer da g'laufen ist?“ fragte er.
    „Natürlich ein Hippopotamus!“
    „Ja. Sehen S' sich die Spur g'nau an! Dieser Behemot ist da aus dem Wasser kommen, und man sieht seine Spur deutlich im weichen Moor. Rechts und links eine Reihe von Stapfen, einen vollen Fuß im Durchmesser, und in der Mitt' einen Streifen auf der Erd', auf welcher er den Bauch schleift. Das ist – – – ah, haben S' g'sehen?“
    „Ja.“
    „Was war's? Es fuhr da aus dem hohlen Stumpf heraus, wo es ganz g'wiß Ameisen gibt.“
    „Ein Erdferkel.“
    „Lateinisch?“
    „Orycteropus aethiopicus.“
    „Richtig! Und arabisch?“
    „Abu Batlaf, ‚Vater der Klauen‘.“
    „Ja, weil's so lang Nägel hat. Ich hab' eine solche Klau' zum erstenmal bei unsrem Professor von dere Naturg'schicht g'sehen, welcher in seiner Sammlung viele solche Raritäten g'habt hat. Er war gar kein übler Ornitholog, und ich hab' gar viel von ihm profitiert, aber leiden hat er mich nit können.“
    „Das ist doch sonderbar“, meinte Schwarz, indem sie wieder vorwärts schritten. „Sie sind doch gar kein übler Bursche!“
    „Bin's auch nie g'wesen. Aber wißbegierig war ich stets, und da hab' ich ihm oft Fragen vorg'legt, die selbst der klügste Mensch nit beantworten kann. Das hat ihn g'ärgert, und er ist auf den Gedanken 'kommen, mir das bei Gelegenheit zurückzuzahlen. Die ist auch bald eingetreten. Wissen S' wann?“
    „Nun?“ fragte Schwarz gutwillig.
    „Beim Examen. Da hat er mich in eine Verlegenheit g'bracht, die ich niemals nit vergessen werd'. Ich sprach zwar nit davon, denn es hat keinen Zweck für andre, aber gegen einen Freund braucht man nit so zugeknöpft und verschlossen zu sein, und darum will ich's Ihnen anvertrauen. Sie sagen's doch nit weiter?“
    „Fällt mir nicht ein!“ beteuerte Schwarz.
    „Nun, das war nämlich so! Es sollt Examen sein, grad' als ich in dera Quart g'sessen bin. Das war natürlich aan Ehrentag, und so hab' ich mich fein sauber g'macht und einen blütenweißen Brustlatz vorgebunden mit breitem Kragen und den neuen, bunten Schlips drumrum. So fein ausgestattet, wie ich da g'wesen bin, hat mir's im Examen natürlich gar nit fehlen könnt. Ich war also ganz sicher und g'wiß und wartete auf die Frag', die an mich kommen werd'. Sie ist auch kommen, aber was für eine! Raten S' doch einmal!“
    „Bitte, erzählen Sie lieber weiter.“
    „Ja, das kann ich tun, denn erraten können S' diese Frag' doch g'wiß nimmermehr. Ich bin also aufg'standen, weil das die Höflichkeit erfordert, und da hat er g'meint, ich soll ihm sagen, warum die Vögel Federn haben. Was sagen S' denn nun dazu?“
    „Was soll ich sagen? Ich bin doch nicht gefragt worden, sondern Sie sind es!“
    „Das ist richtig!“
    „Was haben Sie denn geantwortet?“
    „Nun, zunächst hab' ich gar nix g'sagt. Ich hab' halt nur so da gestanden und den Professorn ang'schaut, wie der Mops den Mond zur Mittagszeit, denn ich hab' mir gar nit derklären könnt, wie er zu dieser Fragen 'kommen ist. Nachhero aber hat mich das Ingenium ergriffen und ich bin – – –“
    Er hielt mitten in der Rede inne, denn es war ein Schuß gefallen, und zwar nicht weit von ihnen. Es hatte nicht wie von einem gewöhnlichen Gewehr, sondern wie von einem Böller gekracht.
    „Wer mag da g'schossen haben?“ fragte der ‚Vater des Storches‘. „Das könnt man fast für einen Kanonenschuß nehmen!“
    „Der Slowak muß es gewesen sein“, antwortete Schwarz, „denn sein Katil elfil hat diesen Krach. Vielleicht befindet er sich in Gefahr. Darum schnell hin zu ihm!“
    Sie sprangen eiligst weiter, des Gestrüpps und Schilfs nicht achtend, welches ihnen das Vordringen erschwerte. Schon nach wenigen Sekunden hörten sie eine Stimme angstvoll rufen: „Mussa'adi – to jest rozné – zu Hilfe, zu Hilfe!“
    „Ja, das ist er; er spricht arabisch, slowakisch und deutsch in einem Atem“, fuhr der Doktor fort. Und mit laut erhobener Stimme fügte er hinzu: „Gleich, gleich, Stephan; wir kommen schon!“
    Der um Hilfe Rufende hatte ihn an der Stimme erkannt, denn er antwortete zeternd in seinem bekannten Deutsch: „Kommte, schnellte, schnellte, schnellte! Ungeheuer freßte mich bei Leibte und Lebte! Sperrte auf den Rachte schon!“
    Es versteht sich von selbst, daß er mit dem ‚Rachte‘ den Rachen meinte; er befand sich also einem großen und gefährlichen Tier gegenüber. Was für eins es war, das sahen die

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