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26 - Die Sklavenkarawane

26 - Die Sklavenkarawane

Titel: 26 - Die Sklavenkarawane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Mot selbst. Das Kommando des zweiten sollte derjenige Unteroffizier führen, welcher in die Stelle des abgesetzten Feldwebels aufgerückt war.
    Nach einer Stunde hielten die beiden Abteilungen vor der Seribah, vor ihnen der Fahnenträger mit der heiligen Barakha in der Hand. So unmenschlich der Zweck einer Ghasuah ist, so wird doch niemals eine solche unternommen, ohne daß man vorher um den Schutz und Segen Gottes bittet, ganz ähnlich wie man früher in den Kirchen mancher Küstenorte mit lauten Gebeten um einen ‚gesegneten Strand‘ bat. Der Fakir, der das Amt des Geistlichen und zugleich des Rechnungsführers verwaltete, stellte sich neben dem Fahnenträger vor der Front auf, erhob die beiden Arme und rief mit lauter Stimme: „Hauehn aaleïna ia rabb, Salam aaleïna be barakkak – hilf uns, o Herr, begnadige uns mit deinem Segen!“
    Diese Worte wurden von dem ganzen Korps unisono wiederholt. Der Fakir fuhr fort: „Hafitsina ia mobarek ia daaim – segne uns, o Gesegneter, o Unsterblicher!“
    Auch dies wurde von allen Anwesenden einstimmig nachgesprochen. Der erste Ausruf war an Gott und der zweite an den Propheten Mohammed gerichtet. Dann folgten die vor dem Gebet jeder Sure vorgeschriebenen Worte: „Be issm lillahi er rahmaan er rahiim – im Namen des allbarmherzigen Gottes!“
    Hierauf wurde die erste Sure des Korans, die heilige Fatiha, gebetet, worauf die hundertsechsunddreißigste Sure folgte, welche von Mohammed den Namen ‚Herz des Korans‘ erhielt und seitdem von jedem Moslem so genannt wird. Man betet sie im Angesicht jeder Gefahr, und man liest sie den Sterbenden, wenn sie in den letzten Zügen liegen, vor. Sie ist ziemlich lang; ihr Schluß lautet: „Der Ungläubige bestreitet die Auferstehung; er stellt Bilder an Gottes Stelle und vergißt, daß er einen Schöpfer hat. Er spricht: ‚Wer soll den Gebeinen wieder Leben geben, wenn sie dünner Staub geworden sind?‘ Wir aber antworten: ‚Der wird sie wieder beleben, der sie auch zum erstenmal in das Dasein gerufen.‘ Sollte der, welcher Himmel und Erde geschaffen, nicht die Kraft besitzen, Tote wieder lebendig zu machen? Sicherlich, denn es ist ja der allweise Schöpfer. Sein Befehl ist, so er etwas will, daß er spricht: ‚Es werde!‘ und es ist. Darum Lob und Preis ihm, in dessen Hand die Herrschaft aller Dinge ist. Zu ihm kehret ihr einst zurück!“
    Es dauerte sehr lange, ehe diese Sure vorgesprochen und nachgebetet worden war. Als die letzten Worte verklungen waren, hatte sich der Osten gelichtet, und die ersten Strahlen der Sonne zuckten empor. Nun durfte man nicht eher fort, als bis el Fager, das für die Zeit des Sonnenaufgangs vorgeschriebene Morgengebet, gesprochen worden war. Dann erhoben sich die Knieenden, um abzuziehen.
    Zuerst bestieg Abd el Mot mit den Seinigen die Pferde. Er ritt voran mit seinem Hund, welcher mit langer Leine an den Sattelriemen gebunden war und die Spur mit Eifer wiederaufgenommen hatte. Die Reiter flogen wie im Sturmwind gegen Süden.
    Die zweite Abteilung folgte langsam, voran der Fahnenträger mit der jetzt in ein Tuch gewickelten Barakha. Sie nahmen mit Gewehrsalven Abschied, welche von der zurückbleibenden Besatzung erwidert wurden. Diese Salven sind stets scharf, wie man auch Trupps, denen man unterwegs begegnet, nur mit scharfen Schüssen begrüßt, eine Munitionsverschwendung, von welcher man nicht lassen mag, weil die Sitte es erfordert.
    Die Besatzung blieb vor der Einfriedigung, bis die Fortziehenden nicht mehr zu sehen waren. Sie befand sich in einer keineswegs freundlichen Stimmung. Es entging ihr der zu erhoffende Raub, und sie hatte dafür nicht einmal das Bewußtsein, der Mühen des Marsches und der Gefahren des Kampfes enthoben zu sein. Arbeit gab es nun in der Seribah mehr als genug. Was vorher fünfhundert getan hatten, das mußte nun von nur fünfzig geschehen, und auch Gefahr war jederzeit vorhanden, da Seriben, deren größter Besatzungsteil sich auf einem Sklavenzug abwesend befindet, von den anwohnenden Völkern oft überfallen werden. Es gab also mehr als doppelte Arbeit und Wachsamkeit.
    Daher war es gar kein Wunder, daß hie und da ein unwilliges Wort laut wurde, unwillig über die Ungerechtigkeit des Loses und unwillig auch über die allzu große Strenge des Befehlshabers. Dieser war nur Stellvertreter des eigentlichen Herrn, Abu el Mots, in dessen Abwesenheit er sich stets so gebärdete, als ob er größere Macht besitze, als eigentlich der Fall war. Darum war er

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