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264 - Verschollen

264 - Verschollen

Titel: 264 - Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn und Jo Zybell
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keineswegs. Mach dir nichts vor, Robin Fletscher. Mit dem Messerchen erschreckst du höchstens kleine Kinder. Und Bunkermajor bist du schon lange nicht mehr. So lange schon, dass du dich kaum noch erinnern kannst, wie es war, in einem Bunker zu leben. In einer warmen Behausung, in der dein Name und Titel noch etwas galten.
    »Still!«, zischte Fletscher, als stünde sein innerer Spötter leibhaftig neben ihm. Grimmig sah er an sich herunter: Der knopflose Ledermantel ähnelte mehr einem Lumpen denn einem Kleidungsstück, und die Uniform darunter starrte vor Dreck. Seine Stiefel waren von der salzigen Erde angefressen und mit Lederschnüren umwickelt, damit sie nicht auseinanderfielen. Aus den löchrigen Handschuhen ragten dunkle, gebogene Fingernägel von der Länge kleiner Tierkrallen.
    Nein, nichts an ihm erinnerte mehr an den strahlenden Bunkermajor von einst. An den kampferprobten Techno aus Leeds, den es auf seinen Weg nach London in diese gottverlassene Gegend an der Südküste Irlands verschlagen hatte. Bald vier Jahre war das nun her.
    Damals hatte er sich der Allianz im Kampf gegen die außerirdischen Invasoren am fernen Kratersee anschließen wollen. Doch auf ihrem Weg nach London gerieten er und sein Kampfgefährte George Buck in eine tödliche Falle wilder Barbaren. Sie zerstörte ihr Gefährt und kostete dem Waffenbruder das Leben. Fletscher überlebte. Es gelang ihm sogar, die Angreifer zu unterwerfen. Doch sein Plan, sich von ihnen nach London führen zu lassen, scheiterte. [1]
    Die Erinnerungen daran waren nebulös. Deutlich war nur der Tag, als er auf seinem weiteren Weg irgendwo in Waals auf die blonde Frau stieß: Jenny! Die schönste und klügste Frau unter der Sonne. Wie er selbst stammte sie aus einer Bunker-Community, war gebildet und aufgrund widriger Umstände mit ihrer kleinen Tochter in die Wildnis geraten. Doch trotz dieser Gemeinsamkeiten lehnte sie Fletschers Avancen, die er ihr damals machte, ab. Schlimmer noch: Anstatt sich ihm anzuschließen, zog sie es vor, mit dem stinkenden, haarigen Barbaren Pieroo zusammenzubleiben.
    Was auch immer Jenny Jensen in der Vergangenheit widerfahren war, es musste sie durcheinandergebracht haben. Davon war Fletscher zutiefst überzeugt. So unterließ er keinen Versuch, die schöne Frau wieder auf den rechten Weg zu führen. Doch weder gelang es ihm, die Bunkerfrau zu überzeugen, noch diesen hässlichen Schwarzbart Pieroo aus dem Weg zu räumen. Bei dem Versuch, den Barbaren zu töten, wäre Fletscher beinahe selbst ums Leben gekommen. Eine fehlende Ohrmuschel und Narben auf Schulter und Brust erinnerten ihn schmerzlich daran.
    Dennoch hielten die Ereignisse jener Tage ihn nicht davon ab, Jenny bis an die Südküste Irlands zu folgen. Konnte er sie nicht besitzen, wollte er wenigstens in ihrer Nähe sein. Gemeinsam mit der kleinen Ann und dem hässlichen Schwarzbart bewohnte sie hier ein Anwesen im nahegelegenen Corkaich.
    Besessen von der blonden Frau, schlich Fletscher fast täglich zu ihrem Haus. Es reichte ihm, sie aus der Ferne zu beobachten. Sie war seine Göttin und sein Schatz, den es zu bewachen galt. Und der Tag würde kommen, an dem Jenny begriff, dass sie zu ihm gehörte. Zu dem Techno aus Leeds.
    Bis es so weit war, fristete er sein Dasein in einer Höhle in den Klippen. Ernährte sich von dem, was Meer und Wald hergaben, und trieb Handel mit den Seeleuten, die hier ab und zu auftauchten, oder mit den Scones in dem mehrere Kilometer entfernten Blarney. Während die Bewohner von Corkaich ihm wenig Beachtung schenkten, drohte Jennys Schwarzbart ihm regelmäßig Prügel an, sobald er ihn nur in der Nähe des Anwesens entdeckte.
    So war im Laufe der vergangenen Jahre aus Fletscher ein Einsiedler geworden, der seinem Äußeren längst keine Aufmerksamkeit mehr widmete und die Eigenart entwickelt hatte, ständig Selbstgespräche zu führen.
    »Du brauchst jetzt einen kühlen Kopf, Robin Fletscher! Bevor du Alarm schlägst, musst du wissen, was das da unten ist!« Entschlossen zerrte er seine Mütze tiefer in das vernarbte Gesicht und stierte aufs Meer. Inzwischen bewegte sich der Schatten nicht mehr vorwärts. Wie eine züngelnde Riesenechse kauerte er auf den Wellen. Gleichzeitig lösten sich drei dunkle Punkte von ihm und strebten in Richtung Land. Sie waren schnell. Unglaublich schnell! Der einstige Bunkermajor trat unwillkürlich einen Schritt zurück. Boote? Er lauschte. Doch kein Motorengeräusch war zu hören. Nur das Heulen des Windes,

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