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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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rechten Weise auf uns wirken lassen, uns zum Heil und Segen wird. Sprich also nicht vom Verdienen! Es war eine Prüfung von Allah gesandt, vielleicht um dein Herz zu läutern, deinen Sinn nach innen und nach oben zu lenken.“
    Er antwortete nicht; es entstand eine längere Pause. Dann ergriff er meine Hand und sagte, indem er sie mir herzlich drückte:
    „Effendi, du hast mit deinen Worten das Richtige getroffen. Ich habe im Elend mit Allah gehadert; ich habe mein Leben verflucht und die Menschheit verwünscht. Zuweilen kamen bessere, lichtere Gedanken, doch verschloß ich ihnen die Tür meines Herzens. Jetzt aber, wo ich wieder in das Leben trete und mein Inneres vor Wonne bebt, wo du von Läuterung redest und von dem Gerichtetsein des Sinnes nach innen und oben, da überkommt mich wie ein heller Blitzstrahl die leuchtende Erkenntnis, daß du recht hast. Wer und wie ich früher gewesen bin, davon werde ich dir später erzählen. Heute stehe ich plötzlich, ohne daß ich selbst eine Vorahnung davon hatte, als ein Neuer auf. Ja, ich habe nicht umsonst gelitten. Allah sei gelobt dafür!“
    „Es freut mich aufrichtig, solche Worte aus deinem Mund zu hören. Du hast Monate und Jahre deines Lebens verloren, dafür aber innere Schätze gefunden, deren Wert nicht wie die Zeit vergänglich ist. Und was dir an Hab und Gut genommen wurde, das, hoffe ich, werde ich dir später zurückgeben können.“
    „Du?“ fragte er verwundert. „Bist du so reich Effendi?“
    „O nein; ich bin sogar arm. Aber ich weiß, daß Ibn Asl sehr viel Geld bei sich führt. Erwische ich ihn, ehe er es ausgegeben hat, so muß er dir und deinem Bruder alle eure Verluste ersetzen.“
    „Dazu bedarf es Ibn Asls nicht. Er ist mir nicht so sicher wie Barjad el Amin.“
    „So hat auch dieser von dem Verbrechen profitiert?“
    „Natürlich! Barjad war arm, aber brav. Mein Bruder wußte dies und gab ihm das Geld, welches zur Errichtung eines Geschäfts in Karthum gehörte. Später lieh er ihm eine noch höhere Summe, um sein Geschäft zu vergrößern. Dann, als die Zeit kam, in welcher diese Beträge zurückzuzahlen waren, reiste ich nach Karthum, um sie in Empfang zu nehmen. Ich kam zu Barjad el Amin. Er war ein anderer geworden. Er hatte einen Gehilfen, welcher Ibn Asl hieß, in sein Geschäft genommen und war von diesem auf die hohe Erträglichkeit des Sklavenfangs aufmerksam gemacht worden. Es gelüstete ihn nach den Reichtümern, welche auf diesem Wege zu erlangen sind; die Habgier hatte in seinem Herzen Einzug gehalten. Aber zum Sklavenfang gehört, wenn er kaufmännisch betrieben werden soll, Geld, sehr viel Geld. Wenn er soviel an mich zu zahlen hatte, blieb ihm nicht genug. Da raunte ihm der Teufel zu: Gib es ihm nicht, oder noch besser, gib es ihm, verlange Quittung, und nimm es ihm dann wieder! Er gehorchte dieser Teufelsstimme. Ich hatte keine Ahnung davon. Ich wurde freundlich empfangen, bekam das Geld und quittierte. Ich wohnte dann noch einige Tage bei ihm. Am Tag vor meiner Abreise verabschiedete ich mich von den anderen Bekannten in Karthum, denn die Dahabiëh, mit welcher ich nilabwärts zu fahren beabsichtigte, sollte schon beim Morgengrauen ihre Fahrt beginnen. Ich legte mich zeitig schlafen und erwachte von einen Schlag, den ich auf den Kopf erhielt; ich sage, erwachte, um aber die Besinnung sogleich wieder zu verlieren. Als ich dann wieder zu mir kam, fühlte ich schaukelnde Bewegungen unter mir. Lag ich in einem Schiff? Nein, denn in dieser Weise schaukelt höchstens ein kleiner Kahn, aber kein Schiff. Ich öffnete die Augen; es war dunkel. Ich wollte aufstehen, mich bewegen; ich war gebunden. Da rief ich laut um Hilfe, aber nur, um eine drohende Stimme unfern von mir sagen zu hören, daß man mich peitschen werde, falls ich nicht vollständig ruhig sei.“
    „Du befandest dich wohl auf einem Kamel?“
    „Ja. Es war Nacht, aber ich sah keine Sterne, denn ich lag, wie ich beim Anbruch des Morgens sah, in einem Tachterwahn, einer Frauensänfte, welche von einem Kamel getragen und mit dicken Decken verhangen war. Denke dir, man hatte mir, wie ich später bemerkte, Frauenkleider angezogen und sogar einen mehrfachen Schleier über das Gesicht befestigt. Ich sollte bei einer etwaigen Begegnung als Weib gelten. Du weißt ja, daß sich niemand um die Insassin eines Tachterwahn kümmern darf. Am Vormittag wurde haltgemacht. Das Kamel kniete nieder, und man nahm mich aus der Sänfte. Wir befanden uns in der Steppe. Fünf Reiter waren

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