267 - Die Götter des Olymp
wir gebaut.« Er stockte für einen Augenblick. »Das heißt, die Schleusen, die Schienen, die Versorgungshöhle stammen schon von uns, aber der Tunnel existiert wesentlich länger.«
Sofort kam Matt die Strahlanlage in der Grotte unter dem Mie-Krater in den Sinn, die die Hydree vor Jahrmilliarden errichtet hatten. Bereits im Krankenhaus hatte Kang angedeutet, dass sie Matts Hilfe bei einem Artefakt der marsianischen Ureinwohner brauchten.
»Vor etwa vier Marsjahren stießen Extrembergsteiger bei einer Expedition zufällig auf den Tunnel. Einer von ihnen war Carter Loy Tsuyoshi, der frühere Chef des Nachrichtensenders ENT . Ich glaube, Sie kannten ihn.«
Matt nickte, verkniff sich aber jede weitere Äußerung. Er hatte Carter Loy, der für den Tod vieler Waldmenschen verantwortlich war, in keiner guten Erinnerung. Da man über Tote nichts Schlechtes sagen sollte, schwieg er.
»Sie drangen einige Meter in den Tunnel ein. Schnell wurde ihnen klar, dass er nicht auf natürliche Weise entstanden sein konnte. Der Eingangsbereich war verwittert, aber der Stollen verlief kerzengerade. Seine Wände waren so glatt, wie es nur eine hochstehende Technik ermöglichen kann.«
Der Mann von der Erde sah zur Seite, doch der Fels zog zu rasch an ihrem Torpedo vorbei, als dass er diese Aussage hätte überprüfen können.
»Nach der Rückkehr der Bergsteiger beauftragte die Regierung eine Bergbaugesellschaft damit, den Tunnel zu erforschen. Allzu viel Sehenswertes gab es zunächst nicht zu entdecken, denn der Stollen endete nach sechzig Kilometern vor erstarrtem Lavagestein. Tsuyo Mining vermutete, dass der Tunnel bei einem Ausbruch des Olympus Mons in grauer Vorzeit verschüttet oder von Lava verstopft worden war.«
» Tsuyo Mining ?«
»Die Gesellschaft von Roald Jordan Tsuyoshi, einem entfernten Verwandten von Carter Loy. Er ist übrigens der neue Chef von ENT .«
»Ein vielseitiger Mann, wie mir scheint.«
»Niemand zweifelte daran, dass der Stollen noch weiter in den Berg hineinreichte. Also grub man sich Stück für Stück voran.«
Klar , dachte Matt. Sie mussten davon ausgehen, dass die Hydree die Erbauer des Tunnels waren. Und wenn die Fischmenschen schon etwas so technisch Hochstehendes wie die Strahlanlage im verhältnismäßig kleinen Mie-Krater errichtet haben, was mochte dann erst in einem Krater wie dem des Olympus Mons auf seine Entdecker warten?
Plötzlich tauchte der Gedanke an die Legende der Götter vom Feuerberg wieder auf. Bestand da ein Zusammenhang? Befuhren sie womöglich gerade den Weg, den die Hydree ins Reich der Schöpfer gegraben haben sollten? Den Weg, für dessen Erschaffung die Götter ein ganzes Volk mit Wahnsinn und Unwissenheit straften?
Mit einemmal befiel den Mann von der Erde eine kribbelige Unruhe. Der Shat'rokhal ist ein heiliger Ort! Keinesfalls darf man die Schöpfer stören! Gilam'eshs Stimme klang ihm im Ohr, als säße der Hydree direkt neben ihm.
Doch dann kam ihm der Vergleich wieder in den Sinn. Der mit dem Törtchen, von dem jemand die Kirsche stibitzt hatte. Die Kuhle, die die Kirsche hinterlassen hatte, war die Caldera des Vulkans - und sie war bestenfalls zwei oder drei Kilometer tief.
»Was auch immer im Krater steckte«, sagte Matt, »der Berg muss es verschluckt haben!«
»Das könnte man vermuten«, sagte Kang. »Tatsächlich erbrachten die Untersuchungen mit einem überfliegenden Shuttle keine Ergebnisse. Aber Sie müssen bedenken, dass zwischen dem Kratergrund und der Höhe des Tunnels sieben Kilometer liegen!«
»Sieben Kilometer erstarrter Lava!«
»Vielleicht. Aber Tsuyo Mining wollte es genauer wissen. Also konstruierte die Gesellschaft eine Anlage für den Abbau des Lavagesteins. Es wurde gesprengt, gebohrt und gehämmert. Den Abraum transportierten die Männer mit dem Zug nach draußen, wo sie ihn den Vulkanhang hinunterkippten.«
Der ICE , dachte Matt. Der gerade außer Betrieb ist. Irgendetwas muss geschehen sein. Aber was?
»Wie kommen überhaupt die Arbeiter zum Tunnel? Mit dem Zeppelin? Sie werden doch nicht jedes Mal ein Shuttle dafür bemühen.«
»Natürlich nicht. Luftschiffe können allerdings auch nicht in solche Höhen vorstoßen. Nein, spezielle Passagiergleiter bringen die Männer her und holen sie nach ihrer Schicht wieder ab.«
Matt wollte sich gar nicht vorstellen, welcher Aufwand in der gesamten Ausgrabungsstelle steckte. Die Wärmestrahler, die Schleusen, die Energieversorgung - dies alles stellte eine bauliche Meisterleistung
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