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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Anzüge noch und schauten ziemlich trotzig drein. Von Ergebung in ihr Schicksal fand sich in ihren Zügen keine Spur.
    „Gott sei Dank!“ hauchte Schwarz. „Ich möchte hinspringen und ihn herausreißen!“
    „Da verderben S' alles!“
    „Das weiß ich wohl. Ich muß mich beherrschen. Aber sagen will ich es ihm, daß ich da bin.“
    „Um des Himmels willen, verraten Sie uns nit!“ raunte ihm der Gefährte ängstlich zu.
    „Haben Sie keine Sorge! Ich gebe ein Zeichen, welches Joseph genau kennt.“
    Der Elefantenjäger und sein Leidensgenosse waren Seite an Seite so aneinandergefesselt, daß sie nicht auseinander und auch die Arme und Hände nicht bewegen konnten. Außerdem hatte man jedem einen Strick um den Leib geschlungen und an die Steigbügel Abd el Mots gefestigt. Schon waren sie der Schlucht nahe, da ließ sich das eigentümliche Gekrächzte eines Geiers hören. Niemand achtete auf dasselbe, denn Geier gibt's im Sudan massenhaft; Joseph Schwarz aber warf sofort den Kopf empor; seine Wangen röteten sich und seine Augen leuchteten auf. Er sah rechts über die Büsche hinüber, woher der Laut gekommen war, und erblickte zwischen den vordersten Bäumen einen Arm, welcher ein Gewehr schwang. Er hatte seinen Schritt nicht für einen Augenblick innegehalten und senkte nun den Kopf wieder nieder. Er besaß Selbstbeherrschung genug, sein Entzücken zu bemeistern. Ganz, ganz leise aber flüsterte er seinem Gefährten, mit dem er eben durch den Eingang schritt, zu: „Welch ein Glück, daß Abu el Mot nicht auf den Schrei dieses Geiers achtete!“
    „Warum?“ fragte der andre ebenso leise.
    „Es war kein Vogel, sondern mein Bruder.“
    „Allah ja Allah! Wer soll – – –“
    „Still, nicht so laut! Man hört es ja! Ich kenne dieses Krächzen ganz genau; es hat uns auf unsern Reisen in fernen, gefährlichen Ländern oft als Mittel gedient, uns zusammenzufinden, ohne uns rufen zu müssen, wenn wir uns für kurze Zeit getrennt hatten. Ist er allein oder hat er noch andre mit, das ist ganz gleich: er holt uns heraus, mitten aus dem Lager, und zwar ganz gewiß noch heute abend oder spätestens in der Nacht. Lassen wir aber nichts von unsrer Hoffnung merken!“
    Emil Schwarz hatte gesehen, daß sein Zeichen gehört und erkannt worden war; damit gab er sich zunächst zufrieden. Er wußte nun, daß sein Bruder morgen frei sein werde. Er wartete, bis die letzten Sklaven und ihre Peiniger in der Schlucht verschwunden waren, und kehrte dann mit Pfotenhauer nach der Höhe zurück.
    „Was tun wir nun zunächst?“ fragte dieser, als sie nebeneinander eiligst emporstiegen. „Fallen wir gleich über die her?“
    „Nein, denn da würden sie meinen Bruder sofort töten. Ich werde, wenn wir oben angekommen sind, sagen, wie wir uns meiner Ansicht nach zu verhalten haben. Ich begreife wirklich nicht, wie dieser sonst so kluge Abu el Mot es wagen kann, in der Schlucht zu lagern, in welcher wir ihn so prächtig einzusperren vermögen. Es genügen wenige Leute, den Eingang zu verschließen, so daß er nicht heraus kann. Überdies sind wir ihm bezüglich der Anzahl weit überlegen und können seine Leute von oben herab mit unsern Kugeln gemütlich wegputzen, ohne selbst in die geringste Gefahr zu kommen. Es ist gar kein Zweifel daran, daß er verloren ist; aber wir dürfen dennoch nicht mit Gewalt vorgehen, da wir sonst meinen Bruder und den Elefantenjäger, vielleicht auch die geraubten Sklaven in die Gefahr bringen, getötet zu werden. Ein Mensch, welcher seinen sichern Untergang vor Augen sieht, ist bei den Gesinnungen dieses Abu el Mot zu allen Schandtaten fähig.“
    Der König hatte die ihm erteilte Weisung gut ausgeführt. Als die beiden oben ankamen, waren alle Leute zur Stelle, und keiner hatte den Platz verlassen. Der ‚Sohn des Geheimnisses‘ trat auf Schwarz zu und fragte: „Herr, ich habe mich über meinen Vater sehr geängstigt. Die Sklavenkarawane ist angekommen. Ist der Elefantenjäger dabei?“
    „Ja; wir haben ihn gesehen.“
    „Und wie ging es ihm? Wie sah er aus?“
    „Sehr gut, unter den gegebenen Verhältnissen.“
    „Allah sei Dank! Wehe den Sklavenjägern, wenn es uns nicht gelingt, ihn unverletzt zu befreien!“
    „Es wird uns gelingen; du darfst dich darauf verlassen. Übrigens weiß er schon, daß die Rettung nahe ist. Mein Bruder war bei ihm, und diesem gab ich ein Zeichen, aus welchem er ersehen hat, daß ich mich hier befinde.“
    „So wollen wir ja nicht säumen, sondern sofort

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