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263 - Von Menschen und Echsen

263 - Von Menschen und Echsen

Titel: 263 - Von Menschen und Echsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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der manchmal für Verteidigungsübungen herhielt, und blieb benommen liegen. »Wir trainieren«, fuhr Dykestraa fort, »ich dulde so etwas nicht. Jeder Spaß hat seine Grenzen.«
    »Spaß?« Bahafaa rappelte sich mühsam hoch. »Er wollte mich… mich…«
    Ein verachtender Blick traf sie. »Reinige dich und komm dann wieder. Wenn du Vorwürfe gegen Svaan zu erheben hast, dann mach dies am abendlichen Lagerfeuer.«
    Da war sie wieder, die Mauer der Abweisung. Die Krieger und Kriegerinnen wollten nichts mit ihr zu tun haben. Niemand würde sie unterstützen, wenn sie diesen Vorfall vor dem Rat breittrat.
    »Ich habe verstanden«, sagte sie, packte ihre Siebensachen und verließ humpelnd die Trainingswiese. Brythuula rief ihr irgendeine Unflätigkeit hinterher, und die Menge brach in Gelächter aus.
    Bahafaa würde es nie, nie, nie verstehen. Die Bewohner der Dreizehn Inseln hatten selbst für den größten Außenseiter ein offenes Herz. Doch nicht für sie. Ein Fluch hing über ihr, und er würde sich bis zum Ende ihrer Tage nicht verflüchtigen.
     
    Die Tage wurden länger, und das Leben damit einfacher. Domestizierte Wisaaun brachten ihre Ferkel zur Welt. Tofanenblätter durchbrachen die Erde, Obstbäume standen in voller Blüte.
    Mit dem Frühling kam der stürmische, süß riechende Westwind. Er schmeckte nach Frische, nach Aufbruch, nach Erneuerung.
    Über den Winter waren Alte gestorben, nun wurden Babys geboren. Die beiden Ammen hatten Hochbetrieb, die Schamanin Juneeda nicht minder. Sie legte Hände von Frau und Mann ineinander, sie mixte starke Liebestränke und sie bewahrte die Geheimnisse derjenigen, die sich bei ihr ausweinten. Lusaana führte die Chronik der Königinnen weiter, und sie hatte gute Nachrichten zu verzeichnen: Die Gesamtbevölkerung auf den Inseln war übers Jahr um mehr als sechzig Menschen angewachsen, die Raubzüge der Lokiraas [2] blieben wie schon seit Jahren aus. Offenbar waren die Sklavenhändler, Vergewaltiger und Mörder endgültig Geschichte.
    Alles war, wie es sein sollte.
    Bis Hermon auftauchte.
    ***
    Bahafaa war frühmorgens aufgestanden, wie immer so zeitig wie kaum ein anderer im Dorf. Auf dem Weg zu den Hutpilz-Sammelplätzen ließ sie sich für eine Weile auf dem Wackelstein auf halbem Weg nieder und stierte ins Leere. Wie sie es immer tat, wenn Zeit und Muße dafür blieben. Die Fernsicht war ausgezeichnet. Elf der dreizehn Inseln des kleinen Reiches schoben sich aus dem Morgennebel, die Sonne trocknete den feuchten Tau unter ihren nackten Füßen.
    Ein Schiff näherte sich. Es trug das weiße Tuch des Friedens am Mast. Dennoch blieb Bahafaa misstrauisch. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte Einzelheiten zu erkennen.
    Nein, dies waren keine Invasoren, sondern Fischer. Sie hatten das Symbol der Fischer Kalskroonas auf das Leinentuch ihrer Segel gepinselt. Diese halb verhungerten Wesen, meist Männer, verdingten sich landauf und landab. Sie verkauften ihren Fang, ihre Manneskraft, ihre Schiffe - und dennoch reichte ihnen der Lohn kaum, die langen Winter zu überstehen.
    Weil sie Männer sind , dachte Bahafaa. Weil diese Jammergestalten nicht über ihre Nasenspitze - besser gesagt: ihre Penisspitze - hinaus denken. Sie sorgen niemals vor, und sie sind Jahr für Jahr überrascht, wenn Piraten die Häfen überfallen und all ihre Besitztümer an sich raffen.
    Die Kalskroonas setzten einen feisten Mann ab, der ein buntes, grün gefärbtes Gewand trug, wie es Bahafaa niemals zuvor gesehen hatte. Der Dicke verbeugte sich höflich, ließ seine Siebensachen vom Schiff laden und winkte den Fischern, die sich hastig wieder aus dem Staub machten.
    Sie hatten Angst, und das war gut so. Die Kriegerinnen der Dreizehn Inseln genossen besonderen Respekt. Keiner, der auch nur ein Fünkchen Verstand besaß oder über ein Vielfaches an Kämpfern verfügte, würde sich mit ihnen anlegen.
    Der Dicke zog in aller Ruhe die Kisten und Säcke einige Meter über den Landesteg. Nach einer Weile setzte er sich auf eine der Truhen und trank rote Flüssigkeit aus einem Langhorn.
    Bahafaa fühlte sich unwohl. Die Szene wirkte zwar unverfänglich, doch dieser Mann war ein Fremder. Ein Eindringling, der hier nichts zu suchen hatte. Sollte sie die Wächter der Dorfgemeinschaft warnen?
    Nicht nötig. Da waren sie schon. Brythuula, die mit gezücktem Schwert und festen Schritten den Landesteg betrat, gefolgt von einer Kriegerin, die Bahafaa aus der Ferne nicht erkennen konnte. Sie traten links und rechts

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