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263 - Von Menschen und Echsen

263 - Von Menschen und Echsen

Titel: 263 - Von Menschen und Echsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Sonnenschein. Von weit offen stehenden Blüten, von Gräsern des Frühlings und von Honigtau.
    »Da haben wir es ja.« Hermon kehrte zu ihr zurück und beäugte sie kritisch von oben bis unten. Mit der Zunge leckte er sich dabei über die Oberlippe, seine Stirn kräuselte sich. »Du hast ein paar… wie nenne ich's am besten?… ein paar kritische Stellen an deinem Körper. Aber es gibt Mittel und Wege, sie zu kaschieren.« Er legte ihr eine knöchellange Hose an den Hüften an und deutete ihr, sich im Spiegel zu betrachten.
    Sie sollte eine Hose anziehen? Wie ein Mann? Was für ein Humbug…
    Aus dem Spiegel starrte ihr eine Fremde entgegen. Ein Wesen, dessen körperliche Unzulänglichkeiten verdeckt waren und das schlichtweg gut aussah.
    »Sie gehört ein wenig umgenäht und deiner Größe angepasst. Ich könnte diese Arbeiten bis morgen erledigen. Wenn du kurz in die Hose schlüpfen möchtest, damit ich die Änderungen abstecke?«
    Bahafaa konnte die Augen nicht mehr von ihrem Spiegelbild abwenden. Niemals zuvor hatte sie sich als attraktiv oder hübsch empfunden. War Hermon ein Zauberer? Verstand er sich auf Orguudoos dunkle Magie?
    »Ich habe nichts, das ich dir für diese Hose geben könnte«, sagte sie tonlos.
    »Jeder hier besitzt etwas, das er nicht mehr benötigt. Felle, Schnitzereien, Handarbeiten, Bücher, Stücke alten Metalls…«
    »Nein.«
    »Gegenstände aus der Zeit der Alten. Besonderes Wissen, das dir deine Vorfahren mündlich überliefert haben. Rezepte.«
    »Nein.«
    »Talgcremes. Selbstgebrannter Tofanen-Schnaps. Heilkunderezepte.«
    »Leider. Nichts von alledem.« Bahafaa fühlte sich mit einem Mal unwohl. Der Geruch in der Hütte wollte sie schier ersticken, und von Hermon ging ein Gefühl unbändiger Gier aus. Sie nahm die Hose von ihren Hüften und drückte sie ihm in seine Hände zurück. »Ich überlege es mir.«
    »Aber…«
    Bahafaa ließ ihn nicht ausreden. Fluchtartig verließ sie die Hütte und lief zu ihrer eigenen zurück.
    Eigentlich hätte sie sich freuen müssen; stattdessen empfand sie Angst und Unbehagen.
    Hermon hatte nicht auf ihre Ausstrahlung reagiert, so wie alle anderen Erwachsenen. Er war freundlich geblieben. Mit dem Händler stimmte etwas nicht.
    4.
    Das Licht der Sonne wurde von einem gewaltig großen, schwarzen Körper verdeckt. Flügel schlugen heftig Wind, während Thgáan mit seinem eigentlichen Leib Erd- und Felsklumpen beiseite drückte.
    Thgáan? Woher bloß kannte er diesen Namen? Und: Wer war er? Was war er?
    Nur langsam kehrten einige wenige Erinnerungsbrocken zurück. Er stellte fest, dass er einen Körper besaß. Dass er sich bewegen konnte. Dass er eine Einheit aus Physis und Psyche war.
    Erneut verdunkelte sich Graos Sichtfeld. Schlammmassen rutschten nach, verschütteten ihn aufs Neue.
    War es das? Hatte er halluziniert? Hatte er das Erscheinen des Lesh'iye nur geträumt und kehrte er nun in diese schreckliche Dunkelheit zurück, um sich in ihr für alle Zeiten zu verlieren?
    Aber nein. Nach einer unmessbaren Zeitspanne fühlte er sich ein weiteres Mal vom Gewicht des Erdreichs befreit.
    Thgáan kratzte ihn frei und stellte dabei eine für ein Wesen seiner Größe ungewöhnliche Sorgfalt zur Schau. Der Gestank allerdings, den das Kunstgeschöpf entwickelte, war atemberaubend.
    Es gab also Gerüche. Geschmäcker. Haptische Empfindungen. Sprache. Sinneseindrücke, die sich zu einem großartigen Ganzen zusammenfügten.
    Weitere Erinnerungen strömten in Grao'sil'aana zurück. Zusammenhänge ergaben sich und rundeten allmählich das Bild seines Selbst ab: Er war ein Daa'mure. Ein Fremder auf einer fremden Welt, der aller Aufgaben verlustig gegangen war und nun seine Ziele neu definieren musste.
    Nur allzu gerne hätte er sich mit dem Lesh'iye verständigt und Fragen gestellt. Doch es fehlten ihm die Mittel. Er benötigte, seit er beim Uluru seiner telepathischen Kräfte beraubt worden war (vom Wandler; siehe MADDRAX 199: »Schlacht der Giganten«), einen Kristallsplitter, mit dessen Hilfe er Gedanken und Befehle an den Lesh'iye übermitteln konnte. Daa'tan hatte einen Splitter bei sich getragen und einen zweiten auf einer Felsnadel deponiert, wo Thgáan den Gleiter der beiden Feinde abgesetzt hatte. So konnte er Aruula in die Falle locken…
    Grao'sil'aana wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, seitdem er bei der Verfolgung des Erzfeindes Mefju'drex, den die Primärrassenvertreter »Maddrax« nannten, verschüttet worden war. Es mussten Monate sein!

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