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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht bloß gefürchtet, sondern, was viel schlimmer ist, auch unbeliebt und von den meisten gehaßt. Der alte Feldwebel hingegen verstand es besser, diejenigen, deren Rang er früher auch eingenommen hatte, richtig zu behandeln. Er war streng, doch nicht grausam; er hielt auf seine Würde, doch ohne sich zu überheben. Darum war er beliebt, und darum hatten vorhin, als er gefangengenommen werden sollte, viele leise zu murren gewagt.
    Der mit zurückgebliebene Unteroffizier bemerkte gar wohl die Stimmung seiner Leute; er hörte auch ihre halblauten Worte, sagte aber nichts dagegen. Er selbst war außerordentlich ärgerlich. Er hatte sich von seiten des Feldwebels stets einer freundlichen Behandlung zu erfreuen gehabt; darum fühlte er Teilnahme mit demselben. Er war bei der Degradation des Alten ruhig geblieben, weil er gehofft hatte, in seine Stelle aufzurücken. Dies aber war nicht geschehen. Abd el Mot hatte ihm einen anderen vorgezogen, obgleich er meinte, größeres Anrecht zu besitzen. Kein Wunder, daß er sich nun doppelt unzufrieden fühlte und mit den Ansichten seiner Untergebenen übereinstimmte, aber ohne es sie merken lassen zu dürfen.
    Er mußte schweigen, nahm sich aber vor, seinem Unmut gegen Abd el Mot dadurch Luft zu machen, daß er den Feldwebel so gut wie möglich behandelte und ihm seine Gefangenschaft nach Umständen erleichterte. Er ließ Kisrah backen und am Fluß Fische fangen, welche gebraten wurden. Jeder erhielt von diesen Gerichten seinen Teil. Dann begab er sich mit einer tüchtigen Portion nach dem Tokul, welcher als Gefängnis diente.
    Dieser bestand nicht etwa aus starken Steinmauern, um das Entweichen zu verhindern; o nein, man hatte sich die Sache viel leichter gemacht, indem ein doppelt mannstiefes Loch gegraben worden war, in welches man die Missetäter hinabließ. Darüber befand sich ein Schilfdach, aber nicht etwa zur Erleichterung für die Gefangenen, damit sie nicht von den glühenden Sonnenstrahlen der hochstehenden Sonne getroffen werden sollten, sondern aus Rücksicht auf die Schildwache, welche die Eingekerkerten zu beaufsichtigen hatte. Da dieses Loch niemals gereinigt worden war, so mußte der Aufenthalt in demselben als selbst des rohesten Menschen unwürdig bezeichnet werden.
    Gegenwärtig befand sich der Feldwebel allein darin. Der Wächter ging, als er den Unteroffizier kommen sah, respektvoll zur Seite.
    „Hier bringe ich dir ein Essen“, rief der letztere hinab. „Kisrah und gebratene Fische, was sonst kein Gefangener bekommt. Später lasse ich Merissah machen; da sollst du auch einen Topf voll bekommen.“
    Der Feldwebel stand bis an die Knie in halbverwestem Unrat. „Allah vergelte es dir“, antwortete er, „ich habe aber keinen Appetit.“
    „So heb es dir auf!“
    „Wohin soll ich es tun? Ist das ein Ort, Speise aufzubewahren?“
    „Zu diesem Zweck ist die Grube freilich nicht bestimmt. Soll ich dir das Gericht in eine Decke wickeln?“
    „Ja, und – ich kenne dich. Allah hat dir ein gutes und dankbares Herz gegeben. Habe ich dich jemals streng behandelt?“
    „Nein.“
    „Kannst du mir vorwerfen, daß ich dich jemals beleidigt oder übervorteilt habe?“
    „Das hast du nie.“
    „So verdiene dir den Segen des Propheten, indem du mir eine Gnade erweist.“
    „Was soll ich tun?“
    „Ziehe mich hinauf und erlaube mir, oben bei dir zu essen. Dann kannst du mich wieder herunterlassen.“
    „Das darf ich nicht.“
    „Wer kann es dir verbieten? Du bist doch jetzt der Herr der Seribah. Oder glaubst du, nicht tun zu dürfen, was dir beliebt?“
    Der Buluk fühlte sich bei seiner Ehre angegriffen; darum antwortete er: „Ich bin der Kommandant. Was ich will, das muß geschehen.“
    „So mangelt es dir an gutem Willen. Das hätte ich nicht gedacht.“
    „Es ist zu gefährlich. Wie leicht kannst du mir entfliehen!“
    „Entfliehen? Das ist doch unmöglich. Ich habe keine Waffen; du kannst mich sofort niederschießen. Und deine fünfzig Männer werden wohl hinreichend sein, mich an der Flucht zu hindern.“
    „Das ist wahr“, meinte der Buluk nachdenklich.
    „Auch darfst du nicht vergessen, daß ich nicht für immer hier stecke. Abu el Mot weiß meine Dienste zu schätzen, und wenn er zurückkehrt, werde ich sehr rasch wieder Feldwebel sein.“
    „Das denke ich auch“, gab der Unteroffizier aufrichtig zu.
    „Dann kann ich es dir vergelten, wenn du mir die Gefangenschaft jetzt ein wenig erleichterst. Ich denke also, daß du mir die kleine

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