27 - Im Lande des Mahdi I
bedarf es nicht; sie haben bei ihm gewohnt und ihm gedient; darum gehören sie ihm.“
„Und jetzt wohnen und dienen sie bei mir; darum gehören sie zu mir.“
„Wir haben aber den Befehl, sie nötigenfalls mit Gewalt von hier zu ihrem Herrn fortzuschaffen!“
„Habt ihr diesen Befehl von eurem Vorsteher erhalten?“
„Nein. Wir handeln im Auftrag Abd el Baraks.“
„Es ist keine Anzeige über mich gemacht worden?“
„Noch nicht; Abd el Barak will sie aber unbedingt erheben, falls du ihm die Kinder nicht auslieferst!“
„Schön! Warten wir also, bis er das tut. Dann mag der Richter entscheiden, wem die Kinder gehören. Woher wißt ihr denn, daß ich mich hier befinde?“
„Ich sah dich mit den Kindern in diese Gasse einbiegen und in dieses Haus treten. Du führtest sie an den Händen, was hier so auffällig ist, daß es meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Dann kam ich an dem Bierhaus vorüber, gerade als Abd el Barak aus demselben trat. Er nahm mich mit zu sich, um mir den Auftrag zu erteilen, zu dessen Ausführung ich noch einen Kameraden mitgenommen habe.“
„Jetzt ist mir alles klar, und nun will ich dir eine sehr wichtige Frage vorlegen. Kennst du die Gesetze dieses Landes?“
„Natürlich kenne ich sie.“
„Ist die Sklaverei erlaubt?“
„Nein.“
„Weißt du, aus welcher Gegend diese Kinder stammen?“
„Abd el Barak teilte mir mit, daß sie Abkömmlinge der Dongiol seien.“
„Das ist richtig. Aber sie sind nicht etwa hier in Ägypten, sondern in der Heimat dieses Stammes geboren. Sie wurden vor ungefähr zwei Jahren, als die Sklavenjagd längst verboten war, geraubt, und Abd el Barak hat sie gekauft. Sie sind nicht seine Diener, sondern er hat sie zu Sklaven gemacht und an andere Leute vermietet. Den Lohn steckte er in seine Tasche; sie aber bekamen statt des Essens Schläge, wenn sie nicht genug Geld zu ihm brachten. So steht die Sache. Will Abd el Barak die Kinder haben, gut, so mag er einen Prozeß mit mir beginnen und sich an die Behörde wenden. Ich werde beweisen, daß er sie gekauft hat, und ihn bestrafen lassen. Es wird kein besonderer Ruhm für den Vorsteher einer so frommen Verbrüderung sein, wenn ihm nachgewiesen wird, daß er Sklaven hält und sie des Nachts krummschließt, wenn sie ihm nicht genug verdienen. Ihr aber seid Wächter des Gesetzes und solltet euch hüten, eure Hände dadurch zu besudeln, daß ihr sie einem Sklavenhalter zur Verfügung stellt. Ich will vergessen, wie grob ihr gegen mich gewesen seid, will auch annehmen, daß ihr euch nicht länger mit dieser Angelegenheit entehren werdet. Darum lasse ich meine frühere Absicht, mich über euch zu beschweren, fallen und will euch sogar einen Bakschisch geben, damit eure Mühe nicht ganz umsonst gewesen ist.“
Ich holte einige Silberstücke hervor, welche sie sofort in ihren Taschen verschwinden ließen, wobei der eine meinte:
„Herr, du hast Worte des Verstandes und der Weisheit gesprochen, und ich werde Abd el Barak mitteilen, daß es klug von ihm gehandelt sein wird, wenn er es aufgibt, dir die Kinder wieder zu nehmen. Allah gebe dir fröhliche Tage und ein langes Leben!“
Er kreuzte die Arme über die Brust und verbeugte sich höflich; sein Gefährte folgte diesem Beispiel, und dann verschwanden sie.
Mein dicker Türke hatte vor Erstaunen über diese Wendung der Angelegenheit seine Pfeife ausgehen lassen. Er blickte mich mit großen Augen an, schüttelte sehr nachdrücklich den Kopf und meinte:
„Ist das möglich? Sie scheinen trotz Ihrer Grobheit gewonnen zu haben, Effendi!“
„Nicht trotz, sondern wegen meiner Grobheit. Man muß diese Leute zu behandeln wissen. Der Bakschisch hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Ich sage Ihnen, die hiesigen Beamten haben vor einem Konsul viel mehr Angst als vor dem Großsultan. Unsere Herrscher verstehen ihre Untertanen zu schützen, während der Wille des Padischah hier fast gar keine Geltung hat.“
„Aber ob die Sache wirklich zu Ende ist, das fragt sich noch!“
„Nein, sie ist noch nicht zu Ende. Abd el Barak wird es nicht wagen, sich vor Gericht über mich zu beschweren; aber dafür wird er heimlich Rache nehmen. Ich muß von jetzt an sehr vorsichtig sein.“
„So weiß ich nicht, ob ich Ihnen hier in dieser Wohnung Schutz bieten kann!“
„Sie vermögen es nicht. Ich muß mir einen anderen Ort suchen.“
„Aber wo? Im Hotel oder vielleicht bei Ihrem Konsul?“
„Im Hotel bin ich nicht sicher, und den Konsul will ich nicht
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