267 - Die Götter des Olymp
noch immer. Wenn Cerric Khawing sich so hartnäckig zeigte, handelte es sich vermutlich wirklich um einen Notfall. Bevor RJT das Gespräch annahm, betrachtete er erneut den riesigen Fleck auf seinem Hemd. Wenigstens tranken die meisten Marsianer Zuckerblütentee nur lauwarm, sonst hätte er sich noch Verbrühungen zugezogen.
Mit dem rechten Zeigefinger hieb er auf das Display des PAC. »Was wollen Sie, Khawing?«
Die Stimme des Ausgrabungsleiters am Olympus Mons dröhnte blechern aus dem Armbandcomputer. Ob es daran lag, dass sie auf einer verschlüsselten Frequenz über ein Funkrelais zu ihm kam, oder daran, dass ein Zerhacker ein Mithören unmöglich machte, wusste RJT nicht. Es interessierte ihn auch nicht sonderlich.
»Es tut mir leid, Sie stören zu müssen, Herr Tsuyoshi. Ich weiß, dass ich außerhalb der vereinbarten Zeiten…«
»Hören Sie mit dem Gefasel auf und sagen Sie mir, was los ist!«
»Wir haben hier eine… Situation. Die Lage spitzt sich zu.« Khawing machte eine kurze Pause. » Er verlangt, den Erdenmann Drax zu sehen.«
Obwohl Khawing keinen Namen nannte, wusste RJT sofort, von wem sein Ausgrabungsleiter sprach. Hitze stieg ihm in die Wangen. »Er verlangt was ? Auf keinen Fall können wir das zulassen! Einen Erdbarbaren in Mars-Angelegenheiten einweihen? Ich denke nicht im Traum daran, seinem… seinem Wunsch nachzukommen.«
Schon vor über einem Tag waren Überlegungen aufgekommen, Drax um Hilfe zu bitten. Aber da Tsuyoshi einen Mehrheitsanteil an der Bergbaugesellschaft besaß, die die Ausgrabung durchführte, konnte er das verhindern. Die von ProMars in die Regierung eingeschleusten Mittelsmänner waren ihm dabei nur allzu behilflich.
»Ich habe es einmal unterbunden und ich werde es wieder unterbinden.«
»Ich fürchte, dazu ist es zu spät. Seit wir die Sphäre gefunden haben, schleicht hier andauernd ein Vertreter der Regierung herum, wie Sie wissen. Gestern hatten wir noch Glück, dass er zu einer Versammlung oder wohin auch immer musste.« Khawing stockte und Roald merkte, wie schwer ihm die nächsten Worte fielen. »Mir blieb keine Zeit mehr, mich mit Ihnen abzustimmen. Der Regierungsbeauftragte hat bereits die Präsidentin informiert. Wir können es nicht mehr ändern. Drax wird in zwei bis drei Stunden hier eintreffen.«
Für einen Augenblick verschlug es RJT die Sprache. »Dann achten Sie mit unseren Jungs wenigstens darauf, dass er sich nicht in Dinge einmischt, die ihn nichts angehen. Ich verlasse mich auf Sie!«
Mit einem unwirschen Tastendruck unterbrach er die Verbindung. Sein Blick ging starr auf den Bildschirm, der das eigene Programm zeigte. Das Zeigefingerstakkato auf der Tischplatte vermochte seine Wut nur unzureichend zu kanalisieren.
Was bildete sich Maya Tsuyoshi eigentlich ein? Sie gehörte dem gleichen Haus wie RJT an. Das war aber auch das Einzige, was für sie sprach. War ihr und der Bande von Ignoranten an ihrer Seite der Mars überhaupt etwas wert? Betrachteten sie ihn als Heimat? Oder stellten sie sich mit den Erdbarbaren deshalb so gut, weil sie sich selbst noch als Abkömmlinge des Blauen Planeten ansahen?
Eines stand für Roald Jordan Tsuyoshi unumstößlich fest: Solange Maya Präsidentin spielte, solange sie den Halbkäfern Zugang zu den Städten gewährte und solange dieser unsägliche Expressweg zur Erde existierte, würden die Marsianer immer unter ihren Möglichkeiten bleiben. Es musste etwas geschehen. Und zwar bald!
Sein Finger kam zur Ruhe. Mit einem Ruck stemmte sich der Senderchef aus dem Stuhl und ging zu dem Bildschirm, der das Programm von EEI zeigte. Er war mannshoch, in die Wand integriert - und verbarg einen begehbaren Tresor.
RJT klappte den Monitor zur Seite und betrat den geheimen Raum dahinter. Vor einem kniehohen Podest blieb er stehen und betrachtete seine Errungenschaft: die versteinerte Leiche eines Hydree - eines Ureinwohners des Mars, über dreieinhalb Milliarden Jahre alt. Mit zittrigen Fingern strich er dem knapp anderthalb Meter großen Fossil über den Schädelkamm.
»Wenigstens dich konnte ich vor den Augen der Regierung retten. Ich glaube, dass sich bald eine Gelegenheit ergeben wird, etwas zu bewegen. Und du wirst mir dabei helfen!«
***
Matthew Drax starrte auf drei Marsianer und zwei junge Männer des Waldvolks, die darüber diskutierten, ob die Baummenschen nicht wie die anderen Marsbewohner Anspruch auf eine Grundversorgung haben müssten, wenn sie sich am städtischen Leben beteiligten.
Nein ,
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