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27 - Im Lande des Mahdi I

27 - Im Lande des Mahdi I

Titel: 27 - Im Lande des Mahdi I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich das Gewehr an, um ihre Körper mit den drei Kugeln zu durchbohren; er aber nahm es mir weg und sagte, daß der Lauf platzen werde. Da der Lauf nun doch vielleicht eine schadhafte Stelle haben konnte und du meines Lebens und meines Schutzes noch so sehr bedarfst, so gab ich ihm recht und begnügte mich damit, dir das Geschehene vom Felsen hinab zu melden.“
    „Nach welcher Richtung haben sie sich gewendet?“
    „Wer kann bei der jetzigen Dunkelheit eine Richtung erkennen? Sie sind fort; wohin, das weiß nur Allah und der Prophet. Hätte der Scheik nicht die Fesseln zerschnitten, so säßen sie noch oben unter dem Schutz meiner scharfen Augen, denen nichts entgehen kann. Nun sag mir, was ich tun soll! Soll ich die Sklavenjäger angreifen, um sie zu überwinden?“
    „Nein, nein! Am besten ist's, du tust gar nichts; dann sind wir am sichersten vor dir. Da du aber so kühn vom Kampf sprichst, wo hast du denn deine Flinte?“
    „Die liegt oben.“
    „Warum hast du sie nicht mitgebracht?“
    „Wegen der schadhaften Stelle. Ich könnte, wenn der Lauf platzt, leicht einen guten Freund verletzen, und werde mich daher beim Kampf lieber auf den niederschmetternden Eindruck meiner Stimme verlassen.“
    „Und ich ersuche dich allen Ernstes, zu schweigen! Ich mag weder deine Stimme hören noch dich hier länger sehen. Steig also wieder hinauf, und setz dich zu den Wächtern der Kamele! Ich möchte nur wissen, welch unglückliches Zeichen am Tag deiner Geburt am Himmel gestanden hat!“
    „Ich bin im Zeichen ‚es Saba‘ (des Löwen) geboren, Effendi.“
    „Nein, nein, sondern wahrscheinlich im Zeichen ‚es Saratan‘ (des Krebses). Darum wiederhole ich: Lauf rückwärts, und mach', daß du zu den Kamelen kommst. Hoffentlich wirst du ihnen nicht auch Unglück bringen.“
    Er wollte mir widersprechen, doch ging ich fort und ließ ihn stehen. Zunächst mußte ich unsere Truppe um drei Mann vermindern, welche ich Selim nachsandte. Es stand zu erwarten, daß die Entflohenen sich noch in der Nähe befanden, um sich der für die Flucht so nötigen Kamele zu versichern; darum mußten die Wachen verstärkt werden. Dann erst fand ich Zeit, mit dem Lieutenant zu sprechen. Er war natürlich über das Entkommen des Mokkadem und des Muza'bir ebenso erzürnt wie ich, doch konnten wir weder es ungeschehen machen noch an eine Verfolgung denken. Es war Nacht, und wir brauchten unsere Leute so notwendig, daß wir auch nicht eine einzige Person entbehren konnten.
    Die Nacht verging, ohne daß die Belagerten den Versuch, auszubrechen, wiederholten. Als das Dunkel des Wadi dem anbrechenden Tag zu weichen begann, sahen wir sie bei den Zelten lagern. Man merkte ihnen an, daß sie während der ganzen Nacht eines Angriffes gewärtig gewesen waren.
    Wer jetzt die Situation überblickte, der mußte finden, daß wir uns sehr im Vorteil befanden; sie hatten zwar mehr Deckung als wir, aber keine Flinten. Ich ließ Ben Kasawi holen, um mit ihm zu reden. Sein Gesicht zeigte einen gehässig finstern Ausdruck, und als er den Plan überblickte, verdüsterte es sich noch mehr.
    „Was sagst du dazu?“ fragte ich ihn. „Wer wird wohl unterliegen, wir oder ihr?“
    Er musterte unsere Leute und ihre Bewaffnung und warf dann einen spähenden Blick das Wadi hinauf und hinab.
    „Wen suchen deine Augen? Etwa Ibn Asl? Der kann noch nicht hier sein. Oder den Mokkadem mit dem Gaukler? Die können euch keine Hilfe bringen; sie haben keine Waffen und auch keine Kamele und werden von den Leuten, welche ich ihnen nachsende, schnell eingeholt werden.“
    „Allah! Allah! Wer kann gegen das Kismet!“ murmelte er.
    „Niemand“, antwortete ich. „Und dein Kismet ist der Tod.“
    „Wann soll ich sterben?“
    „In einer Viertelstunde.“
    „Erschießen?“
    „O nein; eine Kugel ist viel zu ehrenvoll für deinesgleichen. Du bekommst einen Strick um den Hals und wirst von einem Kamel zu Tode geschleift.“
    „O Mohammed, o Abu Bekr! Wie darf ein Gläubiger durch einen Strick umgebracht werden!“
    „Klage nicht! Schuft ist Schuft, gleichviel ob er sich einen Moslem, einen Juden oder einen Heiden nennt. Du bekommst das, was dir gebührt.“
    „Ein jeder wandelt den Weg, welcher ihm vorgezeichnet ist, und keiner kann anders, als ihm beschieden ist. Darum trifft keinen Menschen eine Schuld.“
    „Das ist eine sehr billige Beruhigung, und ich glaube nicht, daß sie dir die Schlinge des Strickes erweitern wird. War es aber dein Kismet, die Freuden und Einkünfte

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