27 - Im Lande des Mahdi I
nennen, und ihr seid nur niedrige Polizisten, während ich ein hochbeschützter Effendi bin. Sogar den einfachen Gruß habt ihr uns verweigert. Ich werde euch Höflichkeit lehren lassen, und wenn ich mich direkt an den Khedive wenden soll. Bis ihr ehrerbietiger geworden seid, haben wir nichts mit euch zu schaffen. Verlaßt also diese Wohnung, und kommt erst dann wieder, wenn ihr eingesehen habt, was es zu bedeuten hat, einen Europäer mit Füßen zu treten!“
Ich öffnete die Tür. Sie sahen einander an, ohne meiner Weisung Folge zu leisten.
„Hinaus!“
Dieses Wort rief ich ihnen in einer Weise zu, daß Murad Nassyr erschrocken von seinem Sitz auffuhr. Die Polizisten erschraken nicht weniger, sie schoben sich zur Tür hinaus, welche ich hinter ihnen zumachte.
„Um Allahs willen, was ist Ihnen eingefallen!“ meinte der Türke. „Es wird Ihnen schlecht ergehen!“
„Mein Verhalten wird im Gegenteil die besten Folgen haben“, antwortete ich ihm.
„Irren Sie nicht! So etwas darf nicht einmal ich wagen, der ich doch ein Untertan des Großherrn bin!“
„Da haben Sie sehr recht. Aber was kein Untertan des Großherrn wagen darf, das kann ein Franke sich erlauben, für den nicht eure Gesetze, sondern diejenigen seines Landes gelten. Wer zu mir kommt, muß grüßen, sonst jage ich ihn hinaus, und wer mich mit dem Fuß stößt, dem schlage ich eigentlich die Hand ins Gesicht, was ich aber aus Rücksicht für sie unterlassen habe. Setzen wir uns ruhig nieder!“
„Ruhig!“ lamentierte er. „Ich meine, daß es bald sehr unruhig bei uns werden wird. Sie sind zu kühn gewesen und werden es zu bereuen haben!“
„Schwerlich! Es ist nicht zum ersten Mal, daß ich solchen Leuten Höflichkeit empfehle. Ich kenne sie. Je mehr man sich von ihnen gefallen läßt, desto protziger werden sie, während sie, wenn sie den richtigen Mann finden, den Mut verlieren. Ich bin überzeugt, daß –“
Ich wurde unterbrochen, um zu erfahren, daß ich die Sabtiehs ganz richtig beurteilt hatte, denn es geschah gerade das, was ich hatte sagen wollen. Die Tür wurde langsam geöffnet; die Polizisten kamen wieder herein, verneigten sich und grüßten mit einem Sallam. Meine Drohung, nötigenfalls mich sogar an den Khedive zu wenden, hatte die erwartete Wirkung hervorgebracht, übrigens hatte ich diesen Erfolg mehr meinem Glück als meinem Scharfsinn zu verdanken, wie sich bald herausstellen sollte.
„Sallam!“ antwortete ich, und Murad Nassyr erwiderte den Gruß mit demselben Wort.
„Effendi“, begann derjenige, welcher bisher den Sprecher gemacht hatte, „wir sind beauftragt, uns zu erkundigen, wo sich die beiden jungen Neger befinden, welche du aus dem Bierhaus mitgenommen hast.“
„Wie ihr seht, befinden sie sich hier bei mir.“
„Das sind sie also?“ fragte er, indem er auf Djangeh und ihren Bruder deutete.
„Ja, sie sind es.“
„So werden wir sie mit uns nehmen, zu ihrem Herrn, Abd el Barak, dem berühmten Vorsteher der Verbrüderung des heiligen Abd el Kader el Djelani.“
„Und der hat euch geboten, sie ihm zu bringen? Ist er euer Vorgesetzter?“
„Nein.“
„So habt ihr keine Befehle von ihm zu empfangen.“
„Wir warnen dich, Effendi! Du bist fremd und kennst die Gesetze dieses Landes nicht.“
„Ich scheine sie besser zu kennen als ihr.“
„Du hast dich an Abd el Barak vergriffen!“
„Gerade so, wie du dich an mir, nur mit dem Unterschied, daß du mich mit dem Fuß tratest, obgleich ich dir nichts getan hatte, während ich den Vorsteher niederschlug, weil er mich trotz meiner Warnung wiederholt beleidigte.“
„Aber welches Recht hast du an diesen beiden Negerkindern?“
„Dasselbe Recht, welches Abd el Barak an ihnen hat: Ich habe sie engagiert, um mir zu dienen.“
„Sie sind aber doch seine Diener!“
„Nein, nicht mehr, da sie entschlossen sind, von jetzt an bei mir zu bleiben.“
„Das ist nicht möglich, weil er sie nicht entlassen hat. Es bedarf dazu einer Aufsagefrist.“
„Ah, so klug fängt er es an! Es kann ihm das aber keinen Nutzen bringen. Haben diese Kinder sich ihm vermietet?“
„Wir wissen es nicht.“
„Oder sind sie ihm von ihrem Vater übergeben worden?“
„Auch das können wir nicht sagen.“
„So mag er beweisen, daß er ein Recht besitzt, sie von mir zurückzuverlangen. Als Dienstherr muß er beweisen können, daß er sie gemietet hat. Vielleicht besitzt er einen Kontrakt, oder hat er Zeugen, welche ihm den Beweis ermöglichen?“
„Dessen
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