27 - Im Lande des Mahdi I
Unglück in der Nähe! Zwei Polizeisoldaten suchen dich.“
„Mich? Suchen sie mich denn hier?“
„Ja, sie langten zu gleicher Zeit mit mir draußen vor dem Haus an.“
„Wie könnte die Polizei mich kennen! Haben sie dir einen Namen genannt?“
„Nein, sie fragten nach dem Mann, welcher mit zwei schwarzen Kindern hier eingetreten ist.“
„Damit bin freilich ich gemeint. Hast du ihnen gesagt, daß ich hier bin?“
„Ja.“
„Dummkopf!“ schrie ihn sein Herr an. „Das solltest du nicht sagen. Das ist im höchsten Grad albern von dir!“
Selim bog den Rücken, daß er mit den Beinen einen rechten Winkel bildete, und antwortete im Ton der Zerknirschung:
„Richtig, sehr richtig!“
„Zanken Sie nicht!“ beschwichtigte ich den Türken. „Man hat mich jedenfalls gesehen; die Polizisten wissen, daß ich hier bin, und das Leugnen hätte also nur die Folge, daß die Angelegenheit sich für mich verschlimmerte. Die beiden Beamten wollen also wohl mit mir sprechen?“
„Ja, sogleich!“ antwortete der Haushofmeister.
„So bring sie herein!“
Selim ging, und Murad Nassyr meinte in ängstlichem Ton:
„Ich entferne mich! Man muß denken, daß ich von dieser Sache nichts weiß, daß ich mit derselben gar nichts zu schaffen habe.“
„Nein; es ist besser, sie bleiben hier.“
„Warum?“
„Damit sie hören, wie ich mich und Sie aus der Schlinge ziehe. Man soll weder mir noch Ihnen nachsagen, daß wir uns vor der Polizei fürchten. Ich habe ganz nach Recht und Gesetz gehandelt, und Sie dürfen mich nicht verleugnen, sondern Sie müssen durch Ihre Anwesenheit erklären, daß Sie mit mir einverstanden sind.“
„Meinen Sie? Nun gut; es ist möglich, daß Sie recht haben, und ich will also bleiben. Aber die Kinder wollen wir verbergen.“
„Wozu? Ich habe doch nicht die Absicht, zu verheimlichen, daß sie sich hier befinden, also kann ich sie auch sehen lassen. Setzen Sie sich ruhig zu mir nieder! Ich bin neugierig, zu erfahren, in welcher Weise diese Polizisten die Angelegenheit zum Vortrag bringen.“
Im Laufe des Gesprächs waren uns die Pfeifen ausgegangen. Da der Neger nicht sofort bei der Hand war, steckten wir sie uns selbst wieder an und sahen nun in möglichst würdevoller Haltung dem Eintritt der Beamten entgegen. War ich der Ansicht gewesen, daß sie nicht sehr vertrauenerweckend aussehen würden, so hatte ich mich nicht geirrt. Es waren Arnauten, bis an die Zähne bewaffnet. Es fiel ihnen gar nicht ein, ein Wort des Grußes zu sagen oder gar sich zu einer Verbeugung zu erniedrigen, sie ließen ihre Blicke durch das Zimmer schweifen, und dann fragte der eine, indem er den Schnurrbart zwirbelte und einige Schritte auf mich zutrat:
„Sind das die Neger?“
Natürlich antwortete ich nicht; ich tat ganz so, als ob ich ihn gar nicht gesehen und gehört hätte.
„Ob das die Neger sind!“ fuhr er mich an, indem er auf die Kinder deutete.
Ich verharrte auch jetzt noch in meinem Schweigen; da trat er nah zu mir her, stieß mich mit dem Fuß an und fragte in zornigem Ton:
„Bist du taub und blind, daß du weder siehst noch hörst, wer sich bei dir befindet?“
Da fuhr ich empor und gebot ihm:
„Zurück, Unverschämter! Wie darfst du es wagen, einen fremden Effendi mit deinem schmutzigen Fuß zu berühren?“
Mein Gesicht war jedenfalls kein allzu freundliches, denn der Mann wich schnell bis zu seinem noch an der Tür stehenden Kollegen zurück, hielt es aber der Würde seines Amtes für angemessen, mich zu warnen:
„Hüte deine Zunge! Du hast mich unverschämt genannt! Weißt du, was ich bin?“
„Ein Sabtieh, das heißt, ein niedriger Beamter der Polizei, mit dem ich als Fremder nichts zu tun habe. Wünscht man von mir etwas, so mag man sich an meinen Konsul wenden, der mir einen seiner Khawassen senden wird!“
„Das wird man tun. Vorher aber müssen wir die Sache untersuchen.“
„Dagegen habe ich nichts, wenn es in der richtigen Weise geschieht. Ihr seid hier eingetreten, wie man in einen Stall tritt. Wißt ihr nicht, was ein Gruß ist?“
„So meinst du, daß wir einen Verbrecher auch noch höflich grüßen müssen?“ fragte er höhnisch.
„Verbrecher! Wen meinst du mit diesem Wort? Etwa einen von uns beiden?“
„Dich!“
„Mich? Bin ich eines Vergehens oder gar Verbrechens überwiesen? Ich werde mich durch meinen Konsul bei euerm Vorsteher über euch beschweren. Kein Kadi, kein Richter darf, bevor das Urteil gefällt ist, einen Menschen einen Verbrecher
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