26 - Die Sklavenkarawane
jeder Seribah gehandelt wird, nicht bekannt? Ich kann dich töten, sobald du mir widersprichst!“
„Das wirst du nicht tun, denn du weißt recht gut, daß ich der Erfahrenste und Kühnste deiner Leute bin. Durch meinen Tod würdest du dich um den brauchbarsten Mann der Seribah bringen, was eine Schande für euch alle wäre. Und was Abu el Mot, der Herr und erste Kommandant, dazu sagen würde, das weißt du nicht.“
Er hatte das zwar in bescheidenem Ton, doch mit gewissem Selbstbewußtsein gesprochen. Abd el Mot gab innerlich die Wahrheit des Gesagten zu, doch hielt er es nicht für ratsam, solche Worte zu dulden. Darum antwortete er: „Zu töten brauche ich dich zwar nicht; aber ich kann dich bestrafen, ohne daß du uns deine Dienst entziehen darfst. Du bist von diesem Augenblick an nicht mehr Tschausch, sondern gewöhnlicher Soldat und bleibst als Gefangener auf der Seribah zurück. Nun kann das Los darüber entscheiden, welcher Unteroffizier hier während unserer Abwesenheit das Kommando erhält.“
Das Urteil brachte den alten Feldwebel um die bisher bewahrte Ruhe.
„Was?“ rief er zornig aus. „Ich soll gemeiner Asaker werden und sogar gefangen sein? Das wird Allah wohl verhüten! Noch gibt es hier Leute, welche es mit mir halten und mich nicht verlassen werden!“
Er sah sich stolz und auffordernd im Kreis herum. Ein leises Murmeln, welches sich vernehmen ließ, schien seinen Worten recht zu geben. Da zog Abd el Mot seine beiden Pistolen hervor, spannte die Hähne und drohte: „Die Kugel dem, der mir zu widerstreben wagt! Bedenkt, wenn ein Tschausch fällt, so rücken andere nach ihm auf. Wollt ihr euch dieses Avancement entgehen lassen? Soll ich diejenigen, welche ihm helfen wollen, auch in Ketten legen? Nehmt ihm den Säbel und die Pistole ab, und bindet ihn!“
„Mich entwaffnen und binden?“ schrie der Tschausch. „Lieber will ich sterben. Schieß also zu, wenn du –“
Er hielt inne. Er hatte den Säbel aus der Scheide gezogen und ihn drohend gezückt; aber es schien ihm plötzlich ein anderer Gedanke gekommen zu sein. Er senkte die Klinge, strich sich mit der linken Hand langsam über das bärtige Gesicht, vielleicht um den momentanen Ausdruck desselben nicht sehen zu lassen, und fuhr in ergebenem Ton fort: „Verzeihe, Herr! Du hast recht, denn du bist der Vorgesetzte, und ich habe zu gehorchen. Mache mich immerhin zum gewöhnlichen Soldaten! Ich werde mich doch bald so auszeichnen, daß ich wieder aufwärtsrücke. Allah ist groß und weiß am besten, was geschehen soll.“
Diese letzten Worte enthielten eine versteckte Drohung, was aber Abd el Mot nicht bemerkte. Er nahm dem Tschausch selbst die Waffen ab und sagte: „Danke es deinem Alter und meiner Gnade, daß ich mit deiner Ergebung einverstanden bin! Du hast den Säbel gegen mich gezogen und bist des Todes schuldig. Dennoch will ich dir verzeihen. Ich schenke dir das Leben; im übrigen bleibt es bei dem Urteil, welches ich ausgesprochen habe. Führt ihn in das Gefängnis, und bindet ihn dort an, damit er nicht entfliehen kann!“
Dieser Befehl war an zwei Unteroffiziere gerichtet, welche sofort gehorchten. Sie nahmen den Tschausch zwischen sich, um ihn abzuführen, und er ging ohne Widerstreben mit ihnen. Die Hoffnung auf Avancement hatte ihre Wirkung auf die Leute nicht verfehlt.
Nun begaben sich alle nach dem Tokul des Befehlshabers, wo unter Anrufung des Propheten und aller heiligen Kalifen die Lose gezogen wurden. Die fünfzig Mann und der Unteroffizier, welche von denselben getroffen wurden, ergaben sich schweigend, aber innerlich zornig in ihr Schicksal; die übrigen rüsteten sich zum Aufbruch, nachdem der Fakir erklärt hatte: „Ein jeder gläubige Moslem tritt jede Reise zur Zeit des heiligen Asr an. Nachdem es aber Allah gefallen hat, uns zu erlauben, schon am Morgen aufzubrechen, ist es keine Sünde gegen ihn, schon nach einer Stunde auszuziehen, da die Mitternacht vorüber und es dann auch schon Morgen ist. Sein Name sei gelobt!“
Es waren an dem beabsichtigten Zug weit über vierhundert Personen beteiligt, welche in zwei Abteilungen zerfallen sollten. Die erste bestand aus denjenigen Leuten, welche mit den vorhandenen Pferden beritten gemacht werden konnten. Ihr sollte die Aufgabe zufallen, voranzueilen und die beiden Neger zu fangen, um dann auf die zweite Abteilung zu warten, welche teils auf Reitochsen, denen das Klima nichts anhaben kann, teils zu Fuß nachfolgen sollte. Den ersten Trupp befehligte Abd el
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