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28 - Im Lande des Mahdi II

28 - Im Lande des Mahdi II

Titel: 28 - Im Lande des Mahdi II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eine Stimme erschrocken rufen:
    „Erwacht, ihr Schläfer, erwacht; es ist ein Unglück geschehen!“
    Einige Augenblicke der Stille traten ein; dann folgte ein Gewirr von vielen Stimmen; man lief fort, nach allen Richtungen; man kehrte zurück; man rief, schrie, fluchte, fragte und antwortete. Es war schwer, das was einzelne sagten, deutlich zu unterscheiden; ich konnte nur soviel entnehmen, daß man die Flucht Hafid Sichars, das Fehlen des Baqquara und das Nichtvorhandensein der drei Kamele bemerkt hatte. Jeder schien eine andere Meinung darüber zu haben und gerade diese zur Geltung bringen zu wollen. Der Lärm, welcher dadurch entstand, konnte mit nichts besser als mit einer Spatzenkirmes verglichen werden, welcher nur dadurch ein Ende gemacht wurde, daß der Hauptspatz, nämlich Schedid, in donnerndem Ton rief:
    „Still, ruhig, ihr Schwätzer! Redet keine Dummheiten, sondern laßt uns diesen sonderbaren Fall mit Scharfsinn und Ruhe untersuchen.“
    Nun, ich war neugierig, zu welchem Resultat es der Scharfsinn dieser Leute bringen werde. Der Baqquara war fort; man rief nach ihm, aber er kam nicht. Hafid Sichar war fort; man rief nach ihm, aber er kam nicht. Die drei Kamele waren fort; man suchte nach ihnen, aber man fand sie nicht. Da diese beiden Menschen und diese drei Tiere zu gleicher Zeit als abwesend entdeckt worden waren, so war man der Ansicht, daß sie auch zu gleicher Zeit miteinander fortgegangen seien. Da aber Kamele Menschen nicht zu entführen pflegen, sondern gewöhnlich der umgekehrte Fall stattfindet, so nahm man auch hier an, daß die Kamele von den beiden fehlenden Männern fortgeschafft worden seien. Der eine von diesen zweien war frei, der andere gefangen, gebunden gewesen. Dieser letztere hatte ohne die Hilfe des ersteren nicht fortgekonnt, folglich, mußte der Baqquara Hafid Sichar losgebunden haben, um ihn zu befreien und mit Hilfe der Kamele fortzubringen.
    „Dieser Verräter, dieser Hund!“ schrie Schedid zornig. „Darum bot er sich selbst und freiwillig an, Wache zu halten!“
    „Er ist vielleicht gleich in der Absicht, Hafid Sichar zu befreien, hierher gekommen“, meinte ein anderer.
    „Natürlich!“ stimmte ein dritter bei. „Was er gesagt hat, war alles Lüge, alles Flunkerei.“
    „Er war ein Schurke“, behauptete ein vierter; „die beiden Senussi aber waren brave Leute.“
    „Sie waren sogar heilige Männer!“ schrie ein fünfter. „Wie haben wir den frommen und gelehrten Mudir beleidigt, und zwar um eines solchen Schuftes willen! Er wird die Strafe Allahs auf uns herniederrufen.“
    „Das hat er schon getan“, ließ sich eine sechste Stimme hören, „und eben darum hat Allah uns diesen schweren Verlust gesandt. Hätten wir diesen heiligen Männern geglaubt, wo wäre das Unglück nicht geschehen.“
    „Mir fehlt mein Schlauch!“ schrie plötzlich einer.
    „Seht nach, ob noch andere Sachen fehlen!“ gebot Schedid.
    „Mein Schlauch fehlt auch!“ rief ein anderer.
    „Auch meiner, und mein Kamel dazu!“
    „Mein Kamel ist auch fort, und das deinige ebenso, o Schedid!“ brüllte es zornig von weiter hin.
    „Was?“ fragte der Anführer. „Mein Kamel soll fehlen, mein teures Abu Havas-Hedschihn?“
    „Ja. Da haben wir die Tiere zusammengetrieben. Sieh her! Du kannst sehen, daß du gerade die drei besten Kamele nicht siehst.“
    „O Allah, o Hölle, o Teufel! Das Verderben über diesen verfluchten Baqquara! Seine Spur müssen wir zu entdecken suchen.“
    „Ja, lauft, sucht, ihr Männer!“ befahl Schedid. „Sucht nach allen Seiten, diesseits und jenseits der Furt! Nur drei oder vier mögen da bleiben, um die Sklaven zu bewachen!“
    Man gehorchte diesem Befehl, und darum wurde es für einige Zeit still.
    „Effendi“, kicherte Ben Nil mir zu, „wenn wir das gewußt hätten, so hätten wir alle Gefangenen und alle Kamele entführen können. Wir sind viel, viel zu vorsichtig gewesen.“
    „Ja, wir hätten alles fortschaffen können. Aber warum uns schleppen, da Schedid es uns gewiß nach Faschodah bringen wird! Es ist uns alles über Erwarten geglückt. Nun bin ich neugierig, ob sie, wenn sie mit Suchen fertig sind, ihre irrige Ansicht ändern werden.“
    „O nein, denn diese Leute scheinen mit Blindheit geschlagen zu sein.“
    Er hatte recht. Die nach allen Richtungen ausgesandten Männer kehrten zurück, und das Resultat war, daß keiner etwas gefunden hatte. Nördlich vom Wasser, welche Richtung der Baqquara, falls er wirklich an der Mischrah Omm

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