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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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vom Ende desselben nach der Spitze galoppierte, jedenfalls um den dort Befindlichen einen Befehl zu erteilen.
    „Das ist Abu oder Abd el Mot“, sagte Pfotenhauer. „Er wird halt jemand voraussenden, um nachschauen zu lassen, ob hier in dera Schlucht alles in Ordnung ist.“
    Er hatte sich nicht geirrt, denn zwei von den fünf Reitern trennten sich von dem Zug und kamen im Galopp herbei; es waren bärtige Kerls von sonnenverbrannten Gesichtern. Sie schienen die Anwesenheit eines Menschen für unwahrscheinlich zu halten, denn sie beobachteten nicht die geringste Vorsicht, sondern sprengten ganz offen heran und in die Schlucht hinein. Nach kurzer Zeit kamen sie wieder heraus und ritten zurück, um ihrem Anführer Meldung zu machen.
    Der Zug war inzwischen so nahe herangekommen, daß man jede einzelne Gestalt, wenn auch nicht die Gesichtszüge, erkennen konnte. Schwarz atmete tief und hörbar; er ballte die Hände und sagte: „In zehn Minuten werde ich wissen, ob mein Bruder dabei ist, also ob er noch lebt oder nicht. Wehe diesem Gesindel, wenn ich ihn nicht erblicke! In diesem Fall gibt es keine Gnade und Barmherzigkeit!“
    Nun bot sich den beiden ein Anblick, welcher ihre Herzen erzittern machte. Sie hatten eine Ghasuah, eine Sklavenkarawane, vor sich.
    Von dem Pferd eines der vorderen Reiter ging ein Seil aus, welches um die Hälse von fünfzehn hintereinander schreitenden männlichen Negern, deren Hände man auf den Rücken gebunden hatte, geschlungen war. Die Schwarzen waren vollständig unbekleidet und ihre Körper mit aufgesprungenen Schwielen bedeckt. Sie hatten wohl nicht die verlangte Fügsamkeit gezeigt und infolgedessen die Peitsche bekommen.
    Nun folgten drei Reiter und hinter denselben zwölf Neger, welche ebenso gefesselt waren. Außerdem trug oder vielmehr schleppte jeder einen schweren Holzklotz je an einem Fuß. Auch sie waren mit Schwielen bedeckt und konnten sich kaum mehr fortbewegen.
    Hinter diesen und wieder andern Reitern kam eine Reihe von Sklaven, welche die gefürchtete Schebah trugen, eine schwere Holzgabel, in welcher der Hals der Gefangenen steckt.
    Dann kamen schwache Frauen und Mädchen, welche Lasten schleppten, unter denen sie fast zusammenbrachen. Dabei waren ihnen kurze Stricke an die Fußknöchel gebunden, so daß sie nur kleine Schritte machen und an Flucht nicht denken konnten. Ihnen folgten eng gefesselte Knaben, deren Gesichter zum Erschrecken unförmlich geschwollen waren. Man hatte ihnen die Guluf geschnitten, das heißt drei Messerschnitte in jede Wange gemacht, als ewiges sichtbares Zeichen der Sklaverei. Die Wunden eiterten und wurden von Insekten durchwühlt.
    Ein weiteres Glied des Zuges bildete eine Anzahl von Negern, denen die Hände an die Knie festgebunden waren, so daß sie in gebückter Stellung, mit waagerechtem Oberkörper gehen mußten. Kurz, die Feder sträubt sich, die Qualen zu schildern, welche man angewendet hatte, um die Gefangenen gefügig zu machen und sie an der Flucht zu hindern. Einer Mutter war sogar der verwesende Leichnam eines wohl achtjährigen Knaben, jedenfalls ihres Kindes, auf den Rücken gebunden worden. Sie hatte unter stetem Weinen nach ihm verlangt, und da war er erschossen und in dieser schrecklichen Weise mit ihr vereinigt worden.
    Man sah es allen an, daß sie ermüdet waren und vor Hunger und Durst fast verschmachteten. Sie hatten während der ganzen Nacht marschieren müssen.
    Das alles bemerkte Schwarz zunächst noch nicht; er suchte nach seinem Bruder und hatte kein Auge für etwas andres. Der Zug verschwand mehr und mehr im Eingang der Schlucht, und noch hatte er ihn nicht entdeckt. Sein Puls begann zu fiebern und sein Atem zu fliegen. Er knirschte mit den Zähnen, daß Pfotenhauer es hörte. Dieser versuchte ihn zu beruhigen: „Verlieren S' nur die Hoffnung nit. Noch sind die Anführer nit vorüber, und grad bei diesen, denk' ich, müssen sich solche Gefangene befinden, wie Ihr Bruder und der Elefantenjäger sind.“
    Jetzt näherten sich zwei Reiter, welche weiße Haïks trugen und nebeneinander ritten. Kaum hatte Schwarz das Gesicht des einen, wenn auch nur erst von weitem, erblickt, so stieß er hervor: „Abu el Mot! Da ist er endlich!“
    „Ja, das ist er“, nickte Pfotenhauer, „und der andre ist Abd el Mot. Und schauen S' wer kommt da gleich hinter ihnen! Er lebt, er lebt! Sehen S' ihn neben dem Sejad ifjal?“
    Sie waren es, Joseph Schwarz und der Elefantenjäger. Sie sahen verhältnismäßig wohl aus, trugen ihre

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