2723 - Nur 62 Stunden
an ihrem Versagen?
Nein. Gucky hatte sich nichts vorzuwerfen.
»Bostich hat nur noch etwas mehr als zehn Stunden«, sagte Caraner. »Sind TLD, USO und Gucky am Ende ihrer Weisheit angelangt?«
»Ist das alles, was du kannst?«, fuhr er den Arkoniden an. »Spotten und dich lustig machen? Wie wäre es, wenn du etwas Produktives zu unserer Suche beitrügest?«
Schon in den nächsten Sekunden bedauerte er seine Worte. Caraner hatte größtes Interesse daran, Bostich heil und lebend wiederzufinden. Gucky murmelte eine Entschuldigung, der Arkonide tat sie mit einer müden Handbewegung ab.
»Wir sind alle übermüdet«, sagte der Celista. »Wir brauchen eine Pause.«
Sie beide wussten, dass es keine Ruhe gab. Nicht, bevor der Imperator gefunden worden war – oder die 62-Stunden-Frist abgelaufen war.
»Auf arkonidischem Boden wären wir ein derartiges Problem ganz anders angegangen«, sagte Caraner nach einer Weile. »Wir hätten jedes Haus der Stadt vom Keller bis zum Dach untersucht. Wir hätten Tausende, Zehntausende Soldaten und Kampfroboter eingesetzt, hätten sogar den Tod Unschuldiger in Kauf genommen.«
Er schüttelte den Kopf, bevor Gucky einen Einwurf vorbringen konnte. »Ich lebe nun lange genug auf Terra, um zu verstehen, dass ein derartiges Vorgehen hier nicht durchzusetzen ist. Ich sympathisiere durchaus mit eurer humanistischen Auslegung vom Recht auf persönliche Freiheit, auf Gleichstellung und auf Selbstverwirklichung. Aber ich befürchte, dass sich die Tefroder gerade das zunutze machen. Sie kennen die Terraner. Sie wissen, wie sie sich verhalten müssen.«
»Weiter!«
»Man sollte den beiden Flüchtigen klarmachen, dass die alten Regeln nicht mehr gelten. Dass ab sofort mit scharfer Munition geschossen wird. Lass Berichte über die Festnahme der Tefroderfrau veröffentlichen. Zeig im Trivid, in welchem Zustand sie sich befindet. Lass Soldaten aufmarschieren, lass TARAS über der Stadt im Flug patrouillieren. Man sollte alles unternehmen, was mit Ethik und Moral der Terraner vertretbar ist.«
»Wir haben diese Grenze längst erreicht – und womöglich überschritten. Wir haben im Hotel Ottoman das Leben Unschuldiger riskiert, wir versetzen die Stadt in Aufruhr und Panik. Es tut mir leid, Caraner. Es geht keinen Schritt weiter.«
»Diese Antwort wird meinen Mitarbeitern und allen Freunden Arkons nicht gefallen.«
»Willst du mir etwa drohen?«
»Nein. Ich mache dich lediglich auf mögliche Konsequenzen aufmerksam.«
Gucky betrachtete den Arkoniden von oben bis unten. Er vermochte nicht zu sagen, ob Caraner bluffte.
Der Mausbiber kramte einen Rübenriegel aus der Beintasche, biss hinein und zwang sich, das widerliche Ding aufzuessen. Er würde während der nächsten Stunden jedes Quantum Energie benötigen. »Wir sollten uns wieder auf die Suche machen.«
Er gab dem SERUN das Kommando, ihn zurück zur europäischen Seite der Stadt Istanbul zu bringen, und bedeutete Caraner, ihm zu folgen. Sie rasten hinein in die Dunkelheit. Laue Luft umgab sie, einige Möwen krächzten laut ihren Protest gegen die nächtliche Störung hinaus.
Insel und Gräber blieben zurück, Relikte und Symbole einer längst vergangenen Zeit.
10.
Sichu Dorksteiger:
Noch 19 Stunden
Sie musste all das Chaos rings um die Suche nach Imperator Bostich aus ihrem Gedächtnis bannen. Die Hektik, die allerorts herrschte. Die Nervosität, der sie auf Schritt und Tritt begegnete. Die Quasibelagerung, unter der Istanbul stand und die die ohnedies aufgeheizte Stimmung in Teilen der terranischen Bevölkerung noch weiter anfachte.
Das alles ging sie nichts an. Sie war Wissenschaftlerin; sie hatte mit der Politik nichts zu schaffen.
Ach, wem wollte sie etwas vormachen? Sie stand mitten im Geschehen. Was sie tat, mochte den Fortbestand des Galaktikums beeinflussen.
Sichu nickte den Versammelten zu, einem nach dem anderen.
»Was wir vorhaben«, sagte sie, »wäre mithilfe von Toufec und seinem Nanogenten-Geschöpf Pazuzu wahrscheinlich eine Kleinigkeit. Doch wir verstehen nicht, was dieses seltsame Wesen ausmacht, wir verfügen nicht über derlei Technologie.«
Sichu deutete auf Bostichs Zellaktivator. Er schwebte zwischen ihnen in der Luft, von Prallfeldern gehalten. Ringsum befanden sich Lupenfelder, die den Gegenstand nach Belieben vergrößern und verkleinern konnten. Ihre Leute machten von dieser Möglichkeit reichlich Gebrauch. Sie alle waren begierig darauf, einmal einen Zellaktivator aus allernächster Nähe zu
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