28 - Im Lande des Mahdi II
rätselhafter. Kehren wir denn nicht im Boot zurück?“
„Ich und Ben Nil, ja, du aber nicht.“
„Warum? Soll auch ich laufen?“
„Ja. Den Grund will ich dir nachher mitteilen. Jetzt aber möchte ich zunächst von dir hören, welchen Gedanken du über diese Ereignisse hegst.“
„Zunächst bin ich ganz und gar Erstaunen. Effendi, du bist wirklich ein Mann.“
„Still davon!“ unterbrach ich ihn. „Was du von mir denkst, das ist jetzt Nebensache.“
„Aber wir alle haben dir unser Leben zu verdanken, und da kannst du doch nicht verlangen, daß –“
„Daß du jetzt wenigstens einstweilen darüber schweigst? Ja, das verlange ich allerdings. Die Zeit ist so kostbar, daß wir uns nur mit dem Notwenigsten beschäftigen dürfen. Natürlich hast du die Absicht und auch die Hoffnung, Ibn Asl diesmal ganz gewiß zu ergreifen?“
„Natürlich! Ich schwöre bei Allah, daß ich ihn heute oder morgen –“
„Schwöre nicht! Der Mensch ist nicht Herr der Ereignisse. Ein kleiner Fehler, ein unbedeutender Zufall kann alles verderben. Auf welche Weise denkst du ihn zu fassen?“
„Auf die allereinfachste: Wir segeln nach dem Maijeh es Saratin und greifen ihn dort an.“
„Er ist gar nicht mehr dort. Ich bin überzeugt, daß er kurz nach unserer Flucht den Maijeh verlassen hat, und zwar aus zwei verschiedenen Gründen. Erstens fühlt er sich dort nicht mehr sicher, weil ich nun dieses Versteck kenne, und zweitens muß er sich beeilen, seinen Vater und seine Untergebenen zu befreien. Er ist hinter uns her nilabwärts gesegelt.“
„So brauchen wir ihm ja nur entgegenzugehen, um –“
„Um ihn nicht zu sehen und zu treffen“, fiel ich ein.
„Wir durchsuchen jeden Winkel des Ufers!“
„Ja, und während wir dies tun, marschiert er mit seinen Leuten schon durch die Steppe und unsern Asakern entgegen!“
„So schnell bringt er das nicht fertig!“
„Warum nicht? Er weiß, daß du ihn suchst und daß ich dir jedenfalls entgegen bin, um dich nach dem Maijeh zu bringen. Er hat die Nacht benutzt, diesen Ort zu verlassen und möglichst weit stromabwärts zu kommen. Dort legt er an irgendeiner ihm bekannten, sonst aber versteckten Stelle an, läßt einige Mann zur Bewachung des Fahrzeuges zurück und marschiert mit den andern unsern Asakern entgegen.“
„Das leuchtet mir freilich ein. Ich muß mit meinen Leuten schnell aufbrechen, um die Karawane zu beschützen. Du begleitest uns natürlich.“
„Ich bleibe nicht, sondernd ich reite der Karawane mit Ben Nil entgegen, während du Ibn Asl einen Hinterhalt legst.“
„Warum wollen wir ihr denn nicht gleich zusammen entgegengehen?“
„Weil wir in diesem Fall Ibn Asl nicht bekommen würden. Er befindet sich mit seinen Leuten oberhalb von uns; wir haben also einen Vorsprung; er kommt hintendrein und findet unsere Spur, wird dadurch aufmerksam gemacht und – bleibt zurück.“
„Aber wenn er seinen Vater retten will, muß er uns doch folgen und uns angreifen!“
„Fällt ihm nicht ein! Seine eigene Sicherheit ist ihm wertvoller als das Leben seines Vaters und als dasjenige aller seiner Leute. Das habe ich erfahren und dir erzählt. Ja, vielleicht ließe er uns durch seine Sklavenjäger angreifen, aber daß er selbst uns nicht in die Hände fallen könne, dafür würde er gewiß Sorge tragen. Oder, was noch viel wahrscheinlicher ist, würde er sich auf irgendeine List verlegen, die uns allen sehr gefährlich werden dürfte, da wir von derselben keine Ahnung haben können.“
„Also sollen nicht wir voranziehen? Soll ich etwa ihn voran lassen? Dann überfällt er unsere Karawane und ich komme zu spät.“
„Für die Karawane wäre in diesem Fall wenig oder nichts zu befürchten, da ich ja bei derselben sein würde. Er könnte sie also nicht, wie er die Absicht hat, überrumpeln. Aber ich beabsichtige etwas ganz anderes. Ich habe schon sehr oft durch List sehr leicht und sehr vollständig erreicht, was mir bei Anwendung aller Gewalt nicht gelungen wäre. Du selbst hast Beispiele davon erlebt. Mit einer solchen List werde ich, wenn du es erlaubst, Ibn Asl zu fassen suchen, und wenn dabei kein Fehler unterläuft, so bin ich des Gelingens vollkommen sicher.“
„Was willst du tun?“
„Ihm ein Fußeisen legen, in welchem er sich fangen wird. Es erleichtert den Sieg ganz bedeutend, wenn man den Kampfplatz genau kennt. Versteht es ein Feldherr, den Feind nach dem Platz zu locken, wo schon alles zum Empfang des Gegners vorbereitet ist, so ist
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