26 - Die Sklavenkarawane
angenehmer, da man dort das Brüllen der gepeitschten Araber allzu deutlich vernahm.
Nachdem sie mehrere Zimmer durchschritten hatten, welche nichts als die Wandpolster und einen Teppich enthielten, kamen sie in einen kleinen Hinterhof, in welchem ein Kiosk stand, an dessen hölzernen Wänden sich blühende und duftende Schlinggewächse emporrankten.
„In diesem Lusthaus sollst du wohnen“, sagte der Mudir. „Und da ist der Knabe, welcher dir den Brief zu überbringen hat. Er soll dich zu deinem Bruder führen und wird dich auch schon hier bedienen. Er kann dein Dolmetscher sein, denn er spricht die Sprache der Niam-niam und ist auch des Arabischen mächtig.“
Neben der Tür des Gartenhauses war eine Schilfdecke ausgebreitet, von welcher sich die Gestalt des Knaben erhob, um sich gleich wieder vor den beiden demütig zur Erde zu werfen. Der junge Neger war gewiß nicht über sechzehn Jahre alt und fast unbekleidet. Die Farbe seiner Haut war ein erdiges Rotbraun, wohl ein Ergebnis des Bodens, welchen sein Volk bewohnt.
Es ist nämlich eigentümlich, daß, wie man bemerkt hat, die Färbung jener Negerstämme von der Farbe des von ihnen bewohnten Bodens abhängig ist. Die Bewohner der schwarzerdigen Tiefebenen, die Schilluk, Nuehr und Denka, zeichnen sich durch ein tiefes Schwarz der Hautfarbe aus, während die Bongo, Niam-niam und Monbuttu, welche ein rotes, eisenhaltiges Land bewohnen, eine rötliche Färbung besitzen.
Der Mudir befahl dem Neger, aufzustehen. Als er das getan hatte, sah man, daß er von gedrungener, untersetzter und kräftiger Gestalt war. Die Muskeln seiner Beine waren kräftiger entwickelt, als man es sonst bei Negern zu beobachten pflegt. Seine Gesichtszüge näherten sich dem kaukasischen Typus. Der Mund war zwar aufgeworfen, aber klein, die Nase gerade und schmal. Die Augen waren groß und mandelförmig geschnitten; sie standen sehr weit voneinander ab und gaben dem vollen, runden Gesicht einen schwer zu beschreibenden Ausdruck kriegerischer Entschlossenheit und Vertrauen erweckender Offenheit.
Die Waffen des Knaben lagen neben ihm. Sie bestanden aus einem Bogen nebst einem mit Pfeilen gefüllten Köcher, einem Messer mit sichelartiger Klinge und einem Trumbasch oder Wurfeisen, welches als Waffe sehr gefürchtet ist. Dieses Eisen gleicht dem australischen Bumerang, ist mehrschenklig gebogen und mit scharfen Zähnen und Spitzen versehen. Die Cateja, welche in der Äneide genannt, und als eine Wurfkeule von zerschmetternder Wirkung beschrieben wird, ist jedenfalls auch eine ähnliche Waffe gewesen. – Außerdem trug der Knabe eine Art Schutzwaffe an sich, und zwar an den Armen. Diese steckten nämlich von der Hand an bis zum Ellbogen in einer Menge von Metallringen, die eng aneinander lagen und eine schützende Manschette bildeten. Eine solche Armbekleidung wird Danga-Bor genannt und ist besonders bei den Bongonegern gebräuchlich.
Ganz eigenartig, und gar nicht unschön, war das Haar des Knaben geordnet. Dasselbe war zwar wollig, aber ziemlich lang. In lauter dünne Zöpfchen und diese wieder untereinander verflochten, bildete es auf dem Kopf eine runde Krone, in welcher ein bunt schillernder Federbusch steckte. Rund um die Stirn, ganz an die Grenze des Haarwuchses befestigt, trug er einen eigenartigen Schmuck, welcher aus den Reißzähnen von Hunden bestand, die an eine Schnur gereiht waren.
Der offene, freundlich ehrerbietige Blick, mit welchem er den Deutschen musterte, machte auf diesen einen sehr guten Eindruck.
„Wie heißt du?“ fragte ihn Schwarz.
„Ich bin der Sohn des Königs“, antwortete der Neger in arabischer Sprache, in welcher er gefragt worden war. „Die Sandeh heißen mich Nubah; der weiße Mann aber, welcher mich hierher sendet, hat mich Ben Wafa (Sohn der Treue) genannt.“
„Das ist ein schöner Name, welcher dir Vertrauen erweckt. Wie heißt dieser weiße Mann?“
„Er nennt sich Schwa-za.“
„Du willst Schwarz sagen?“
„Ja“, nickte der Knabe, „aber ich kann diesen Namen nicht so aussprechen; darum sage ich Schwa-za.“
„Ich heiße ebenso, denn ich bin sein Bruder.“
„So bist du der Effendi, zu dem er mich sendet?“
„Ja.“
„Das freut mich sehr, denn du gefällst mir. Dein Auge ist gerade so mild und freundlich wie das seinige, nicht so grausam wie dasjenige der Araber, welche zu uns kommen, um Reqiq (Sklaven) zu machen. Darum werde ich dich geradeso liebhaben wie ihn und dir ebenso treu dienen.“
Es war ihm anzusehen, daß
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