282 - Der Schein trügt
seiner Spezialtruppe vermacht. Er wusste aus vielen Berichten, wie lebenswichtig ein Uhrenabgleich für ein Einsatzkommando war.
Als die Zeiger genau auf vier Uhr sprangen, nickte Daanil und hob kurz die Hand. Dann stieß er die Tür auf und stürmte an der Spitze seines Trupps blitzschnell ins Schleusenhaus dahinter. Gleichzeitig ertönte an der Eingangstür eine Explosion. Diese Tür flog ebenfalls auf, Ben und seine Männer drangen ein.
Im Schleusenhaus saßen drei ebenfalls Schwarzgekleidete, zwei Männer und eine Frau. Sie hatten ihre Gewehre beiseitegelegt und starrten hinüber zu dem riesigen Schiff. Die beiden Männer der regulären Schleusenbesatzung lagen ein Stück neben den Bedienkonsolen gefesselt auf dem Boden.
Die Überraschten fuhren herum. Schrecken zeichnete sich auf ihren Gesichtern ab. Die Frau versuchte nach ihrem Gewehr zu greifen.
»Keine Bewegung!«, brüllte Ben, während die Männer der Gesgeh 9 auseinander fächerten und ihre Pistools auf die Eindringlinge richteten.
Die Frau ließ sofort von ihrem Vorhaben ab und reckte die Hände in die Luft. Einer der beiden Männer wollte dagegen den Helden spielen oder war der Situation einfach nicht gewachsen. Mit einem heiseren »Für die Götter!« sackte er in die Knie und hechtete zur Seite, dorthin, wo sein Gewehr lag.
Er bekam es tatsächlich zu fassen, konnte sich herumwerfen und es auf Daanil richten. In diesem Moment krachten die Pistools. Sieben Kugeln schlugen in den Oberkörper des Mannes, schüttelten ihn regelrecht durch und ließen ihn leblos zusammensacken.
Gleich darauf waren die beiden Überlebenden mit Kabeldraht gefesselt und die Schleusenbesatzung befreit.
»Die Piigs da ham uns überfallen und gezwungen, den Hafenzaun zu senken«, ereiferte sich einer der Schleusenwärter, während der andere vom Anblick des Blutes ohnmächtig geworden war. »Verdammich, ausgerechnet die! Hätt ich nich für möglich gehalten.«
Ben der Schreckliche war immer noch verblüfft. »Ich auch nicht«, erwiderte er und konnte seinen Blick nicht von der Frau lösen, die ihn wütend anfunkelte.
***
Nachdem die Schmuggelaktion über die Bühne gegangen war, stießen Rulfan und Wadeel erst mal mit einem Glas Mecgreger-Uisge aus dem persönlichen Vorrat des Kapitaans an, bevor sich der Albino weiter durch die EIBREX IV führen ließ. Die Hoffnung, dabei mehr über die Stadtherren von Glesgo zu erfahren, hatte er allerdings aufgegeben. Falls Wadeel überhaupt etwas darüber wusste, behielt er es für sich.
Die Männer gingen über das dunkle Vorderschiff, an Raketensilo und Geschützturm vorbei. Rulfan interessierte sich für die Waffen, wollte aber nicht direkt danach fragen und versuchte es sozusagen durch die Hintertür: »Welche Waffen mussten Sie in letzter Zeit einsetzen, Kapitaan?«
Wadeel blieb stehen und klopfte gegen den Turm, aus dem eine Zwillingskanone ragte. »Unsere 27er Maschinenkanonen sind immer mal wieder im Einsatz«, gab er lächelnd Auskunft. »Sie sind gut geeignet, um widerwilligen Herrschern Respekt einzuflößen und ihnen zu zeigen, über welche Macht die HERREN verfügen. Neulich, in der Alanta-See, musste ich eine SEMM-Rakete aus dem Werfer hier direkt hinter uns einsetzen, um eine riesige Seeschlange abzuwehren. Das ist alles. Wir verfügen aber auch über zweiunddreißig Standardraketen, vierzig RAM-Raketen für die Nahbereichsverteidigung und zwei Maschinenkanonen gegen…«
Will Wadeel brach mitten im Satz ab und verdrehte die Augen. Rulfan sah einen Schatten hinter dem zusammensackenden Kapitaan und einen zweiten, der direkt neben ihm auftauchte. »Wudan«, keuchte er und wollte herumfahren.
Ein krachender Hieb auf seinen Hinterkopf ließ ihn taumeln. Rulfan sackte zusammen. Übergangslos wurde es finster um ihn her…
Irgendwann kam Rulfan wieder zu sich, verkrümmt auf den Decksplanken liegend. Langsam manifestierte sich vor seinen Augen eine weiße Fläche mit einem unförmigen schwarzen Etwas davor. Als Rulfan endlich deutlicher sah, keuchte er und wollte hochfahren. Sofort schoss ein scharfer Schmerz durch seinen Schädel. Der Albino ließ sich wieder zurücksinken. Er atmete schwer und verzog das Gesicht.
»Sarah«, flüsterte er und verfluchte den Geschmack in seinem Mund, der wie Ratzenkot schmeckte. »Was… machst du hier? Was ist überhaupt los? Hast du mich… niedergeschlagen?«
»Nein.« Damit war ihre Auskunftsfreudigkeit bereits erschöpft. Sarah Kucholsky tupfte schweigend seinen Schädel
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