28 - Im Lande des Mahdi II
erfahren, denn –“
„Oh, Effendi“, unterbrach er mich, „ich kenne dich schon; ich habe genug über dich gehört von dem Baqquara, als vorhin Schedid von dir erzählte. Ich lag in der Nähe und hörte alles. Ich hatte keine Ahnung davon, daß du meinen Bruder kennst, aber es war mir, als ob Allah mir eine Stimme sende, welche mir heimlich zuflüsterte: Dieser Effendi hat schon so viele andere befreit; wenn er und der Mann, welcher dort sitzt, einer und derselbe ist, so ist er wohl gekommen, um auch dich zu retten. Darum war ich so unbedacht, meinen Namen zu nennen und dazu Worte der Hoffnung auszusprechen. Hätte Schedid sie gehört, so wäre es mir schlimm ergangen.“
„Es war sehr gut, daß du deinen Namen nanntest, denn nur dadurch wurde meine Aufmerksamkeit auf dich gelenkt, und du bist schon jetzt frei. Übrigens wärest du später in Faschodah auch in den Besitz der Freiheit gelangt, denn ich hatte mir vorgenommen, dort den Mudir auf euch aufmerksam zu machen. Du kennst mich aus der Erzählung dieses Baqquara einigermaßen, und ich habe nur weniges hinzuzufügen. Ich kam nach Maabdah, um die dortige berühmte Krokodilhöhle zu sehen. Dein Bruder führte mich in derselben herum und schenkte mir dann die Hand einer weiblichen Mumie –“
„Die Hand einer weiblichen Mumie?“ fiel er rasch ein. „Beschreibe sie mir!“
Als ich dieser Aufforderung nachgekommen war, rief er aus:
„Effendi, da mußt du ihm einen großen Dienst erwiesen haben!“
„Gar nicht!“
„Nicht? Nun, so hast du einen so guten Eindruck wie noch kein anderer auf ihn gemacht. Es ist die Hand einer Pharaonentochter, einer altägyptischen Prinzessin. Ich weiß, welchen Wert mein Bruder auf dieselbe legte, und freue mich außerordentlich darüber, daß es dir so schnell gelungen ist, sein Wohlwollen zu erwerben.“
„Dieses Wohlwollen ist ein gegenseitiges, wie ich dir versichern kann. Ich habe die Hand noch bei mir und kann sie dir zeigen, sobald es hell geworden ist. Sie befindet sich in meiner Satteltasche. Als dein Bruder hörte, daß ich nach Karthum wollte, erzählte er von deinem Verschwinden, welches er sich nicht zu erklären vermochte, und bat mich, nach dir zu forschen.“
„Hatte er dies denn nicht auch schon vorher getan?“
„Natürlich hat er sich alle Mühe gegeben, dich zu finden, leider aber vergeblich. Wie mir schien, hat er dabei einen großen Fehler begangen, indem er dem Kaufmann Barjad el Amin, eurem Geschäftsfreund, zu viel Vertrauen geschenkt hat. Dieser durfte gar nicht wissen, daß man nach dir suchte. Ich habe ihn sehr stark im Verdacht, daß er mit deinem plötzlichen Verschwinden in Verbindung steht.“
„Natürlich, ganz natürlich!“ rief Hafid Sichar aus. „Er ist es ja, welcher mich an Ibn Asl ausgeliefert hat!“
„Ah, dachte es mir! Als dein Bruder mir von ihm erzählte, kam mir einiges nicht recht sauber vor. Barjad führt zwar den Beinamen el Amin, der ehrliche, kam mir aber nicht sehr ehrlich vor. Er wollte dir das viele Geld ausgezahlt haben, behauptete aber, weiter gar nichts von dir und über dich zu wissen. Das erschien mir als eine Unmöglichkeit. Ich nahm diesen Menschen sofort aufs Korn; ich wollte ihn heimlich beobachten, ohne daß er es merkte, ausforschen. Leider aber drängten mich dann meine Reiseerlebnisse so seitwärts, daß ich bis heute noch nicht nach Karthum gekommen bin.“
„Und zwar zu meinem Glück! Wärst du uns heute nicht begegnet, so hätte ich die Freiheit niemals wiedererhalten.“
„Diese Voraussetzung ist vielleicht doch trügerisch. Ibn Asl war in dem Geschäft von Barjad el Amin tätig gewesen. Als ich das hörte, vermutete ich sofort, daß dein Aufenthalt oder Schicksal bei ihm am sichersten zu erfahren sei. Dann kamen weitere Gründe dazu, diesen Menschen zu verfolgen, um seiner habhaft zu werden. Dies mußte uns früher oder später gelingen, und dann hätte er mir unbedingt und unter allen Umständen gestehen müssen, was aus dir geworden war.“
„Dennoch preise ich Allah, daß ich es dir schon jetzt und selbst erzählen kann. Ich hätte nie geglaubt, daß mir ein solches Unglück widerfahren könne, und weiß wirklich nicht, wie ich es verdient habe.“
„Was dieses letztere betrifft, so sind alle Menschen, auch du und ich, Sünder, welche nur von Allahs Gnade und Barmherzigkeit leben. Jedes Ereignis, wenn wir es ein Unheil nennen, haben wir reichlich verdient, und dennoch fügt es Allah, daß dieses Unheil, wenn wir es in der
Weitere Kostenlose Bücher